Umsiedlung
Auch das Jugendzentrum weicht dem Bagger

Gunter Glaser, Kreisgeschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes (Mitte), lobte Margarete Held-Gbane (3. v. li.), Leiterin des DRK Kinder- und Jugendzentrums, für ihre Arbeit. | Foto: Tafelski
  • Gunter Glaser, Kreisgeschäftsführer des Deutschen Roten Kreuzes (Mitte), lobte Margarete Held-Gbane (3. v. li.), Leiterin des DRK Kinder- und Jugendzentrums, für ihre Arbeit.
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Kerpen-Manheim-alt - Ein Haus, stets mit Leben gefüllt, muss den Baggerschaufeln weichen.
Mit dem DRK Kinder- und Jugendzentrum (JuZe) verschwindet auch das
letzte bunte Leben in Manheim-alt. Der kleine Ort wird spätestens
2022 von RWE weggebaggert. Nach Manheim-neu wird der Treffpunkt
verlagert.

Alles sieht nach einem gewöhnlichen Sommerfest aus. Die
Biertischgarnituren sind geputzt, aufgestellt und mit ersten Gästen
belegt. Auf der großen blauen Hüpfburg springen die Kleinen
fröhlich bis zur Erschöpfung. Einige Kinder lassen sich bunte
Schmetterlinge von den Jugendlichen am Schminktisch malen. Im
Getränkepavillon werden die Wasser- und Saftzapfhähne aufgedreht.
Später gibt es auch Bier für die Großen.

Doch der Anschein trügt. Es ist zwar ein Fest – aber ein
Abschiedsfest. Nach über 37 Jahren schließt das Jugendzentrum in
Manheim. Es muss den Baggern weichen wie alle anderen Gebäude,
Institutionen und vor allem Menschen. Vieles ist längst verlassen,
bereits von der Bildfläche verschwunden. Jetzt verschwindet auch das
letzte bunte Leben in Manheim-alt. Der kleine Ort muss spätestens
2022 dem Tagebau Hambach weichen.

„Heute ist offiziell Abschied, da in Manheim-neu das neue JuZe sein
wird. Für viele war es quasi eine Heimat. Eine Ära geht zu Ende,
eine neue geht los“, sagte Gunter Glaser, Kreisgeschäftsführer des
Deutschen Roten Kreuzes. Nicht ganz ohne Wehmut. Er kann sich an
unzählige Aktionen, Konzerte und vor allem an die gute alte Disko in
den 80-er Jahren im JuZe erinnern, als die Disko das Ereignis der
Jugendlichen war, die damals nicht so mobil waren wie die von heute.

Der coolste Fleck für die Kinder und Heranwachsenden im Ort war stets
mit Leben gefüllt: Wertschätzend und offen für alle, ein
Anlaufpunkt für junge Menschen mit vielfältigem Freizeitangebot -
von Gesellschaftsspielen, Sport und Billard bis hin zu Ausflügen,
Zelten und eigenen Konzertreihen. Viele haben erst im JuZe ein
Instrument spielen gelernt. Daraus sind Bands entstanden, die
teilweise heute noch existieren. Und wo gar ehemalige Betreuer
mitspielen. „Alles was wir gemeinsam gemacht haben, ob wir gebastelt
oder eine Veranstaltung vorbereitet haben, waren Highlights“,
betonte Magarete Held-Gbane, die das DRK Kinder- und Jugendzentrum
leitet.

Das Jugendzentrum ist mehr als ein Aufenthaltsort, wo man Spaß hat.
Es ist auch ein Ort, an dem man Hilfe bekommt. Die Atmosphäre ist
sehr familiär. Bis zu 100 Kinder und Jugendliche fanden sich in den
80ern an einzelnen Tagen zusammen. Heute sind es maximal 20 im Alter
von sechs bis 24 Jahren. Sie können werktags von 14.30 Uhr bis 20.30
Uhr kommen.

Wie in einer Familie gibt es neben einem harmonischen Miteinander auch
Herausforderung für das Zusammenleben. Als die Stadt Kerpen vor vier
Jahren Flüchtlinge in leerstehende Häuser der Umsiedler
einquartierte, waren das Jugendzentrum und Held-Gbane, die alle Maggi
nennen, wichtiger Anlaufpunkt für die Kinder und Jugendlichen. Nicht
nur weil WLAN und Kicker da waren. Vielmehr weil sie mit
Gleichaltrigen etwas unternehmen und die Betreuerin um Hilfe bei
Behördenschreiben und Sorgen bitten konnten. Ein Großteil der
Besucher besteht inzwischen aus Flüchtlingskindern. Stress zwischen
alteingesessenen Besuchern und den neuen gab es nicht. Nur die
üblichen Auseinandersetzungen wie in jeder Familie. Seit einigen
Monaten hat die Leiterin Unterstützung durch Matthias Servatius, der
eine halbe Stelle inne hat.

Ehemalige Juze-Besucher haben sich in einer Facebook-Gruppe
organisiert, um beim Abschiedsfest dabei zu sein, und einige davon, um
als Band aufzutreten. Als sie Maggi Held-Gbane in der Menschenmenge
entdecken, sind Freudenschreie und Umarmungen zu hören und zu sehen.
Es verbreitet sich eine glückselige Stimmung unter den Gästen, die
an diesem Tag nach und nach zueinander finden.

Zum Schluss gab es ordentlich was auf die Ohren. „Brex-it“ und
weitere Bands heizten dem Publikum kräftig ein. Nachdem der letzte
Gast von der Bank aufgestanden ist und der Getränkepavillon den
Ausschank geschlossen hat, konnten die Organisatoren und
Überraschungsgäste zufrieden nach Hause fahren. Sie blicken nicht
traurig zurück - sondern hoffnungsvoll nach vorne.

- Divna Tafelski

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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