Bundestagswahl vier Tage vor Weiberfastnacht
Alaaf, de Wahl kütt!
Die frühesten Bundestagswahlen der Geschichte fanden 1987 am 25. Januar statt. Ansonsten lag der Wahltermin mit wenigen Ausnahmen immer im Herbst. Nach dem Ende der Ampel wird 2025 höchstwahrscheinlich am 23. Februar gewählt. Vier Tage vor Weiberfastnacht – mitten zwischen Kölsch und Konfetti. Klappt das, Köln?
von Holger Bienert
und Alexander Kuffner
Köln. Die vorgezogene Wahl setzt Parteien und die Stadt unter Zeitdruck. Eine Wahl muss zuverlässig vorbereitet werden. Das Desaster in Berlin, wo am 11. Februar 2024 in 455 Wahlbezirken die Wahl zum Deutschen Bundestag 2021 wiederholt werden musste, ist noch in guter Erinnerung. Und gerade für Köln ergeben sich durch den Karneval noch mal ein paar ganz spezielle Probleme. Denn: In Hallen und Räumen, die sonst als Wahllokale genutzt werden, wird gefeiert!
Ein konkretes Beispiel: die Ildefons-Herwegen-Schule in Junkersdorf. Dort steigt die Prunk- und Kostümsitzung der „Großen Junkersdorfer KG“, eine Veranstaltung, die Presseprecher Dr. Reiner Selbach als „Lebensgrundlage“ der Gesellschaft bezeichnet und die sich auch nicht mehr verschieben lässt. Mehrere übliche Wahllokale sind in das Konzept der Veranstaltung eingebunden und werden genutzt fürs Catering, Aftershow-Party und Garderobe. Man hänge nun in der Luft, so Selbach. Am 25. November sei ein klärendes Gespräch mit der Stadt angesetzt.
Und die Terminkollision mit der Prunksitzung der Großen Junkersdorfer wird nicht die einzige sein. „Überschneidungen mit anderen bereits genehmigten Veranstaltungen werden aktuell geprüft“, teilt Robert Baumanns, Sprecher der Stadt Köln, auf Anfrage mit. Die genauen Standorte der Wahllokale stehen laut Baumanns noch nicht fest. Zudem muss die Stadtverwaltung für die Auszählung der Briefwahl noch einen geeigneten Standort finden und anmieten.
Zügig angehen werde die Stadt laut dem Sprecher auch die Rekrutierung und Schulung von Wahlhelfern. Hierfür werden 8500 Bürger gesucht. Dabei setzt die Stadt auf Freiwilligkeit und bereitet eine Kampagne vor, damit sich genug Helfer finden. Und das in der Karnevalszeit? Wenn das nicht klappt, hat die Stadt das Recht der Zwangsverpflichtung von städtischen Mitarbeitern und Bürgern als Wahlhelfer.
Zügig handeln müssen auch die Klein- und Kleinstparteien, die über deutlich geringere Ressourcen verfügen als die „Wahlkampfmaschinen“ der großen Parteien. Anders als die Etablierten müssen Parteien, die keine Mandate in Land- oder Bundestag haben, mindestens 200 Unterstützerunterschriften in ihrem Wahlkreis sammeln. Für Kleinstparteien ein logistischer Kraftakt.
Ein Beispiel: Volt. Die Partei, die im Kölner Stadtrat sitzt und bei der vergangenen Europa-Wahl fünf Sitze errang, gilt trotz ihrer jüngsten Erfolge als eine der sogenannten Kleinparteien. Stolperfallen gibt es vor der Teilnahme an der Bundestagswahl genug.
„Aufgrund des engen Zeitfensters müssen formale Fehler bei der Aufstellung der Listen unbedingt vermieden werden. Volt hat allerdings genug Erfahrung bei diesen Prozessen“, erklärt Markus Blümke, NRW-Landesvorsitzender von Volt.
Es sei generell für die demokratische Vielfalt wichtig, dass auch kleine Parteien die Chance bekommen, teilzunehmen. Und natürlich genug Zeit bekommen, ein entsprechendes Angebot für die Wähler vorbereiten zu können, so Blümke. „Volt hat sich bereits seit einigen Wochen auf dieses Szenario vorbereitet, sodass wir gut aufgestellt sind. Einige Länder haben bereits Landeslisten gewählt. Volt NRW wird die Aufstellungsversammlung am 30. November in Siegen durchführen. Aufgrund unserer Präsenz in einigen Stadträten konnten wir lokale Kontakte nutzen bei der Suche.“ Und dabei einem möglichen Mangel an geeigneten Versammlungsorten in Köln aus dem Weg gehen. Anderen Parteien ist die Stadt Köln behilflich, wenn sie entsprechende Räumlichkeiten sucht.
Sechs Fragen an Kölns obersten Jeck
Herr Kuckelkorn, was halten Sie als Präsident des Festkomitees Kölner Karneval generell von einer Bundestagswahl am 23. Februar 2025, vier Tage vor Beginn der heißen Phase?
Der private Kuckelkorn freut sich, dass dann politisch wieder klare Verhältnisse hergestellt werden. Der Karnevalist Kuckelkorn sieht den Termin als Herausforderung und als Chance.
Wieso als Herausforderung?
Ich denke zum einen an die Redner, denen sich im Wahlkampf immer neue Herausforderungen bieten werden, um ihre Reden aktuell zu halten. Nicht erst nach der Amtseinführung von Präsident Trump wird es täglich eine Flut an Neuigkeiten aus der Politik geben. Das Gleiche gilt für die Persiflagewagen im Zoch. Eine Bundestagswahl eine Woche vor Rosenmontag und ihre Auswirkungen wollen natürlich auch von den Wagenbauern verarbeitet werden.
Wie aktuell ist der Zoch?
Für den Rosenmontagszug halten wir sicherlich noch ein, zwei Wagen zurück, die dann erst sehr kurzfristig gestaltet werden. Damit rechnen wir im Grunde jedes Jahr. Wir wollen so aktuell wie möglich sein und haben in der Vergangenheit auch schon Wagen über Nacht umgebaut und mit nasser Farbe durch den Zoch fahren lassen.
Welche Chancen sehen Sie?
Ich glaube, dass so mancher Wähler nach den Ereignissen der letzten Wochen und Monate ein wenig politikverdrossen ist und vielleicht darüber nachdenkt, gar nicht wählen zu gehen. Hier sehe ich die Chance: Auch der Karneval kann dazu aufrufen, dass die Jecken ihr Bürgerrecht wahrnehmen und zur Wahl gehen.
Denken Sie, dass die Wahlbeteiligung in Köln durch den Karneval leiden könnte?
Nein, da sehe ich kein Problem. Selbst wer intensiv feiert, wird in der Lage sein, kurz ein Wahllokal zu besuchen. Ich glaube aber, dass es in Köln eine recht hohe Beteiligung an der Briefwahl geben wird. Ich bin übrigens auch zuversichtlich, dass sich genügend Wahlhelfer finden lassen. Denn wer – wie die Kölner Karnevalisten – ehrenamtlich arbeitet, ist oft auch in mehreren Bereichen ehrenamtlich tätig und engagiert sich eben zum Beispiel auch als Wahlhelfer.
Fazit: Die Bundestagswahl ist für den Kölner Karneval kein Problem …?
Das ist sie nicht. Und andersherum auch nicht. Allerdings fände ich es nicht so schön, wenn die Bundestagswahl ab 2025 dann alle vier Jahre im Februar stattfinden würde. Aber bei den bisherigen vorgezogenen Neuwahlen ist der Termin später ja dann auch wieder in den September gerutscht.
Redakteur/in:EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln |
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