Merheim als erstes Kölner Veedel ausgezeichnet
Für Demenz sensibilisieren
Merheim wurde jüngst als erstes Kölner Veedel als „Demenzfreundlicher Stadtteil“ ausgezeichnet. Für Betroffene vor Ort ist das eine große Hilfe. Doch es gibt noch viel zu tun, in ganz Köln.
von Hans-Willi Hermans
Merheim. Gäste gibt’s, die bieten im Restaurant ein horrendes Trinkgeld an, aber auch ältere Bankkunden, die in kurzen Abständen höhere Beträge abheben. Auch beim Lebensmittel-Einkauf ist zuweilen auffälliges Verhalten zu beobachten: „Wir hatten hier schon eine ältere Dame, die zwei- oder dreimal am selben Tag kam, um Butter zu kaufen“, erzählte Ahmed Sahli, stellvertretender Leiter des Edeka-Markts in der Olpener Straße.
Viel ist schon gewonnen, wenn das Personal in den Läden oder Einrichtungen des Dienstleistungsbereichs darin Symptome einer Altersdemenz erkennt und sich entsprechend verhält. Das ist längst keine Selbstverständlichkeit, deshalb hatte das Demenznetz des Bezirks Kalk in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 in Merheim ein Projekt zur Sensibilisierung von Ladeninhabern und Mitarbeitern durchgeführt, an dem sich unter anderem der Edeka-Markt beteiligte. Dafür erhielt er nun die stadtweit erste Plakette mit der Auszeichnung „Demenzfreundlicher Stadtteil“.
„Wir möchten erreichen, dass sich an Demenz erkrankte Menschen nicht nur an speziellen, für sie geschaffenen Orten aufhalten, sondern sich frei in ihrer Wohnumgebung bewegen können“, beschreibt Heike Klein, Leiterin der Ambulanten Dienste im Brücker St. Vinzenzhaus, das Ziel des Projekts „Auf dem Weg zu einem Demenzfreundlichen Stadtteil“. Klein ist ebenso Mitglied im Kalker Demenznetz wie Vertreterin der Kalker Seniorenvertretung, verschiedener Beratungsstellen, der Kirchengemeinden, der Stadtverwaltung und des Landschaftsverbands.
Im Rahmen des Projekts fragten 30 Studenten der Katholischen Hochschule bei 53 Einzelhändlern und Dienstleistern in Merheim nach, welche Erfahrungen sie beim Umgang mit an Demenz erkrankten Kunden gemacht hätten, und ob Bedarf an Hilfestellungen bestehe. Neun der Befragten antworteten und nahmen an einer eineinhalbstündigen Schulung teil, bei der Wissen über die Krankheit vermittelt und der richtige Umgang mit den Kranken erprobt wurde.
In manchen Geschäften habe sich aber längst ein pragmatischer Umgang mit demenzkranken Kunden entwickelt, der im Alltag funktioniere. „In einigen Fällen stehen Geschäftsinhaber in Kontakt mit Angehörigen. Die begleichen die Rechnung, wenn ein älterer Herr oder eine ältere Dame mal den Laden verlässt, ohne zu zahlen.“
Für eine besonders aktive und engagierte Teilnahme an dem Projekt wird neben dem Edeka-Markt nun auch das Café Brehmer mit der Plakette ausgezeichnet. Dabei wird es allerdings wohl vorerst bleiben. Denn obwohl sich Bezirksbürgermeisterin Claudia Greven-Thürmer für eine Ausweitung des Befragungs-, Sensibilisierungs- und Schulungsprojekts auf andere Stadtteile aussprach, musste Stefanie Ersfeld vom Amt für Soziales, Arbeit und Senioren abwinken. „Dafür fehlen uns schlicht die personellen Ressourcen. Das Merheimer Projekt konnten wir nur mit Unterstützung der Hochschule durchführen.“
Immerhin sei das Projekt gut dokumentiert. Die Netzwerke in anderen Bezirken könnten dieses Papier nun anfordern, um die Situation der Betroffenen auch dort zu verbessern.
Redakteur/in:EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln |
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