Spannende Begegnung
„Dat kann hück keiner mih!“

Foto: M. Beusch/Heinrich Boden
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Im Ausbildungsberuf der Schilder- und Lichtreklamehersteller, kurz Werbetechniker genannt, ist in den letzten Jahrzehnten wie in jedem Beruf die Digitalisierung eingezogen. Werbemittel werden heute am Computer entworfen und von Maschinen ausgegeben. Sogar der 3-D-Druck hält Einzug in das Gewerk. Handarbeit kommt immer weniger zum Einsatz.

Hürth/Köln (me). Umso interessanter war es für Markus Beusch, Lehrer für Werbetechnik am Goldenberg Europakolleg in Hürth, als er die Gelegenheit hatte, sich mit Heinrich Boden auszutauschen. Boden, 90 Jahre alt, ist ein echt Kölsches Schildermaler-Urgestein. Rund 45 Jahre arbeitete er in dem Beruf, der unsere Welt ein bisschen bunter macht. Nun hat er sich entschlossen, Teile seiner Handwerkerausstattung und Schildermalerarbeiten in „gute Hände“ zu geben.

„Dat kann hück keiner mih!“

Da ist er bei Gestaltungslehrer Markus Beusch, selbst gelernter Schilder- und Lichtreklamehersteller, genau richtig.

„Die Werkzeuge können meine Kolleginnen und ich wunderbar im Unterricht verwenden, um den Auszubildenden von heute die Entwicklung dieses Traditionsberufes anschaulich zu machen.“

Stupfpinsel und bürste, Schlepper, Plakatpinsel, Mixtion und Anschießer zum Vergolden, Vergolderkissen – alles Fachbegriffe für Werkzeuge, die heute kaum noch Verwendung finden, weil sich die Werbung an den Geschäften, Schaufenstern und Firmenfahrzeugen, den Hauptanwendungsbereichen der Werbetechniker, stark geändert hat. Statt goldener Schnörkelschrift zieren heute CNC-geschnittene Klebebuchstaben die meisten Ladenlokale. Ganz anders die vergoldeten Wappenentwürfe, die Heinrich Boden im Auftrag des Hauptquartiers der belgischen Streitkräfte kurz nach dem zweiten Weltkrieg akkurat von Hand auf Fassaden und Autos malte. „Dat kann hück keiner mih,“ ist er überzeugt.

Eine andere Station in seinem Lebenslauf war Coca-Cola. Im Werbeatelier des Unternehmens gestaltete er 25 Jahre die Außenwerbung. Davon zeugen zahlreiche Memorabilia wie ausgediente Leuchtreklamen, die Heinrich Boden in seinem Haus umgestaltet hat.

Die Werbetechniker-Welt ist ein Dorf

Obwohl die beiden Schildermaler unterschiedlichen Generationen angehören – Boden ging 1990 in den Ruhestand, im selben Jahr, als Markus Beusch seine Gesellenprüfung ablegte – stellten die beiden bei dem gemeinsamen Treffen viele Verknüpfungen fest.

So erzählt Heinrich Boden von seiner Arbeitsstelle in Frechen bei Werbetechnik Tybislawski, wohin er jeden Morgen mit der Linie „Fienchen“ fuhr. „Wenn ich dort ankam, hatte ich meinen Henkelmann bereits leergefuttert,“ erzählt er lachend. Kein Problem, denn die Frau seines Chefs versorgte den jungen Gesellen aus ihrem Lebensmittelladen. Was er nicht wusste: Ihre Enkelin Lydia Trost folgte den Fußstapfen des Großvaters und wurde Meisterin im Schildermalerhandwerk und ist heute Kollegin von Markus Beusch am Goldenberg Europakolleg in Hürth.

Auch mit dem Namen Karl-Heinz May sind beide verbunden: Karl-Heinz May war in den 1940er Jahren Weggefährte von Heinrich Boden in der Lehre bei Jakob Schaaf in der Hahnenstraße.

Und eben dieser Karl-Heinz May überreichte 1990 Markus Beusch den Gesellenbrief bei der Lossprechung im Kölner Traditionslokal Haus Unkelbach.

Rita Wagner, Leiterin der grafischen Sammlung des Kölnischen Stadtmuseums, hat kürzlich Zeichnungen von Heinrich Boden ins Archiv aufgenommen. Dabei handelt es sich vor allem um Grafiken, die er für die belgische Armee während deren Zeit im Rheinland anfertigte.

Apropos Museum: Auch das Deutsche Schilder- und Lichtreklamehersteller-Museum in Lahr/Schwarzwald hat nun einige von Heinrich Bodens Arbeiten und Werkzeugen in seinem Fundus.

Doch dem Kölner Heinrich Boden ist es wichtig, den Großteil seines handwerklichen „Vermächtnisses“ in der Nähe zu wissen.

Anekdoten aus der Berufsschule

Am Ende des Gesprächs ist sich Boden sicher: „Die Werkzeuge sind hier gut aufgehoben. Und Markus Beusch freut sich, welcher Schatz, auch Wissensschatz, ihm anvertraut wird: Ein Teil von Bodens Ausstattung darf er der Berufsschule übergeben.

Zum Schluss muss er Heinrich Boden aber versprechen, dass über einige seiner Anekdoten aus der Berufsschule der Mantel des Schweigens gehüllt bleibt.

Foto: M. Beusch/Heinrich Boden
Heinrich Boden erläutert den „Anschießer“, ein Wekzeug für Hinterglasvergoldung. Rechts Heinrich Boden als junger Schildermaler in den 1940er Jahren. | Foto: M. Beusch/Heinrich Boden
Redakteur/in:

Martina Thiele-Effertz aus Hürth

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