Wenn Pferde in Not geraten
Seminar über Tierverhalten in Ausnahmesituationen
RATH/ HEUMAR - Immer wieder bringen sich Pferde in Notlagen, aus denen sie sich
nicht aus eigener Kraft befreien können. Das kann der Sturz in einen
Graben, Teich, Pool oder Bachlauf sein, aber auch das „Festlegen“
in der Box oder der Verkehrsunfall bei der Fahrt zum Turnier. Solche
Unfälle passieren nicht täglich, aber häufiger, als man denkt.
Wie groß das statistische Gefahrenpotenzial ist, wird angesichts
einiger Zahlen der Deutschen Reiterlichen Vereinigung deutlich: In
Deutschland gibt es knapp zwei Millionen Reiter und rund eine Million
Pferde und Ponys. Jährlich finden um die 4.000 Turniere statt, zu
denen Pferde über deutsche Straßen transportiert werden.
Wenn Pferde in eine Notlage geraten, lauern Gefahren von verschiedenen
Seiten. Die meisten Tiere reagieren bereits unter normalen Umständen
anders, als der Mensch es erwartet. In einer Stresssituation,
vielleicht sogar in Verbindung mit Schmerzen, ist das Risiko hoch,
dass das Pferd zur erheblichen Gefahr wird.
So wird ein Pferd als Fluchttier immer wieder versuchen, sich selbst
zu befreien und kann damit für sich, aber vor allem für Reiter,
Retter und andere, unbeteiligte Personen hochgefährlich werden. Nicht
zu vernachlässigen sind auch die Reaktionen von Tierbesitzern und
-freunden: Nach einer amerikanischen Studie (American Hospital
Association) würden 83 Prozent der Tierbesitzer Gesundheit oder gar
Leben riskieren, um ihrem Tier zu helfen. Die gute Absicht kann hier
schlimme Folgen haben.
In Videos sieht man, wie Reiter, aber auch Rettungskräfte beim
Versuch, sich dem hilflos im Graben liegenden Pferd zu näheren,
gefährlich nahe an rudernde Pferdebeine oder den um sich schlagenden
Kopf herankommen. Oft quälend lange mühen sie sich, meist ungeschult
und unzureichend ausgerüstet, aber hoch motiviert.
Solche Aktion können Stunden dauern; Stunden, in denen Menschen
gefährdet und dem Tier unnötige Schmerzen und Stress zugemutet
werden. Hier setzt die „Spezialtechnik Großtierrettung“ an und
vermittelt Wissen über Tierverhalten in Ausnahmesituationen sowie
Vorgehensweisen unter Einsatz einfacher aber wirkungsvoller
Rettungsmaterialien.
Reiter hatten auf der Reitanlage Burg Rath der Familie von Stein die
Chance, sich auf Unfallsituationen mit Pferd vorzubereiten. Referent
und Trainer war Lutz Hauch, Deutschlands einziger Zertifizierter
Großtierretter mit langjähriger Erfahrung als Pferdetrainer und
Berufsfeuerwehrmann. Er brachte seinen „Kollegen“ Sam mit, ein
lebensgroßer, 200 Kilogramm schwerer Pferdedummy mit beweglichen
Gelenken. Mit ihm ließen sich die Übungen beliebig oft wiederholen,
denn er nimmt Fehler, die beim Üben gemacht werden, nicht übel.
Die Veranstaltung bestand aus zwei Teilen. Sie begann mit einem
Seminar, in dem die theoretischen Grundlagen vermittelt wurden. Dazu
gehörten Einsatzstrategien, aber vor allem Informationen über die
Wahrnehmungen und Reaktionen von Tieren in Stresssituationen sowie die
sich daraus ergebenden Gefahren. Die Vermittlung erfolgte sehr
praxisnah mit Hilfe verschiedener Einsatzvideos an positiven und
negativen Einsatzbeispielen. An das Seminar an schloss sich der
Praxisworkshop an, in dem verschiedene Einsatzszenarien mit Sam geübt
wurden.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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