Suche nach Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg
Leben mit dem Krieg "unter uns"
Köln (ha). Auch wenn die Zeiten des Krieges in Deutschland der Vergangenheit angehören, bleiben die Auswirkungen bis heute spürbar. Als militärstrategisch wichtige Metropole gehörte Köln nach Ende der Kampfhandlungen im Frühjahr 1945 zu den am stärksten zerstörten Städten Deutschlands. Alleine die Altstadt rund um den Dom lag zu über 90 Prozent in Trümmern.
Nach Einschätzungen von Experten sind etwa 20 Prozent der abgeworfenen Bomben nicht oder nicht vollständig explodiert. Bis heute werden daher bei Bau- und Erdarbeiten im Stadtgebiet Blindgänger mitunter weniger als 50 Zentimeter unter der Oberfläche gefunden, die entschärft und entsorgt werden müssen. Damit verbunden sind neben den gefährlichen Bergungs- sowie Sprengaktionen aufwändige Koordinierungsarbeiten wie etwa die Suche nach den Objekten oder Evakuierungen ganzer Wohnblocks, die vom Ordnungsamt gesteuert werden.
Markus Kühlem, Isabel Ermert und Eva Kaiser vom Ordnungsamt berichteten über die Komplexität der Arbeiten sowie die Ergebnisse der letzten Jahre. Demnach steigen die Fallzahlen der Überprüfungen kontinuierlich an. 426 Fällen in 2008 stehen 1.833 Anträge in 2021 gegenüber. Dabei ergab sich alleine für 2021 eine Erhöhung um 32 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Gründe für den Anstieg sind unter anderem mit den städtischen Neubaugebieten verbunden, in deren Böden regelmäßig Kriegsrückstände geortet werden. Die Kosten für eine Entfernung gehen dabei teilweise auf die Bauherren über. Beteiligt an den Aufwendungen sind zudem das Land NRW oder der Bund.
Die Aufspürung der explosiven Materialien erfolgt mittels der Auswertung von Lufbildaufnahmen, ferromagnetischen Oberflächenüberprüfungen – die auf Eisen reagieren - sowie Rasterprüfungen im Umfeld von Verdachtspunkten. Insgesamt 107 sogenannte „Kampfmittelfunde“ verzeichnete das Ordnungsamt in den vergangenen drei Jahren. Nicht mit eingerechnet in die Statistik sind eine Vielzahl von „kleineren“, aber nicht minder kritischen Funden wie Munition, Granaten oder Stabbrandbomben.
Mit einer derzeitigen Stärke von lediglich 3,1 Stellen in ihrer Dienststelle im Kalk-Karree sind die Mitarbeiter*innen im Fachbereich „Kampfmittel“ zurzeit unterbesetzt. „Wir leisten alle Überstunden und müssen Prioritäten setzen. Die fehlenden Kräfte kompensieren wir auch mit Auszubildenden“, berichtete Markus Kühlem. „Wir bräuchten im Grunde circa zehn neue Stellen“, erklärte die Leiterin des Sachgebiets „Gefahrenabwehr“, Eva Kaiser. „Wir müssten pro Jahr 150-200 Ortstermine schaffen. Das geht aber nicht. Auch Corona hat uns da einen Strich durch die Rechnung gemacht. Mitunter müssen daher Baustellen stillgelegt werden“, verweist Markus Kühlem auf die Herausforderungen, die in den kommenden Jahren vor dem Team liegen, und wünscht sich dafür mehr Unterstützung. Eine Einschätzung, wie viele Tonnen Zerstörungskraft noch als stete Gefahrenquelle im Untergrund schlummern, will der Fachmann nicht abgeben. Das sei in Anbetracht der Mengen abgeworfenen Materials unmöglich.
Redakteur/in:Angelika Koenig aus Leichlingen |
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