Anwohner in Humboldt-Gremberg stinksauer
Der Ärger mit dem Müll

Foto: Hermans

Von Hans-Willi Hermans

Laut der I werden viele Tonnen im Veedel nicht regelmäßig geleert. Für zahlreiche Menschen vor Ort ist das ein großes Ärgernis.

Die Müllabfuhr rückt an. Doch in dem Mehrfamilienhaus in Humboldt-Gremberg, in dem die Welters wohnen, wartet man vergeblich auf das Klingeln an der Haustür, mit dem sich die Mitarbeiter der Abfallwirtschaftsbetriebe (AWB) Zutritt zum Hausflur und damit zu den Abfalltonnen verschaffen. Das komme häufiger vor, sagt Hartmut Welters und kann sich das nicht recht erklären: „Hier ist morgens eigentlich immer jemand im Haus.“ Dann bleiben die Tonnen ungeleert zurück. „Vor allem bei der Bio-Tonne ist das unangenehm. Das stinkt, und Schimmel bildet sich auch.“

Acht Mal sei das im vergangenen Jahr allein bei der Bio-Tonne vorgekommen, acht Mal musste er danach eine E-Mail an die AWB schicken, um eine Nachleerung zu verlangen. „Manchmal habe ich die Tonne morgens zur Sicherheit selbst vor die Tür gestellt“, sagt Hartmut Welters. In diesem Jahr sei es bislang besser gelaufen, was die Bio-Tonne angeht. „Dafür haben wir jetzt Schwierigkeiten mit der gelben Tonne.“
In Humboldt-Gremberg ist der Leidensdruck inzwischen so groß geworden, dass die örtliche IG – der Welters nicht angehört – einen Bürgerantrag gestellt hat: Die Bewohner des Veedels sollen künftig selbst entscheiden können, ob sie den Vollservice der AWB in Anspruch nehmen oder den Teilservice. Sprich: ob die AWB-Mitarbeiter die Mülltonnen auch in Zukunft aus den Höfen oder Abstellräumen zur Leerung auf den Gehweg holen sollen, oder ob die Bürger das am Abend vorher lieber selbst erledigen möchten.

Denn zahlreiche Tonnen würden „seit Monaten nicht mehr zuverlässig“ geleert, schreibt der Vorsitzende der IG Humboldt-Gremberg, Peter Peterlini. Auch dort nicht, wo der Zugang zu den Abstellplätzen gewährleistet ist. Zudem würden die Abfallbehälter nach der Leerung häufig nicht wieder an ihren Stellplatz zurückgebracht – was ebenfalls zum Vollservice gehört. Und Hausbesitzer seien häufig gezwungen, in Abwesenheit AWB-Mitarbeitern den Zugang zu ihren Grundstücken zu ermöglichen. Das werde nicht selten als „Eingriff in die Privatsphäre“ empfunden und sei „nicht länger zumutbar“.

Doch die AWB teilte mit, die Satzung über die Abfallentsorgung in Köln sehe „keine Möglichkeit vor, wahlweise den Teilservice an Stelle des Vollservice in Anspruch zu nehmen.“ Die Stadt sei berechtigt, die Abfallentsorgung „nach pflichtgemäßem Ermessen auszugestalten“, und die Entscheidung für Voll- oder Teilservice werde nach den „örtlichen Gegebenheiten getroffen“. Humboldt-Gremberg sei nun mal als „Abfuhrrevier“ für die Leerung im Vollservice festgesetzt, weil es sich um ein Gebiet „mit verdichteter Bebauungsstruktur“ handele.

Denn ein wichtiges Kriterium bei der Entscheidung für den Vollservice ist das „ordentliche Stadtbild“. Wenn die Bewohner die Tonnen schon abends auf die engen Gehwege stellten, seien die „über einen längeren Zeitraum“ verstopft. Das sei nicht im Interesse von Menschen, die Bürgersteige problemlos nutzen möchten. Oft würden die Tonnen auch umgestoßen, dann verteile sich der Müll vor den Häusern. Zudem sei die Rückführung der Behälter nach der Leerung an ihren gewohnten Standort „am effektivsten durch den Vollservice gewährleistet“.

Weil aber das „Abfuhrrevier“ Humboldt-Gremberg insgesamt als Vollservice-Gebiet festgelegt ist, könne der Teilservice selbst dort nicht angeboten werden, wo er sinnvoll oder möglich wäre. Denn Vollservice erfordere einen personellen Mehraufwand, und eine Mischung von Voll- und Teilservice auf einzelnen Routen würde bedeuten, dass das „Personal nicht produktiv eingesetzt werden könnte“. Eine graue 40-Liter-Tonne beispielsweise kostet im Vollservice 361,67 Euro pro Jahr, im Teilservice nur 308,32 Euro, da wäre am Ende weniger Geld in der Kasse.

Was das „Betreten von Grundstücken zum Zwecke der Abfallentsorgung“ angeht, sei man gesetzlich abgesichert, etwa durch das Kreislaufwirtschaftsgesetz. Und die geschilderten Unregelmäßigkeiten beim Vollservice „nehmen die Stadt Köln und die AWB sehr ernst“, heißt es in der Stellungnahme der AWB: „Hierzu ist anzumerken, dass durch die besondere Situation in den letzten Jahren, speziell durch die Corona-Pandemie und den damit verbundenen hohen Krankenstand sowie den allgemeinen Fachkräftemangel, eine angespannte Personalsituation entstand.“

Redakteur/in:

EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln

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