In Erinnerung an jüdische Schüler
Gymnasium Kreuzgasse arbeitet Vergangenheit auf
Innenstadt - (sw). Die Schüler des Gymnasiums Kreuzgasse (Vogelsanger Straße
1) bemühen sich die Erinnerung an die früheren jüdischen Schüler
der Schule zu bewahren. „Ich will nichts schön reden. An unserer
Schule wurden die jüdischen Schüler so schlecht behandelt, wie an
allen anderen Kölner Schulen auch“, erklärt die Geschichtslehrerin
Silke David, die das „Erinnerungskonzept“ entwickelt hat.
Mit dem Aufstieg des NS-Regimes waren Schulen gezwungen ihre
jüdischen Schüler der Schule zu verweisen. Am damaligen
Realgymnasium für Jungen waren das rund zehn Prozent der
Schülerschaft und über die Jahre insgesamt über 400 junge Menschen.
32 von ihnen wurden sogar durch das Regime in den Tod getrieben oder
begingen Selbstmord.
Auch wenn die Geschichte nicht ungeschehen gemacht werden kann, wollen
David und die Schüler die Schicksale nicht in Vergessenheit geraten
lassen. Bereits vor einigen Jahren hat sich David auf Spurensuche
begeben. „Ich habe mittlerweile Verbindungen in die ganze Welt“,
erzählt sie über ihre Suche nach Verwandten und Informationen zu den
früheren Schülern. „Auch im NS-Dokumentationszentrum habe ich
einiges über ein paar der Jungs herausfinden können und konnte durch
meine Recherche sogar einige Informationen selbst beisteuern.“
Seit mehreren Jahren gehört es zum Lehrplan, dass sich die Schüler
der Q1 und der neunten Klassen mit den Schicksalen von jeweils zwei
bis vier ehemaligen Schülern auseinandersetzen und sie genau
kennenlernen. „Es ist wichtig, dass wir die Jungs nicht als Opfer
sehen“, erläutert David die Idee der Projekttage. „Opfer ist man
nur im letzten Moment seines Lebens. Wir wollen uns aber mit dem Leben
der Menschen beschäftigen und erfahren, wer sie waren.“
Im neuesten Projekt beschäftigten sich die Schüler der neunten
Klassen mit dem Leben der Jungen Walter Klein, Carl Benjamin und Fritz
Kaufmann, die alle mit 15 Jahren von der Schule entlassen wurden, dann
zusammen in Amsterdam waren und alle im späteren Verlauf in
Konzentrationslager deportiert wurden, wo sie starben. Einen Tag lang
untersuchten die Schüler Materialien, die David über die drei
gefunden hatte. Dazu gehörten unter anderem Familienfotos, Briefe und
Postkarten. „Man kennt ja die Geschichte“, erzählen die beiden
Schülerinnen Lola und Johanna aus der Klasse 9d. „Aber mit den
Briefen und Bildern lernt man die Schüler kennen. Sie waren ja kaum
älter als wir heute sind, und wenn man so viel über sie weiß, kann
man sich gut vorstellen, wie sie sich gefühlt haben.“
Im April werden die Oberstufenschüler der Q1 ihr Projekt wieder mit
der Verlegung von „Stolpersteinen“ für die Schüler, deren Leben
sie aufgearbeitet haben, abschließen.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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