Ehrenamtstag der Hospizvereine
Menschen auf dem letzten Weg begleiten
Hennef - Als „Dankeschön“ hatten die Hospizvereine und -dienste im
Rhein-Sieg-Kreis ihre ehrenamtlichen Lebens- und Sterbebegleiter in
die Mensa der Gesamtschule Meiersheide eingeladen. Neben den
Koordinatoren der Hospizdienste kamen 189 Ehrenamtler zu der
Veranstaltung, die mit Musik eingeleitet wurde.
Prof. Radbruch referierte am Vormittag über die Frage „Wie hat sich
die palliative Versorgung in den letzten Jahren verändert? Was ist
gut gelungen, was fehlt noch?“. So lobt er das 2015 in Kraft
getretene Palliativgesetz, weil es Regeln für Behandlung und
Abrechnung beinhaltet. „Sterben in Würde kann nicht eingefordert
werden, nur was man nicht möchte“, sagte er und betonte, dass
früher mit Chemotherapie das Leben nur um Tage verlängert werden
konnte, heute aber um Jahre oder sogar Heilung möglich ist.
Es sei aber immer eine Gewissensfrage, ob Lebensverlängerung mit
allen Leidensstrapazen sinnvoll ist, wenn damit die Lebensqualität
verringert werde. Den zuhörenden Ehrenamtlern gab er zum Schluss
einen Slogan mit auf den Weg: „So gut wie wir können, so gut es
geht und so lang wir können“.
Im Mittelpunkt standen anschließend 17 Workshops, mit Themen wie
„Emotionale Intelligenz“, die Fähigkeit, eine Situation positiv
zu verändern, ambulante Musiktherapie, Rituale, Vorsorge treffen,
Abschied und Verlust, Sterbebegleitung, die Bedeutung von Märchen,
Behindertes Sterben, die nicht heilbare Amyotrophe Lateralsklerose
(ALS) Krankheit mit hoher Pflege- und Hilfebedarf, „Basale
Stimulation“ für Menschen, die über Wort und Gesten nur noch
schwer erreichbar sind und denen mit bewussten Berührungen Sicherheit
gegeben werden kann, Begleitung und Stärkung von Angehörigen,
Tanztherapie, um mit den Gefühlen in Kontakt zu kommen, sowie die
Frage „Was kann die Notfallseelsorge leisten?“, „Kann man Glück
trainieren?“, Scham und Aromapflege.
Wer sich für dieses Amt berufen fühlt, muss eine halbjährige
Schulung von 80 Stunden absolvieren und wird dann, entsprechend seinen
besonderen eigenen Fähigkeiten, von den Koordinatoren eingesetzt. Wer
also beispielsweise religiös ist, begleitet dann einen religiösen
Kranken.
Mehr als 120.000 Menschen engagieren sich ehren- und hauptamtlich in
der Hospizarbeit, sie unterstützen die Arbeit für schwerstkranke und
sterbende Menschen. Diese sollen während ihrer letzten Lebensphase
nicht auf die Geborgenheit und die Wärme einer vertrauensvollen
Begleitung verzichten müssen. Wenn es ihr Wunsch ist, sollen sie
soweit wie möglich in ihrem gewohnten häuslichen Umfeld betreut und
versorgt werden.
Hierbei müssen die Fortschritte der Schmerztherapie und die
Möglichkeiten der Linderung schwerer körperlicher Symptome allen
schwerstkranken und sterbenden Menschen gleichermaßen zugutekommen.
Die „Grande Dame“ der Hospizbewegung ist Dr. Cicely Sounders, sie
eröffnete 1967 in London das erste stationäre Hospiz „St.
Christopher’s Hospice“. In den 1980er Jahren gründete man auch in
Deutschland die ersten hospizlichen und palliativen Einrichtungen,
motiviert wegen der häufig unwürdigen Situation mit sterbenden
Menschen in Krankenhäusern. In Aachen richtete man 1986 das erste
Hospiz in Deutschland ein und im gleichen Jahr in Recklinghausen den
„Prototyp“ der heutigen stationären Hospize mit neun Betten.
Im Rhein-Sieg Kreis eröffnete 1990 der „Freundeskreis
Elisabeth-Hospiz“, als Modellprojekt des damaligen
Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung, das Elisabeth Hospiz
in Lohmar-Deesem, mit 16 Plätzen in Einzelzimmern. Im Hospizforum
Bonn/Rhein-Sieg eingebunden und damit integraler Bestandteil eines
Netzwerkes sind drei stationäre und 14 ambulante Hospizdienste, sowie
drei Palliativstationen. Der notwendige Eigenanteil für den Betrieb
der Einrichtungen und Dienste erfolgt durch das Sammeln von Spenden.
In Deutschland gibt es heute rund 1.500 ambulante Hospizdienste, rund
240 stationäre Hospize, einschließlich der 17 stationären Hospize
für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, mehr als 300
Palliativstationen in Krankenhäusern, drei davon für Kinder- und
Jugendliche.
220 stationäre Erwachsenen-Hospize haben im Durchschnitt je zehn
Betten, also insgesamt 2.200 Hospizbetten, in denen pro Jahr ungefähr
30.000 Menschen versorgt werden. Für die ständige Betreuung, der
„Gäste“ - so nennt man die Patienten im Hospiz - rechnet man je
acht Betten 1,5 ständige Pfegekräfte, was bei drei Schichten sechs
Pfegekräfte bedeutet. Es gibt 326 Teams der Spezialisierten
ambulanten Palliativversorgung, 31 davon für Kinder und Jugendliche.
Bis 2017 haben nahezu 11.440 Mediziner die Zusatzausbildung zum
Palliativmediziner absolviert.
Die Hospizbewegung verbreitet sich in Deutschland seit Jahren rasant
und immer mehr Menschen sind bereit, diese Bewegung durch ein Ehrenamt
als Sterbebegleiter zu unterstützen. Aus unterschiedlichen
Beweggründen: Sie wollen helfen; Ältere wollen sich sinnvoll
betätigen; Mitmenschlichkeit; weil sie Angehörige in Hospiz verloren
haben - ja, es gibt sie noch, die Nächstenliebe.
- Alfred Heimermann
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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