„Pretiosa“, „Speciosa“ und „Dicker Pitter“
Die elf Glocken des Kölner Doms
Köln - (as). „...Während der Abendmesse schlief ein Chorknabe im
Kölner Dom ein. Als er in der Nacht aufwachte, war der Dom bereits
abgeschlossen, und so musste der Junge dort bis zum Morgen ausharren.
Punkt Mitternacht ertönte ein Messglöckchen und ein Priester
erschien, der offensichtlich Messe halten wollte. Da kein Messdiener
kam, diente der Chorknabe dem Priester. Im Anschluss an die Messe
dankte der Priester Gott, dass er nunmehr erlöst sei und eröffnete
dem Chorknaben, dass er bereits hundert Jahre auf ihn gewartet habe.
Fortan wurde der Chorknabe vom Glück nicht mehr verlassen. Er wurde
später Domküster und starb erst in hohem Alter.“ So die Legende
vom schläfrigen Chorknaben.
Ob der schläfrige Knabe vielleicht nicht auch vom Läuten der
„Angelusglocke“ geweckt wurde, ist nicht überliefert. Sie wurde
im Jahre 1322 mit dem Schlagton „gis“ gegossen und ist laut Jörg
Sperner, dem Assistenten des Dombaumeisters die älteste Glocke des
Kölner Doms. „Aktuell werden im Dom elf Glocken genutzt. Die acht
großen Glocken, zu denen die „Pretiosa“, lateinisch für
„kostbar“, die „Speciosa“, lateinisch für „die Schöne“,
die „Dreikönigenglocke“, die „Ursulaglocke“, die
„Josephsglocke“, die „Kapitelsglocke“ (1911), die
„Aveglocke“ und die „Petersglocke“ gehören, hängen in 53
Metern Höhe, im Glockenstuhl des Südturms des Doms. Sie können bei
der Turmbesteigung besichtigt werden.
Die drei kleineren Glocken, die „Angelusglocke“, die
„Mettglocke“ und die „Wandlungsglocke“ befinden sich im
Vierungsturm des Domes“, erläutert Sperner. Mit einem Durchmesser
von 79 Zentimeter und einem Gewicht von 280 Kilogramm ist die im Jahre
1719 vom Kölner Glockengießer Antonius Cobelenz gegossene
„Mettglocke“ die kleinste Glocke im Kölner Dom.
„Angelusglocke“ und „Wandlungsglocke“ bilden das älteste,
klanglich aufeinander abgestimmte Geläute des Abendlandes.
„Die größte und die schwerste Glocke im Kölner Dom ist die „St.
Petersglocke“, von den Kölnern auch gerne liebevoll der „Dicke
Pitter“ genannt. Sie ist zugleich auch die größte freischwingende
Glocke der Welt.“ Die im Jahre 1923 von der Glockengießerei Ulrich
im thüringischen Apolda aus Bronze gegossene Glocke hat einen
Durchmesser von 3,22 und wiegt 24 Tonnen. Ihr typisches Läuten, das
die Kölner nur an hohen Fest- und Feiertagen in den Dom führt, hat
ein reines „c“ als Schlagton und ein „e“ als Oberton. „In
welchem Ton eine Glocke erklingt, wird durch viele Faktoren bestimmt.
So hängt es unter anderem auch von der Aufhängung des
Glockenklöppels ab und davon, an welcher Stelle dieser mit welcher
Wucht die Glocke trifft“, so Sperner weiter. Zurzeit ist der
„Dicke Pitter“ allerdings stumm. Nach einer Untersuchung des
Kompetenzzentrums für Glocken der Hochschule in Kempten hat der
„musikalische Fingerabdruck“ des „Dicken Pitters“ ergeben,
dass der Klöppel der Glocke nicht optimal schwingt. Darum erhält
die Glocke einen neuen Klöppel.
Bis zum Einbau des rund 600 Kilo schweren und circa drei Meter langen
neuen Klöppels, wird der „Dicke Pitter“ durch „Pretiosa“, die
zweitgrößte Glocke des Doms, vertreten.
„Heute werden alle elf Glocken elektronisch geläutet. Bis 1909
wurden die Glocken im Kölner Dom noch von Hand geläutet. So mussten
etwa zum Läuten der „Kaiserglocke“, die rund 27 Tonnen wog, 28
Kürassiere die 290 Stufen bis zum Glockenturm hochsteigen“,
erzählt Sperner.
Die „Kaiserglocke“ wurde im Jahre 1870 aus erbeuteten
französischen Bronzekanonen gegossen und war ein Geschenk von Kaiser
Wilhelm I. „Allerdings gefiel den Kölnern der Ton nicht. Kurz vor
Ende des ersten Weltkriegs, im Jahre 1918, wurde sie zerlegt und das
Metall zu Kriegszwecken weiterverwendet. Ihren Platz nahm der „Dicke
Pitter“ ein.“ Ihren Namen erhielt die Glocke nach dem Schutzpatron
des Kölner Doms, dem heiligen Petrus. Um die 3,20 Meter hohe und 3,22
Meter breite Glocke aufhängen zu können, baute man den Mittelpfeiler
des Hauptportals mitsamt der Maria-Statue aus. Der Transport in den
Glockenstuhl dauerte mehrere Wochen.
„Zur Christmette am heiligen Abend in diesem Jahr soll der „Dicke
Pitter“ dann wieder mit neuem Klöppel, wie in der Läuteordnung
für das Domgeläut bestimmt, läuten“, kündigte Sperner an.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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