Eine Brauerei in Knapsack
Geschmack hausgemacht

Craft Beer ist – wörtlich übersetzt – handgemachtes Bier. Aber für die Bierbrauer der Craft Beer Szene ist es noch viel mehr: ein qualitativ hochwertiges Produkt, dass geschmacklich immer wieder neue Wege sucht.  | Foto: Reimund Coltro
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  • Craft Beer ist – wörtlich übersetzt – handgemachtes Bier. Aber für die Bierbrauer der Craft Beer Szene ist es noch viel mehr: ein qualitativ hochwertiges Produkt, dass geschmacklich immer wieder neue Wege sucht. 
  • Foto: Reimund Coltro
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Knapsack - Eine Brauerei in Knapsack? Im Gewerbegebiet? Warum? – Die
Erklärung ist laut Braumeister Christoph Coltro denkbar einfach:
„Hürth hat für das Bierbrauen in der gesamten Region einfach mit
Abstand das beste Wasser, weil es so weich ist!".

Die Craft Beer-Bewegung findet in Deutschland immer mehr Anhänger.
Überall in der Republik gibt es kleine Brauereien, die neue Rezepte
probieren, mit Premium-Hopfen- und Malzsorten experimentieren und neue
Geschmäcker generieren. „Die Leute wollen regionale Produkte,
einfach wissen, wo es herkommt, wie überall im Lebensmittelbereich",
hat Christoph Coltro beobachtet.

Sein Handwerk gelernt hat der Kölner – natürlich – in Köln, bei
Reissdorf. Hier hat er auch sein erstes Jahr als Brauer gearbeitet.
Schon damals war in ihm der Wunsch gereift, einmal selbst eine
Brauerei zu eröffnen. Folgerichtig verschlug es ihn also nach
München, wo er an der Doemens-Akademie für Braukunst seinen
Handwerksmeister machte. Danach arbeitete er für eine kurze Zeit in
einer Craft Beer Brauerei in München, bevor er Braumeister bei
Paulaner wurde: Eine gute Referenz, wichtige Kontakte und viele
Erfahrungen rund ums Brauen. Überhaupt: Durch die Akademie lernte er
Bierbrauer aus allen Teilen Deutschlands kennen. „Deutschland hat
eine reichhaltige Bierkultur. Es gibt soviel zu entdecken", sagt der
26-jährige Kölner. Hier bekam er durch die Kontakte mit anderen
Brauern wichtige Impulse für seinen weiteren Weg.

Als Vater Reimund Coltro, von Hause aus Elektroingenieur, in den
Vorruhestand ging, hieß es : jetzt oder nie. Gemeinsam eröffneten
Vater und Sohn die Brauerei. Anfangs musste Christoph Coltro zwischen
München und Hürth pendeln. 600 Kilometer hin und wieder zurück. Auf
die Dauer doch zu unbequem. Also sah er sich nach einer neuen Stelle
um und fand eine Anstellung in einem kleinen 120 Jahre alten
Familienbetrieb in Luxemburg. „Die haben einen deutschen Braumeister
gesucht", so Coltro. Für vier Tage in der Woche fährt er die 140
Kilometer nach Luxemburg und wieder zurück; am Wochenende widmet er
sich seiner eigenen Brauerei im Knapsacker Gewerbegebiet.

Neubau mit Erstbezug. Da konnte man noch nach eigenen Vorstellungen
und Bedürfnissen die Räumlichkeiten ausstatten. Aber selbst die
kleinste Craft Beer-Brauerei muss die strengen Auflagen des
Veterinäramtes erfüllen, so wie die großen Brauereien. In
Eigenleistung haben Vater Reimund und Sohn Christoph Coltro im frühen
Sommer 2015 ihre Brauerei an der Elisabethstraße eingerichtet,
Leitungen für Strom und Wasser gelegt, Kessel installiert und ein
Kühlhaus gebaut.

In einem zweiten Schritt ging es an die Rezepturen. Das Besondere an
einem Craft Beer ist, dass der Brauer hier nicht an einen
Massengeschmack gebunden ist und mit den verschiedenen Aromen spielen
kann. Ideen haben die Coltros viele. Und von jeder Biermesse bringen
sie weitere mit. Schon vom ersten selbst gebrauten Sud an waren
Freunde und Bekannte begeistert vom „Coltro Gold". Inzwischen werden
fünf Sorten gebraut, vom Wieß über Dunkel, Festbier und Pils bis
hin zum Indian Pale Ale, kurz: IPA, mit hohem Hopfenanteil und sieben
Prozent Alkoholgehalt. Zusätzlich gibt es mal ein Bier der Saison,
etwa ein Winterbock, das die Coltros auf Weihnachtsmärkten zum
Verkosten anbieten, wie zuletzt auf dem Alt-Hürther Weihnachtsmarkt.
Wichtig ist bei allen Bieren: Sie sind handgemacht, wie es schon die
Mönche vor hunderten Jahren brauten, und mit besten Zutaten aus
Bayern: Mälze der Extraklasse von einem Familienunternehmen und den
Hopfen aus der Hallertau.

Eine Konkureenz zu den etablierten Brauereien ist der Coltro
Brauservice nicht - soll er auch nicht sein. Mit bis zu 800 Litern im
Monat decken die Coltros ihre Kosten. Langfristiges Ziel ist es aber,
von der Craft Beer-Brauerei einmal leben zu können. „Wir wachsen
langsam. Bis hierhin haben die Leute nur durch Mund-zu-Mund-Propaganda
zu uns gefunden", sagt Christoph Coltro. Die Käufer kommen in die
Brauerei, um sich ihr Bier abzuholen. Dabei lernen sie den Braumeister
und seinen Vater kennen, der als angelernter Brauer inzwischen auch
viel zum Thema erzählen kann. Geschichte und Geschichten des Bieres
gibt es gratis. Und zum Kennenlernen kann man hier auch die
verschiedenen Sorten verkosten. Größere Mengen liefern die Coltros
sogar frei Haus. Zu den Kunden gehört inzwischen eine neue In-Kneipe
in Brühl. „Man kann sich von uns auch sein eigenes Bier brauen
lassen mit eigenem Rezept und eigenem Etikett", sagt Christoph Coltro.

Seine Leidenschaft für das Bier teilt der 26-Jährige gerne: „Wenn
sich genügend Interessenten finden, könnten wir auch einen
Braukursus durchführen. Es gibt in Deutschland immer mehr Leute, die
sich ihr Bier selbst brauen - bis 200 Liter im Jahr sogar zoll- und
steuerfrei!".

- Holger Slomian

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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