"Rote Linie"
Proteste blieben friedlich

Bis hierher und nicht weiter: Mit Schildern und Bannern protestierten die Demonstranten bei der Aktion „Rote Linie“ gegen das weitere Verbrennen von Braunkohle.  | Foto: Führer
38Bilder
  • Bis hierher und nicht weiter: Mit Schildern und Bannern protestierten die Demonstranten bei der Aktion „Rote Linie“ gegen das weitere Verbrennen von Braunkohle. 
  • Foto: Führer
  • hochgeladen von RAG - Redaktion

„Heimat- und Klimakiller“, „Energiewende sofort“,
„Tagebaue stoppen“ steht auf roten Schildern und Bannern. Bis
hierher und nicht weiter – das wollten die Demonstranten mit ihren
Botschaften ausdrücken. Bei der Aktion „Rote Linie“ bildete sich
eine Menschenkette zwischen Tagebau Hambach und dem Ort Manheim
entlang der alten A4. Zu der Demonstration, die sich gegen die Politik
der Bundesregierung und RWE richtete, hatten der Bund für Umwelt und
Naturschutz (BUND), Greenpeace, die Klima-Allianz Deutschland und der
Naturschutzbund Deutschland (NABU) aufgerufen. Die Aktion blieb
friedlich.

Kerpen-Manheim (mf). Rund 3000 Demonstranten sind gekommen, um
gegen das Verbrennen von Braunkohle zu protestieren. Schon von Weitem
sind sie in ihrer roten Kleidung als symbolische rote Linie zu
erkennen. „Wir wollen ein buntes und friedliches Zeichen für den
Kohleausstieg setzen“, sagt Dirk Jansen, verantwortlich für die
Umwelt- und Naturschutzpolitik des BUND. Um die von der
Bundesregierung gesetzten Klimaziele zu erreichen, müssten drei
Viertel der Braunkohle im Boden bleiben, erklärt Jansen. Ein
Großaufgebot der Polizei begleitete die Aktion entlang der alten A4,
doch Ausschreitungen oder Gewalttätigkeiten blieben aus.
Währenddessen kam es jedoch an anderen Orten im Revier zu
Gleisbesetzungen und Besetzungen von Braunkohlebaggern.
Viele Protestierer kamen von außerhalb, aus dem Raum Aachen oder der
Landeshauptstadt Düsseldorf. Auch sind alle Bevölkerungsschichten
unter den Demonstranten vertreten. Die meisten stammen aus dem Umfeld
der Umweltschutzverbände. Doch auch Arbeitnehmer aus der Industrie
beteiligen sich am Protest. Mit dabei sind die Gewerkschafter für
Klimaschutz, eine 20 Mann starke Gruppe von Gewerkschaftsmitgliedern
von Verdi, der IG Metall, der IG Bau und der GEW. „Auch wir aus der
Industrie wollen uns dafür einsetzen die Klimaerwärmung
aufzuhalten“, sagt Gewerkschafter Helmut Born.
Aber auch prominente Grünen- Politiker, wie Anton Hofreiter und Cem
Özdemir, haben sich unter die Demonstranten im reinischen Revier
gemischt. Die Anzahl derjenigen, die aus den umliegenden Dörfern
angereist sind, um gegen die Kohle zu protestieren, ist allerdings
gering. „Ich vermute, dass die meisten hier zu oft mit solchen
Protesten zu tun haben. Außerdem ist RWE in der Region ein großer
Arbeitgeber“, sagt Stephanie Theiß vom Patenkreis Manheim. Theiß
schloss sich mit zehn Migrantenkindern dem Protest an, um auf die
Gefahr durch den Feinstaub aus den Kraftwerken aufmerksam zu machen.
Doch die Demonstranten sorgten sich nicht nur um die Klimaerwärmung
und Feinstaub. Christian Grundei aus Buir verkleidete sich als Eiche,
um auf die Situation des Hambacher Forstes aufmerksam zu machen. Das
Gebiet zwischen Tagebau und Manheim gilt als der größte
zusammenhängende Eichen-Hainbuchenwald in der Region. „Es ist
einfach traurig, dass der Wald abgeforstet wird. Das müsste auch
nicht sein, Braunkohle ist meiner Meinung nach nicht
zukunftsfähig“, sagt der Buirer. Hinzu komme, dass mit
Springfrosch, Haselmaus und Bechsteinfledermaus gleich drei bedrohte
Tierarten im Hambacher Forst ansässig sind. Vor allem für die rund
90 Bechsteinfledermäuse gilt der Hambacher Forst als wichtiger
Rückzugsort. Die Umweltschützer vermuten, dass es sich um das
größte Vorkommen der Tiere in Europa handelt. 

Polizei zieht Bilanz

Die Polizei Aachen, die für Proteste im rheinischen Braunkohlenrevier
zuständig ist, befand sich am Wochenende und schon an den Tagen davor
im Großeinsatz.  Wie bereits im Vorfeld durch verschiedene
Aktionsbündnisse angekündigt worden war, kam es besonders am Freitag
und Samstag zu mehreren Blockadeaktionen. Darauf hatte sich die
Einsatzführung der Aachener Polizei eingestellt und entsprechende
Maßnahmen vorbereitet. 

Gleichwohl sei von Beginn an klar gewesen, dass eine komplette
Verhinderung sämtlicher Aktionen aufgrund der Dimensionen des
Einsatzraumes von mehr als 130 Kilometern Bahnstrecke, drei Tagebauen
mit über 90 Kilomnetern an Abbaukanten sowie fünf Kraftwerken nicht
realistisch sein würde. Szenarien, ähnlich denen der vergangenen
Jahre in der Lausitz und in Garzweiler, konnten jedoch verhindert
werden, bilanzierte die Einsatzführung der Aachener Polizei am
Sonntagabend.

Lediglich am Samstag erfolgte eine größere Aktion, als circa 1.000
Personen versuchten die Gleise der Nord- Süd- Bahn zu besetzen. Bis
in die frühen Abendstunden hinein blockierten circa 320 Personen das
Gleisbett, etwa 600 Personen konnten von der Polizei an diesem
Vorhaben gehindert werden. Sämtliche Blockaden auf den Bahngleisen
wurden durch die Polizei aufgelöst und Maßnahmen zur
Identitätsfeststellung durchgeführt. In wenigen Einzelfällen hätte
die Polizei bei der Auflösung der Blockaden Zwang anwenden müssen,
hieß es.

Am Sonntag nahmen die Einsatzkräfte noch 14 weitere Personen in
Gewahrsam, nachdem sich vier von ihnen morgens an ein Förderband im
Tagebau Hambach befestigt hatten. Zehn weitere bestiegen einen nicht
mehr betriebenen Bagger im Tagebau Garzweiler; ebenfalls am Morgen.
Diese Aktionen konnte die Polizei nach kurzer Zeit beenden. Nach
Abschluss der polizeilichen Maßnahmen wurden elf Personen wieder
entlassen. Für drei weitere Personen wurde jedoch durch richterliche
Entscheidung die Fortdauer der Ingewahrsamnahme angeordnet. 

Laut Angaben der Polizei wurde eine Demonstrantin verletzt und eine in
Gewahrsam genommene Person klagte über Unwohlsein. Sie wurde
vorsorglich in ein Krankenhaus gebracht. Sieben Beamtinnen und Beamte
erlitten Verletzungen. Bei den   Aktionen am Samstag sei es zu
gezielten Faustschlägen ins Gesicht gekommen, hierbei erlitt ein
Beamter einen Nasenbeinbruch.

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

28 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.