Serie: Archiv-Schätze
Mit päpstlichem Segen

Die Pergamenturkunde ist Teil des Adelsarchivbestandes von Groote. Als Mitte der 1950er Jahre die Planungen für Hürth-Mitte anstanden, machte die Gemeinde Hürth große Anstrengungen, um in den Besitz der von Grooteschen Burg in Hermülheim zu gelangen. Um dieses Ziel zu erreichen, tauschte die Gemeinde die in ihrem Eigentum befindlichen Ländereien des Gutes Bell gegen die Burg Hermülheim. Nach der Übernahme der Burg im Jahre 1960 wurden die Überreste des von Grooteschen Archivs gefunden, die anschließend ins Archiv der Gemeinde Hürth gelangten. Die schon stark verfallene Burg wurde im Rahmen einer Feuerwehrübung niedergebrannt. Die Pergamenturkunde mit anhängendem Bleisiegel ist vermutlich durch Erbschaft und Heirat oder mitgebrachte Einzelstücke und Konvolute in das Adelsarchiv von Groote gelangt. Aus diesem Grund haben Maria Walburga und Franz-Josef keinen Bezug zu Hürth. Über die Familie ist nichts bekannt.
 | Foto: Stadtarchiv Hürth
  • Die Pergamenturkunde ist Teil des Adelsarchivbestandes von Groote. Als Mitte der 1950er Jahre die Planungen für Hürth-Mitte anstanden, machte die Gemeinde Hürth große Anstrengungen, um in den Besitz der von Grooteschen Burg in Hermülheim zu gelangen. Um dieses Ziel zu erreichen, tauschte die Gemeinde die in ihrem Eigentum befindlichen Ländereien des Gutes Bell gegen die Burg Hermülheim. Nach der Übernahme der Burg im Jahre 1960 wurden die Überreste des von Grooteschen Archivs gefunden, die anschließend ins Archiv der Gemeinde Hürth gelangten. Die schon stark verfallene Burg wurde im Rahmen einer Feuerwehrübung niedergebrannt. Die Pergamenturkunde mit anhängendem Bleisiegel ist vermutlich durch Erbschaft und Heirat oder mitgebrachte Einzelstücke und Konvolute in das Adelsarchiv von Groote gelangt. Aus diesem Grund haben Maria Walburga und Franz-Josef keinen Bezug zu Hürth. Über die Familie ist nichts bekannt.
  • Foto: Stadtarchiv Hürth
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Was hat es mit der Ehedispens von Maria Walburga Gabriele von Hilgers und Franz Joseph von Herrestorff auf sich? Dieser Frage gehen wir in der heutigen Folge unserer Serie „Archiv-Schätze“ nach. Die Archivalie stammt aus dem Stadtarchiv Hürth.

Die Stadt Hürth hat für unsere Serie eine von Papst Clemens XIII. ausgestellte Dispens aus ihrem Stadtarchiv ausgewählt. Im katholischen Kirchenrecht ist die Dispens die Befreiung von einer kirchlichen Vorschrift, zum Beispiel bei einem Ehehindernis. Die Vollmacht, Dispens zu erteilen, liegt im Allgemeinen beim Bischof und wird in dessen Namen vom jeweiligen Kirchengericht wahrgenommen. In manchen kirchlichen Fragen kommt nur dem Heiligen Stuhl Dispensgewalt zu (Quelle: katholische.de)

„Im deutschen Adel der frühen Neuzeit galt die Partnerwahl in erster Linie als eine Sache der Familien, nicht der Betroffenen. Nichts wurde dem Zufall überlassen. Drum wählte man gerne einen Partner, der den wirtschaftlichen und politischen Zielen der betroffenen Familien diente. Ehen stifteten soziale Kontakte, versprachen materiellen Gewinn und mehrten die Ehre des Familienverbandes“, erläutert Eric Barthelemy vom Stadtarchiv Hürth zum Hintergrund der Archivalie.
Um diese Ziele zu erreichen, waren Ehen tunlichst im eigenen gesellschaftlichen Kreis und in der erweiterten Verwandtschaft zu schließen. Diese Praxis kollidierte jedoch mit dem katholischen Eherecht. Das erschwerte die Partnerwahl im eigenen gesellschaftlichen Kreis beträchtlich.
Da Maria Walburga Gabriele von Hilgers (1734-1798) und Franz Joseph von Herrestorff (1730-1767) im dritten Grade miteinander verwandt waren – die Großmutter von Herrestorffs väterlicherseits war Anna Catharina von Hilgers -, musste ihre Eheschließung durch einen „Dispens“ genehmigt werden.
Seit dem IV. Laterankonzil von 1215 war Schwägerschaft parallel zur Blutsverwandtschaft bis vier Generationen zurückreichend mit Eheverboten belegt. Zu deren Aufhebung bedurfte es einer so genannten „Dispens“.
Das „Decretum Tametsi“ des Konzils von Trient hatte 1563 verfügt, dass für Eheschließungen zwischen Verwandten keinerlei „Dispensen“ erteilt werden sollten, höchstens in Ausnahmefällen. Zu diesen Ausnahmen gehörten „Dispensen“ im zweiten Grad, die auf den hohen Adel und auf Verbindungen von öffentlichem Interesse beschränkt waren. „Dispensen“ im dritten und vierten Grad kamen in der Frühen Neuzeit hingegen relativ häufig vor.
Voraussetzung der Erteilung war das Vorhandensein offiziell anerkannter, so genannter „kanonischer Gründe“. Zu den Dispensgründen zählten in der Frühen Neuzeit die Enge des Ortes, das fortgeschrittene Alter der Braut, die fehlende oder unzureichende Mitgift, Streit um Güter oder Vermögen, die Wahrung des Friedens, Geschlechtsverkehr und Schwangerschaft, der beschädigte Ruf der Frau, die Revalidierung einer ungültigen Eheschließung, die Vermeidung eines schwerwiegenden öffentlichen Aufsehens und herausragende Verdienste um die Kirche. Der Schutz von ­Besitz und Vermögen als Dispensgrund war allerdings nur Adeligen und „durch besondere Verdienste ausgezeichnete Familien“ vorbehalten. Zu den großen Verdiensten um die Kirche zählten Stiftungen und finanzielle Zuwendungen. Wer sich spendabel zeigte, hatte deutlich bessere Karten wie auch jene, die über Verbindungen zu höheren kirchlichen und politischen Amtsträgern verfügten. „Da keine Belege vorliegen, werden für Maria Walburga Gabriele von Hilgers und Franz Joseph von Herrestorff aller Wahrscheinlichkeit nach die letzterwähnten Gründe ausschlaggebend zur Erteilung einer Dispens gewesen sein“, vermutet Eric Barthelemy. Normalerweise war Rom das katholische Zentrum der Vergabe von „Dispensen“, aber der Papst konnte den Bischöfen das Recht zugestehen, in ihrem eigenen Bistum zu „dispensieren“. „So gelangte das Heiratsprojekt unseres Paares zum Erzbistum Köln zur Entscheidung. Der hier vorliegende Dispens auf vorgedrucktem Papier wurde 1761 von Peter Gerwin von Franken-Siersdorf (1702-1763), seit 1751 Generalvikar des Erzbischofs von Köln, ausgestellt. 1766 erteilte jedoch in Ergänzung zu dem erzbischöflichen Dispens Papst Clemens XIII. (1693-1769) eine Genehmigung auf Pergament mit päpstlichem Bleisiegel der Apostel Petrus und Paulus, erklärt der stellvertretender Leiter des Stadtarchivs. Auch heute noch kennt die katholische Kirche „Dispense“, zum Beispiel für eine kirchliche Eheschließung mit einem nichtchristlichen Partner. In der Regel liegt die Entscheidung darüber beim Bischof oder sie ist nach unten weiter delegiert.

Redakteur/in:

Martina Thiele-Effertz aus Hürth

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