Einmalige Ingenieursleistung und lange Geduldsprobe
50 Jahre Tunnel Kalk
Kalk - (kg). Als vor 50 Jahren der knapp 540 Meter lange Straßentunnel
unter dem Güterbahnhof Kalk-Nord eröffnet wurde, war er der längste
Straßentunnel Kölns. Aber noch heute stellt das Bauwerk eine
bedeutende Ingenieursleistung dar: Es gibt nur wenige
Doppelstocktunnel in Europa.
Not macht erfinderisch: Denn der obere, ebenerdige Tunnel, zwischen
1890 und 1910 erbaut, hätte für die Pläne der Stadtautobahn aus den
1960er-Jahren, nicht ausgereicht. So ließen die Ingenieure in der
vorhandenen Röhre einen Aushub vornehmen, und das Problem war
gelöst. Denn damit passten zwei dreistreifige Fahrbahnen, wenn auch
an den Rändern knapp bemessen, übereinander, und die Voraussetzungen
für die Verbindung zum Autobahnkreuz Köln-Ost und zur Zoobrücke
standen.
Wären die Planer früheren Visionen gefolgt, dann wäre die
Stadtautobahn entlang der Inneren Kanalstraße weitergebaut worden,
sie hätte über die Luxemburger Straße und den Gürtel hinweg, bis
zum Verteilerkreis am Ende der A 555 geführt. Pläne, die sehr auf
Kosten des Inneren Grüngürtel gegangen wären und heute im Zuge des
Radverkehrsnetzausbaus unmöglich erscheinen.
Der Tunnel Kalk war also nur ein Puzzlestück, und er kostete damals
20 Millionen Deutsche Mark. Drei Jahre dauert der Bau, er war nach den
neuesten technischen Erkenntnissen vorgenommen worden. Damals gab es
Lichtbänder, damit der Fahrer durch den Wechsel von Hell und Dunkel
nicht irritiert wurde. Ventilatoren sorgten für die Ableitung von
Kohlenoxid und bei Giftgefahr gab es automatisch Alarm.
Der Zahn der Zeit nagte am Doppelstocktunnel, und der Fortschritt an
den technischen Mindestvorausetzungen. „Das Bauwerk ist sehr stark
sanierungsbedürftig“, stellte Gerd Neweling, der frühere Leiter
des Amtes für Brücken, Tunnel und Stadtbahnbau im Sommer 2013 fest.
Damals ging er davon aus, dass im Oktober desselben Jahres mit den
Arbeiten begonnen wird und diese im ersten Quartal 2015 abgeschlossen
sind. Die Entwicklung ist bekannt: Die Baustelle der einst glanzvollen
Ingenieursleistung entwickelte sich zu der wohl längsten
Geduldsprobe, die es in der deutschen Baugeschichte aufgrund der
Sanierung eines Straßentunnels je gab.
Schlussendlich wurde im Juli 2014 begonnen und erst seit Mitte Januar
2019 sind beide Röhren wieder vollständig befahrbar. Seit Ende
August 2020 gilt wieder Tempo 80. Unter anderem die Nachprüfung
aufgrund eines unterlegenen Bieters sowie Baumängel durch Sanierungen
und daraus folgende Nachbesserungen summierten die reine Bauzeit auf
viereinhalb Jahre. Zudem befand sich das Bauwerk nach rund 45 Jahren
Nonstopbetrieb in einem schlechteren Zustand als es die
Voruntersuchungen erwarten ließen. Das liegt unter anderem an der
Verkehrsdichte, die niemand Anfang der 1970er-Jahre prognostizieren
konnte. Außerdem spielen Tausalze eine nicht unwesentliche Rolle.
Die eingeplanten Kosten stiegen von 30 Millionen Euro auf 53 Millionen
Euro. Dafür wurden unter anderem Beton, Fugen, Brandschutz, Fahrbahn,
Beleuchtung, Lüftung, Brandmeldeanlagen und Videokameras erneuert.
Allerdings konnten erforderliche Sicherheitsrichtlinien erst im August
2020 erfüllt werden und für Gefahrgutverkehr sind die Röhren
weiterhin gesperrt.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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