Mission endet nach 197 Tagen im All
"Astro-Alex" feiert Weihnachten mit der Familie
Alexander Gerst ist nach 197 Tagen im All und 195 an Bord der
Internationalen Raumstation ISS in den Morgenstunden des 20. Dezember
2018 gesund zur Erde zurückgekehrt:
Die Sojus MS-09 landete planmäßig um 6.02 Uhr Mitteleuropäischer
Zeit (MEZ) nahe Karaganda in der Steppe Kasachstans. Um 2.40 Uhr MEZ
hatte das Raumschiff mit dem deutschen ESA-Astronauten sowie der
NASA-Astronautin Serena Aunon-Chancellor und dem russischen
Kosmonauten Sergey Prokopjev die Raumstation verlassen, knapp
dreieinhalb Stunden später hatte die Crew der ISS-Expedition 57
wieder festen Boden unter den Füßen.
"Wir freuen uns sehr, dass Alexander Gerst gesund zur Erde
zurückgekehrt ist und seine Mission horizons so erfolgreich verlaufen
ist. Wir freuen uns auch, als DLR einen wichtigen Teil der Mission
vorbereitet und in den letzten sechs Monaten hautnah mit umgesetzt zu
haben - 40 der 65 europäischen Experimente stammen aus Deutschland
und mit dem Columbus-Kontrollzentrum beim DLR in Oberpfaffenhofen und
dem raumfahrtmedizinischen Zentrum :envihab an unserem Standort in
Köln sind wir Teil des Mission-Teams am Boden und haben Alexander
Gerst nach Kräften unterstützt", sagt Prof. Pascale Ehrenfreund,
Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt
(DLR).
Erfolgreiche Forschung im All
Nach "Blue Dot" 2014 war Alexander Gerst am 6. Juni 2018 vom
russischen Weltraumbahnhof in Baikonur (Kasachstan) zu seiner zweiten
Reise ins All aufgebrochen. Gerst hat dabei an rund 200 Experimenten
gearbeitet (Blue Dot: etwa 160), davon 65 ESA-Experimente, von denen
wiederum 41 aus Deutschland oder mit deutscher Beteiligung liefen. "Es
war eine sehr intensive, aber auch sehr erfolgreiche Mission", zieht
Volker Schmid, horizons-Missionsleiter im DLR, eine erste Bilanz:
"Alexander konnte alle geplanten Experimente und Arbeiten seiner
Mission erledigen, nur der Start des Photobioreaktors hat sich auf
März 2019 verschoben. Zudem waren einige Premieren dabei wie der
erste Einsatz von CIMON in Schwerelosigkeit, des in Deutschland
gebauten und entwickelten robotischen Assistenzsystems, das mit
künstlicher Intelligenz ausgestattet ist, und der Einsatz des
Fluoreszenzmikroskops FLUMIAS, das erstmals live die Biochemie in
Zellkulturen im All sichtbar machte".
Erster deutscher Kommandant auf der ISS
Darüber hinaus ist Gerst am 3. Oktober der erste deutsche und zweite
europäische Kommandant auf der ISS geworden und hatte nach dem
Sojus-Startabbruch am 11. Oktober die besondere Aufgabe, mit einer
verkleinerten Crew an Bord (drei statt sechs Astronauten) zwei Monate
lang - bis zur Ankunft der aktuellen ISS-Crew (Expedition 58) am 3.
Dezember 2018 - alle Aufgaben zu bewältigen. Wie schon 2014 versorgte
Alexander Gerst die Menschen auf der Erde regelmäßig mit teils
wunderschönen, teils erschreckenden Bildern der Erde aus 400
Kilometern Höhe, die uns einmal mehr zeigen, wie einzigartig, aber
auch verletzlich unser "Raumschiff" ist und dass Klimawandel und
Raubbau an Natur und Umwelt bereits tiefe Spuren hinterlassen haben.
Mit insgesamt zwölf so genannten ARISS-Calls mit Schulen und einem
Dutzend "Live-Calls" für Medien, Politik und interessierte
Öffentlichkeit in Deutschland war es Gerst auch vor diesem
Hintergrund ein starkes Anliegen, insbesondere Kinder und Jugendliche
für die Raumfahrt und wissenschaftlich-technische Fragen zu
interessieren und uns allen bewusst zu machen, dass unsere Zukunft auf
dem blauen Planeten in unseren eigenen Händen liegt.
Ankommen im :envihab in Köln
Nach seiner Landung am 20. Dezember 2018 zieht es Alexander Gerst
schnellstmöglich in die Heimat: Ein Spezialflugzeug der NASA bringt
ihn mit Zwischenstopp in Norwegen zum Köln-Bonner Flughafen. Nach
seiner Landung dort gegen 20.45 Uhr geht es für den 42-Jährigen auf
direktem Wege ins raumfahrtmedizinische Forschungszentrum :envihab
beim DLR in Köln, wo er die nächsten Tage gemeinsam von DLR und
Europäischem Astronautenzentrum (EAC) betreut wird. "Das :envihab
bietet ideale Bedingungen, um sich von den körperlichen Strapazen
eines langen Weltraumaufenthalts zu erholen. Hier werden die
Astronauten von einem eingespielten, hochspezialisierten Team betreut,
das über die notwendigen Labore und modernste medizinische Anlagen
verfügt", betont Prof. Jens Jordan, Leiter des DLR-Instituts für
Luft- und Raumfahrtmedizin. Bereits vier europäische Astronauten
haben sich hier in den ersten Wochen nach ihrem Allaufenthalt unter
der Aufsicht von Raumfahrtmedizinern wieder an die Bedingungen auf der
Erde angepasst, so auch Alexander Gerst nach seinem ersten Flug 2014.
Das Ärzte- und Wissenschaftler-Team wird Gerst - mit Ausnahme der
Weihnachtsfeiertage, so es sein Zustand zulässt - die kommenden zwei
Wochen rund um die Uhr betreuen und Untersuchungen im Auftrag der ESA,
NASA und anderen Weltraumagenturen durchführen. Unter anderem prüfen
die Wissenschaftler anhand von Blut- und Speichelproben, wie sich sein
Immunsystem durch den Aufenthalt im All verändert hat. Um die
Auswirkungen auf die Muskelfunktionstätigkeit zu untersuchen, werden
außerdem Tonus, Elastizität und Steifigkeit der Muskeln gemessen.
Viele medizinische Tests wie zum Beispiel MRT-Messungen, EKG,
Fitness-Tests und Augenuntersuchungen wurden bereits vor und während
der Mission durchgeführt. Mit exakt den gleichen Messgeräten wie im
All werden sie nun auf der Erde fortgesetzt und liefern den Forschern
Daten, mit denen sie die Veränderungen durch den ISS-Aufenthalt
erfassen können.
Betreuung aus dem Deutschen Raumfahrtkontrollzentrum
Über 3000-mal umrundete Alexander Gerst die Erde während seiner
horizons-Mission. Wenn er oder seine Astronautenkollegen in dieser
Zeit im europäischen Forschungslabor Columbus an Experimenten
arbeiteten, standen sie in engem Austausch mit dem
Columbus-Kontrollzentrum (Col-CC) im Deutschen
Raumfahrtkontrollzentrum des DLR in Oberpfaffenhofen. Marius Bach war
als Flugdirektor für die Planung und den richtigen Ablauf der
Experimente verantwortlich. "Wir freuen uns, dass Alex so viele
deutsche und auch internationale Experimente erfolgreich durchführen
konnte. Insgesamt hat er fast alle 100 Stunden Experimentzeit für den
europäischen Teil seiner Mission abarbeiten können."
Mit einem Team von 50 Mitarbeitern sorgte das Col-CC rund um die Uhr
dafür, dass die Astronauten im Columbus-Labor die richtigen
Bedingungen vorfanden. Jeden Dienstag haben Marius Bach und seine
Kollegen direkt mit dem Astronauten die Arbeiten im
Columbus-Forschungslabor abgesprochen. Neben einer effizienten Planung
mussten Bach und nach dem routinemäßigen Wechsel ab Mitte September
auch seine Nachfolgerin Laura Zanardini dafür sorgen, dass der
Astronaut seine Kräfte richtig einteilen konnte: "Alex ist dafür
bekannt, dass er sehr sorgfältig arbeitet, deshalb wurde er von der
ESA und auch der NASA oft für komplexe Aufgaben angefragt. Unsere
Aufgabe war es immer wieder sicherzustellen, dass er in den Tagen
danach auch seine Ruhephasen bekommt und einhält."
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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