Unterstützung für pflegende Angehörige
Neue Kurse starten ab Mitte Januar
Rund vier Millionen Menschen in Deutschland sind pflegebedürftig, über die Hälfte - 2,6 Millionen Angehörige – übernehmen die Pflege, obwohl sie berufstätig sind, oftmals auf Kosten der eigenen Gesundheit. Im Rhein-Erft-Kreis benötigen ca. 10.000 Pflegebedürftige ständige Unterstützung, die zumeist von Angehörigen und ambulanten Pflegediensten geleistet wird. Um sich über eine bessere Versorgung und Betreuung von Erkrankten und pflegenden Angehörigen auszutauschen, hatte die Alzheimer Gesellschaft Rhein-Erft-Kreis am 14. Dezember 2022 zu einem Netzwerktreffen in Familienbüro Mittendrin in Hürth eingeladen. Anlass war ein neues Förderprojekt der Gesamt-Krankenkassen-Verbände (GKV), das gemeinsam mit dem Rhein-Erft-Kreis realisiert werden soll. „Ziel ist es, pflegende Angehörige besser zu unterstützen und zu entlasten“, so die Vorsitzende der Alzheimer Gesellschaft, Dr. Sibylle Schreckling. Insbesondere bei Erkrankungen wie Demenz, die mit erheblichen Einschränkungen der Alltagskompetenz verbunden sind, seien häufig die Grenzen der Belastbarkeit überschritten. Hier gelte es, bei den Pflegenden Kopf und Körper wieder in Einklang zu bringen und die psychosoziale Kompetenz der Pflegenden zu stärken. Erste Kurse sind ab der zweiten Januarhälfte geplant, Interessierte können sich unter info@schreckling.eu oder per Telefon unter 0157 / 34702309 melden.
Aus seinen Erfahrungen der präventiven Hausbesuche schilderte Caritas Senioren- und Pflegeberater Rainer Rose sehr eindrücklich die Ängste von Seniorinnen und Senioren, die eigene Wohnung verlassen zu müssen, wenn es zu Hause nicht mehr geht. Verschlechtere sich der Zustand der Erkrankten, beinträchtige dies auch die Eigensorge der Pflegenden bis hin Verwahrlosung, wusste Inge Hartmann vom Pflegedienst zu berichten. Wichtige Arzt-Termine und Untersuchungen würden aufgeschoben, psychosomatische Erkrankungen wie Herz-Kreislaufkrankheiten sowie Stoffwechselstörungen missachtet, wodurch oft bleibende Schäden entstünden. „Viele pflegende Angehörige wissen oft nicht, dass ihnen Kuren zur Entlastung zustehen“, betonte Beate Fabian vom Caritasverband Rhein-Erft.
Auf die positiven Erfahrungen in den Demenzsprechstunden wies Christine Jung von der Seniorenberatung der Stadt Hürth hin, hier würden alle wichtigen Aspekte aus dem medizinischen, pflegerischen, rechtlichen und sozialen Bereich gebündelt. Hilfe bieten auch moderierte Angehörigen-Gruppen, in der Ehrenamtliche wie Regina Firneburg aktiv sind. Sie will sich auch nach dem Tod ihres dementen Ehemannes weiter engagieren und den Erfahrungsaustausch unterstützen. Iris Risse vom Kontaktbüro Pflegeselbsthilfe schilderte die Arbeit von zwölf bereits bestehenden Gesprächsgruppen im Rhein-Erft-Kreis, die wie die Anbieter verschiedener Kreativ-Gruppen für Entlastung sorgen: So führt die Musikpädagogin Ursula Henkel seit 2017 regelmäßig in der ambulanten Demenzbetreuung der Hürther Gruppe Füreinander Tischharfen-Kurse durch. Da bei diesen Instrumenten keine Notenkenntnisse erforderlich sind, können auch ältere Menschen, die Freude am Singen und an Musik haben, leicht mitmachen und ihr Gehör, Motorik und Gedächtnis schulen. Auch Sport und Spaß sorgen für die nötige Ablenkung: Der Einstieg in die Senioren-Erlebnistanz-Gruppe mit Ursula Uedelhoven ist jederzeit mit und ohne Partner möglich. Die Reha-Sportgruppen mit Dr. Schreckling bieten Sitz-Gymnastik in der Gruppe Füreinander sowie Gymnastik und Bewegung mit Musik in der Salus Klinik. Die Eurhythmie Gruppe mit Iris Poloczek-Jordan beugt mit Bewegung und Rhythmus dem Sprachverlust vor. „Freude schenken“ heißt ein Projekt der Tierfreunde Rhein-Erft, das mit Spaziergängen und Besuchshunden für beglückende Momente sorgt. Ihre Einsatz- und Hilfsmöglichkeiten stellten auch die beiden Assistenzdienste, der „Familienservice“ von Fritz Brohl und „Die Alltagbegleiter“ von Jens Bäumler, vor.
Eine Botschaft gaben die Teilnehmenden des Netzwerktreffens an Birgit Homaeenejad als Vertreterin des Rhein-Erft-Kreises mit auf den Weg, nämlich nach Möglichkeit bürokratische Hürden zu vermindern. Wichtig sei auch die Einbeziehung der Jugend: So arbeitet die Alzheimer Gesellschaft seit einigen Jahren mit den weiterführenden Schulen zusammen, um den Jugendlichen den „Schrecken vor dem Alter zu nehmen“, so Frau Dr. Schreckling.
LeserReporter/in:Andrea Floß aus Bergheim |
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