Die Entwertung der Liebe
Premiere im metropol Theater: „Lieder über Lara“
Innenstadt - (ha) Volle Regale im Supermarkt, Sofortkredite für Jedermann, Glamour
an jeder Ecke – der schier unbegrenzte Zugriff auf Waren, Geld und
Selbstdarstellungsmöglichkeiten produziert auch überquellende
Müllcontainer, Verschuldung und die Verdrängung des Ichs. Im neuen
Musiktheaterstück von Constantin Höft und dem metropol Theater
öffnen sich die Abgründe der Wohlstandszivilisationen nicht – sie
betören schon lange mit geweitetem Schlund und versprechen mehr: Mehr
Spaß, mehr Rausch, mehr Sättigung. Doch der Preis für die
schmackhafte Kost ist hoch und kaum zu bezahlen, denn im digitalen
Zeitalter der überstrapazierten Selbstinszenierung werden Gefühle
nicht selten in virtuellen Tausendereinheiten in Umlauf gebracht und
der Liebe droht eine schleichende Entwertung. Unter der Regie von
Joseph Vicaire zeigt das Ensemble des metropol Theater (Eifelstraße
33) mit „Lieder über Lara“ eine moderne, dynamische Produktion
über die Inflation der Emotionen.
Die Freunde Louis und Justus geben sich darin zunächst der Freiheit
und den weiten Gefilden der Datingportale hin. Tinder und Co.
versprechen per Fingerwisch besten Flirtgenuß für die stets nach
neuen Treffen und Abenteuern der Zweisamkeit Ausschau haltenden Twens.
An eine feste Bindung denken die Beiden nicht. Das ändert sich, als
Lara auftaucht und Louis aus der Welt seiner Instant-Romanzen reißt.
Romantik, Tiefgründigkeit und Reflektionen über das Leben prallen
auf die oberflächlichen Verhaltensmuster des jungen Mannes und
stellen dessen Weltsicht in Frage.
Das bei allem Ernst des Sujets auch die Unterhaltung ihren Platz in
der Inszenierung findet, spricht für die Vielschichtigkeit der rund
90-minütigen Produktion, die zwischen Tragödie, Komödie und
selbstironischer Revue pendelt. Neben dem jungen, den Zeitgeist
repräsentierenden sechsköpfigen Ensemble um Jonas Herkenhoff (Louis)
und Leonie Renée Klein (Lara) erweitert Rapper CONNY die
Sinnlichkeitsebenen des Stücks mit einem Soundtrack der poetischen
Desillusion über das (noch) größte aller Gefühle in
Live-Darbietungen.
Mit „Lieder über Lara“ gelingt der Spielstätte ein sensibles
Ausrufezeichen gegen die Degradierung von Liebe zur Befriedigung des
Egos.
Weitere Vorstellungen sind zu sehen am 8./ 9./ 29. und 30. Oktober.
Kartenreservierung unter Telefon 0221/ 321792. Informationen über den
aktuellen Spielplan finden sich unter www.metropol-theater-koeln.de
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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