Vor 80 Jahren: Einmarsch der Amerikaner in Hürth
"Alles stand voller Panzer"

- US-Amerikaner auf der Bonnstraße in Hermülheim.
- Foto: Stadtarchiv Hürth
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„Lieber Gott im Himmel, mach diesem sinnlosen Krieg ein baldiges Ende!“ Dechant Josef Krings, Pfarrer in Knapsack, richtetet diesen Stoßseufzer am 28. Oktober, 1944 gen Himmel. Es war Knapsacks schwärzester Tag.
Englische Bomber hatten die dortige Großindustrie an diesem Tag dem Erdboden gleich gemacht. 47 Menschen verloren ihr Leben. Es wären bedeutend mehr gewesen, wäre der Angriff nicht an einem Samstagnachmittag auf Knapsack niedergegangen, an dem die Betriebe nur mit halber Kraft arbeiteten.
Hans Duell, ehemaliger leitender Beamter der Stadtverwaltung Hürth und Chronist der „Hürther Blätter“ hat in seinem Beitrag „Vor 40 Jahren - Als die Amis“ kamen den Einmarsch der Amerikaner in Hürth dokumentiert und mit vielen Augenzeugenberichten fassbar und anschaulich gemacht.
Bis der Stoßseufzer des Dechanten erhört werden sollte, dauerte es noch eine Weile.
„In der sternenklaren Nacht vom 4. auf den 5. März erreichten die amerikanischen Verbände von Frechen-Bachem kommend, in Hürth-Gleuel die Hürther Stadtgrenze“, schreibt Hans Duell. Auch wenn keine größeren Kämpfe stattfanden, verloren an diesen beiden Tagen einige deutsche und amerikanische Soldaten ihr Leben.
Bis zum 6. März überwanden die Amerikaner die Widerstandsnester in Burbach, Alstädten, der Theresienhöhe und an der Hermülheimer Burg, bevor sie in Hermülheim einziehen können.
Einen Tag früher, am 5. März, wurde Berrenrath von den amerikanischen Truppen, die von Kierdorf vorstießen, besetzt. „Der Ort war wie ausgestorben. Viele waren im Keller, die anderen in Stollen.
Mit Schüssen sprengten die Amerikaner die Schlösser und suchten nach Soldaten“, hält die Berrenrather Schulchronik fest, die im Stadtarchiv Hürth aufbewahrt wird. „Alles stand voller Panzer. Berrenrath war ein Heerlager geworden“, schrieb der Schulchronist. Nur stundenweise war Ausgang gestattet. Möge Gott, dass der Feind nicht zu hart mit uns umgeht“, heißt es weiter.
Von Liblar kommend erreichen die Amerikaner Knapsack. Am 6. März, morgens um 6.30 Uhr, rollen die Sherman-Panzer, ohne einen Schuss zu tun, in die zu Dreiviertel zerstörte Ortschaft ein. Die Knapsacker, die noch da waren, hatten den Krieg überstanden. Dechant Josef Krings wurde bereits um 10 Uhr zum Bürgermeister von Knapsack ernannt. Ein amerikanischer Leutnant übergab ihm auch die „weltliche“ Macht.
Den Fischenichern zeigten sich die ersten Amerikaner im Stollen in der Grube der Gewerkschaft Hürtherberg. „Stumm, ohne ein Wort zu sagen, suchen sie nach deutschen Soldaten. Ebenso stumm ziehen sie nach ergebnislosem Suchen weiter.“
Auch Kendenich wurde von den Amerikanern am 6. März kampflos eingenommen. Leider kamen hier noch unschuldige Zivilisten ums Leben. Hans Duell schreibt: „Im großen Bunker in der Grube der Gewerkschaft Hürtherberg erwarten einige hundert Bewohner des Oberdorfes von Kendenich die Amerikaner. Peter Breuer aus der Pützstraße, der zu Hause geblieben ist, kommt um seiner Frau das Mittagessen zu bringen. Kaum am Bunkerausgang, bricht er von einer Kugel getroffen zusammen. Hilflos müssen die DRK-Männer zusehen, wie ihr Mitbürger den letzten Atemzug tut.“
Eine Momentaufnahme der Invasion gibt auch die Erzählung von Willi Hambach aus Efferen wieder, der elf Jahre alt war, als die Amerikaner kamen - ein weiterer Augenzeugenbericht aus Hans Duells Bericht. Hambach erinnert sich, wie im Bereich des Bunkers Beselerstraße/Wiesengrund schwere amerikanische Artillerie in Stellung ging. „Die Leute mussten alle raus und kamen zu uns in den Bunker an der Kochstraße. Der natürlich mit 800 bis 900 Personen weit überfüllt war. Anstatt nun die Überzähligen zum Verlassen des Bunkers zu bewegen, mussten wir alles raus - vermutlich ein Mißverständnis. Wir waren kaum draußen, als deutsches Artilleriefeuer einsetzte. Über uns explodierten einige Schrappnells, wobei meine Mutter, Willi Schmitz und Heinz Rest verwundet wurden. Die Amerikaner leisteten sofort Erste Hilfe. Es blieb jedoch bei dem Räumungsbefehl. Wir wurden alle in einigen Häusern an der Stotzheimer Straße, am Ortseingang vorübergehend untergebracht.“
Während der Invasion hielten sich die Menschen überwiegend in Kellern und Bunkern auf. Als sie endlich wieder Tageslicht sahen, war für viele die Zeit der Entbehrungen noch nicht vorbei, denn viele Häuser wurden von den Besatzern beschlagnahmt.
Vereinzelt schoss wohl die deutsche Artillerie von jenseits des Rheins in das amerikanische Aufmarschgebiet. Lebensmittel waren knapp, die Ausgangszeit beschränkt. „Verglichen mit den vorhergegangenen Strapazen und Entbehrungen, ist die Gegenwart, ohne Flieger, ohne Bomben, der Himmel auf Erden“, schreibt Hans Duell.
Bei den Kämpfen um Hürth haben etwa 20 deutsche Soldaten ihr Leben verloren. Sie ruhen zum überwiegenden Teil auf dem Hürther Friedhof.




Redakteur/in:Martina Thiele-Effertz aus Erftstadt |
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