Die Domstadt und die Raumfahrt
Dat ALL es Kölle ...
von Alexander Kuffner
Köln. Wir Kölner können All! Das war schon zu Zeiten der Mondlandung so und ist heute nicht anders. Auf dieser Seite hat „EXPRESS – Die Woche“ ein paar Beweise dafür gesammelt.
Und das sind bei Weitem nicht die einzigen. Nicht zu vergessen natürlich auch Alexander Gerst, „unser“ Kölner Kommandant der Internationalen Raumstation. Aktuell ist Samantha Cristoforetti der Boss auf der ISS. Sie lebt – immerhin – in Siegburg. Doch folgen Sie uns nun in unendliche Weiten, die die Menschheit im Übrigen bald ganz neu erforschen möchte. Und dabei wird auch Technologie aus Köln eine Rolle spielen. Aber lesen Sie selbst …
Shuttle flog über‘n Dom
Wir schreiben das Jahr 1983. Der 20. Mai, ein grauer, verregneter Pfingstsamstag, beginnt mit einem Verkehrschaos rund um den Flughafen. Kein Wunder: Am Nachmittag fliegt die Raumfähre „Enterprise“, festgeschnallt auf dem Rücken einer Boeing 747, ein.
Sie kommt vom Luftwaffenstützpunkt Edwards bei Los Angeles, Kalifornien. Köln ist erste Station auf ihrer Europareise. Kurz nach 16.30 Uhr schwebt der „größte Doppeldecker der Welt“ über Niehl. Dann geht es am Dom vorbei über den Rhein. Bevor die Boeing landet, zieht sie eine zweite weite Schleife über der Stadt.
Um 16.59 Uhr setzt das Flugzeug samt Raumfähre – zusammen 350 Tonnen schwer – mit qualmenden Reifen auf. Vorsichtig rollen 747 und Raumfähre auf die Parkposition. Die „Enterprise“ ist die erste flugfähige Raumfähre – weltraumfähig ist sie noch nicht. Auf sie folgen, voll funktionsfähig, „Challenger“, „Discovery“, „Atlantis“ und die „Endeavour“.
In Köln sind die Menschen begeistert von der „Enterprise“: Mehr als 300 000 strömen zum Flughafen, um sie von außen zu bestaunen. Köln/Bonn war übrigens – als einziger Flugplatz Deutschlands – einer von 60 Notlandeplätzen für die Space Shuttles weltweit.
Eben noch auf dem Mond und schon am Rhein
Es war ein kleiner Schritt für die Mondfahrer, aber ein großer für die Kölner: Vor genau 53 Jahren, am 12. Oktober 1969, betraten Neil Armstrong, Edwin E. („Buzz“) Aldrin und Michael Collins auf dem Flughafen Köln/Bonn kurz vor elf Uhr vormittags erstmals gemeinsam deutschen Boden. 83 Tage nachdem Armstrong und Aldrin ihre Füße auf den Mond gesetzt hatten. Für Aldrin und Collins war es nicht der erste Aufenthalt in Deutschland. Vor ihrer Zeit als Astronauten dienten beide auf dem US-Militärflugplatz in Bitburg/Eifel. Zwei Kinder Aldrins, des zweiten Manns auf dem Mond, sind sogar gebürtige Eifeler.
Natürlich riefen die Kölner „Kamelle, Kamelle!“, als der Autokorso vom Airport Richtung Altstadt rollte. Und es riefen viele: In ihrem offenen Mercedes 600 gab es für die dauerwinkenden Astronauten zeitweise fast kein Durchkommen mehr. Im Rathaus trugen sie sich ins Goldene Buch der Stadt ein.
Danach ging es nach Bonn: Ein Besuch im Kanzleramt stand auf dem Programm. So konnte Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU) ein letztes Mal sehr ranghohe Gäste empfangen, bevor er sein Amt elf Tage später an Willy Brandt (SPD) abgeben musste. Auch Bundespräsident Gustav Heinemann freute sich über eine Stippvisite der Astronauten, die sich anschließend noch ausgiebig den Fragen der Presse stellten.
Als Apollo 11 landete, blickten alle nach Köln
Die erste Mondlandung war damals das größte Medienereignis in Deutschland und weltweit. In der ARD wurde es durch eine nie da gewesene 27-stündige Live-Sendung begleitet. Auch wenn zeitweise nicht wirklich viel passierte, hingen die Fernsehzuschauer an den Lippen des Moderators Günter Siefarth, dem viele Experten zur Seite saßen.
So konnten schließlich auch hierzulande die ersten Schritte der Menschheit auf dem Erdtrabanten live mitverfolgt werden. Der Sendemarathon der ARD wurde vom WDR in Köln produziert. Man hatte sogar die Mondlandefähre nachgebaut, um die rund 384 000 Kilometer entfernten Abläufe genau erklären zu können. All das geschah im WDR-Studio am Kölner Wallrafplatz unweit des Doms. Heute wird darin das ARD Morgenmagazin produziert.
Die Höhepunkte der legendären Sendung aus dem Sommer 1969, darin die Mondlandung selbst, kann man sich hier anschauen: youtu.be/tfZLFZoQ6Bg
Mondpuppen aus Köln
Artemis I ist die mächtigste Weltraumrakete, die je gebaut wurde. Sie soll 50 Jahre nach dem letzten Flug zum Mond ein neues Kapitel der Raumfahrt eröffnen. Eigentlich wäre sie auch längst gestartet, doch technische Probleme und Stürme hielten sie bislang am Boden. Den nächsten Startversuch von Cape Canaveral in Florida/USA aus wird die NASA frühestens Mitte November ansetzen. Kein Problem für die kölschen Raumfahrer in der Besatzungskapsel Orion, denn die sind geduldig: es handelt sich um Puppen!
Die beiden wurden auf die Namen Helga und Zohar getauft und für die erste unbemannte Artemis-Mission vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Köln-Wahn erdacht und erbaut. Sie sollen die Strahlenbelastung messen, der Menschen im All ausgesetzt sind. Dafür enthalten beide mehr als 10 000 passive Sensoren und 34 aktive Strahlungsdetektoren.
In der Orion-Kapsel fliegen sie 42 Tage lang zum und rund um den Mond. 2024 soll Artemis 2 vier „echte“ Astronauten in den Mondorbit bringen. 2025 sollen dann mit Artemis 3 nach über einem halben Jahrhundert wieder Menschen auf dem Mond landen.
Die weiteren Missionen bauen im Anschluss eine dauerhafte Station in der Mondumlaufbahn auf. Ähnlich der ISS, nur bedeutend kleiner. So ist die Suche nach Treibstoffkomponenten auf der Oberfläche des Mondes bequemer möglich. Denn schließlich sollen NASA-Astronauten von der Mondstation aus in den 2030er-Jahren den Mars erobern.
Redakteur/in:EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln |
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