70 Jahre Akkordeon-Orchester 1954 Hürth-Gleuel
Ein bunter Mix von der Operette über Film bis Gospel
Hürth. Das Akkordeon-Orchester Hürth-Gleuel 1954 e.V. hatte am Vorabend zum 2. Advent zum Jahreskonzert in die Aula des Albert-Schweitzer-Gymnasiums eingeladen. Dieses Mal galt es, 70 Jahre Bestehen des Vereins zu feiern! Vorsitzende Karoline Vogler freute sich, dass neben Bürgermeister DIrk Breuer mit Renate Sturm, der Witwe des ehemaligen langjährigen Leiters Matthias Sturm, auch noch ein Gründungsmitglied im Saal war. Ende 1996 hatte dieser den Dirigentenstab an Pavel Schickmann übergeben, der bis heute das Orchester leitet, er stammt aus der Ukraine und hat vorher in Moskau studiert und gearbeitet.
Mit Operettenmusik begann sowohl die erste als auch die zweite Programmhälfte. Ein gelungener Auftakt zum Konzert war die Interpretation der Ouvertüre zur komisch-mythologischen Operette "Die schöne Galathée" des österreichischen Komponisten Franz von Suppè, 1865 in Berlin uraufgeführt, im "klassischen" Arrangement von Curt Herold. Sehr gut kam das mit "Fortissimo" überschriebene Potpourri mit Melodien aus deutschen Operetten des ungarischen Komponsiten Emmerich Kálmán an, der in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die silberne Operettenära begründete. Noch heute sind die Titel "Gräfin Mariza", "Die Czardasfürstin" und "Die Zirkusprinzessin" bekannt, und auch das Publikum kannte die schönen Lieder und summte oder klatschte mit. Tillo Schlunck und Hans Rauch haben das Werk wirkungsvoll für Akkordeonorchester arrangiert - unter demselben Namen gibt es übrigens auch eine Klavier-Fantasie mit einer darauf basierende Salonorchester-Fassung.
Zum Mitsummen luden auch ein der kleine italienische Marsch "Scampolo" des bekannten Schlagerkomponisten Gerhard Winkler, 1939 vom Orchester Hans Carste eingespielt, und der Bossa Nova "Black Orpheus", der für den Film "Orfeu Negro" 1959 komponiert wurde, der die Geschichte von Orpheus und Eurydike auf einen Karnevalsmorgen "Manhã de Carnaval" in Rio de Janeiro verlegt hat. Mit der 1914 komponierten slawischen Walzerimpression "Poranek" von John Lindsay-Theimer im Arrangement von Hans Lüders mit viel Dynamik und Rubato, der Originalkomposition "Bellavista" von Erich Frohloff im Beguine-Rhythmus und der bekannten Oberkrainer-Polka "Auf der Autobahn" von Slavko Avsenik im Arrangement von Renato Bui hatte man eingängige und populäre Musik ins Programm genommen.
Die ausgewogene Akkordeonorchester-Besetzung mit 2 x Akkordeon 1, 3 x Akkordeon 2, 3 x Akkordeon 3, 4 x Akkordeon 4 sowie 2 x Bass und Schlagzeug kam auch bei moderneren Stücken gut zur Geltung, die Hans-Günther Kölz für Akkordeonorchester arrangiert hat: der melodiösen Ballade "A Sentimental Reflection" von Martin Kopf, die zu Träumen animierte, beim Tango nuevo "Melodia en la menor" von Astor Piazzolla mit lyrischen und raffinierten rhythmischen Teilen und bei dem Film-Thema "Caravans" des britischen Komponisten Mike Batt. Hier wirkte auch wieder das Kamel Karlchen mit - wie 2023 bei Duke Ellingtons "Caravan". Moderatorin und Bassistin Sonja Standop stellte das Plüschtier vor und nutze es bei der Musik als Kopfbedeckung. Wieder trug sie mir ihrer humorvollen, ideenreichen und kompetenten Moderation zum Gelingen des Konzertes maßgeblich bei. Das Orchester wurde dabei perfekt vom Schlagzeuger Klaus Rutha von der Musikschule Frechen unterstützt - mit einem Lehrauftrag für Percussion an der Universität Köln.
Ein kammermusikalisches Highlight hat auch wieder das Akkordeon-Duo Dagmar Sewert und Lothar Fischer geboten. Sie hatten sich dieses Mal Volksweisen über die Liebe aus unterschiedlichen Ländern ausgesucht, die sie mit Variationen gekonnt und musikalisch vortrugen: die inoffizielle mexikanische Hymne im Walzertakt "Cielito lindo", das "Heideröslein", das das Gedicht von Johann Wolfgang von Goethe über eine zurückgewiesene Liebe vertont, und das bekannte russische Lied "Schwarze Augen" über eine geheimnisvolle Liebe.
Die Potpourris zum Ende des Konzertes ernteten viel Applaus! Zunächst das Gospel Medley "Trinity" von Ernst-Thilo Kalke mit den bekannten Songs "Swing Low, Sweet Chariot", "Joshua Fit The Battle Of Jericho" und "Go, Tell It On The Mountain" und dann das Weihnachtslieder-Medley von Heinz Ehme "Fröhliche Weihnacht im Ehme-Sound", das eigentlich mehr zum Zuhören als zum Mitsingen gedacht ist, weil es eine interessante Zusammenstellung bekannter Lieder in überraschenden, Big-Band-ähnlichen Arrangements enthält. Und die von Sonja Standop als "tolles Publikum" bezeichneten Zuhörer dankten den Aktiven, die jetzt alle Weihnachtsmannmützen trugen, mit Standing Ovations und Zugaben-Rufen. Diese wurden auch erhört: Es erklang als gelungenes Finale nach gut zwei Stunden noch "Winter Wonderland" im Arrangement von Wolfgang Russ und attacca der Weihnachtsklassiker "Jingle Bells".
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