Ein Besuch bei der DLRG
Einsatz-Code: „Person im Rhein“
Wenn die Sonne brennt und ganz Köln schwitzt... Wer braucht da schon das Mittelmeer, wenn er den Rhein vor der Haustüre hat. Nicht nur an der „Kölschen Riviera“ mit ihren Sandstränden gibt es jede Menge Möglichkeiten, in Köln dem kühlen Nass des Rheins nahe zu sein. Aber es ist ein lebensgefährliches Nass. Laut Susanne Hörle von der Berufsfeuerwehr Köln wurden seit Januar bis Juli 2024 bereits 16 Personen aus dem Rhein gerettet. An Kölner Seen hingegen gab es in diesem Zeitraum zwei Einsätze für die Feuerwehr.
von Angelika Stahl
Köln. Es ist Sonntag Nachmittag. Alexander Lustig, stellvertretender Bezirksleiter der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) und seine Kollegen sind schon einige Stunden im Dienst. Der Blick aus dem Fenster des DLRG Standortes am Rheinufer in Poll zeigt Menschen, die im Rhein nach Abkühlung suchen. Immer wieder treffen die Wasserretter bei ihren Patrouillenfahrten zwischen Rodenkirchen und der Kölner Altstadt Menschen, die im Rhein baden.
„Wie gefährlich der Fluss sein kann, zeigte sich erst vor wenigen Tagen. Da verunglückte ein 53 Jahre alter Passagier eines Sportbootes. Er war ins Wasser gefallen. Die zweistündige Suche, an der auch die DLRG mit Rettungsbooten und einer Drohne beteiligt war, blieb erfolglos“, mahnt Alexander Lustig. Wie alle seine Kolleginnen und Kollegen arbeitet er ehrenamtlich in seiner Freizeit beim DLRG. Hauptberuflich ist er Geschäftsführer einer Hausverwaltung.
„Ich habe in den 1970ern bei der DLRG schwimmen gelernt. Seit 1980 bin ich aktives Mitglied der DLRG“, erzählt der 54-Jährige. In dieser Zeit hat er schon einige Menschen gerettet oder war an deren Rettung etwa aus dem Fühlinger See beteiligt. „Leider ist es so, dass Personen, die wir auf die Gefahren des Badens im Rhein hinweisen, eher abweisend reagieren. Sie erkennen die Gefahren nicht oder ignorieren sie.“
Anfang August veröffentlichte die DLRG ihren Zwischenbericht. Danach kamen in den ersten sieben Monaten des Jahres in Deutschland mindestens 253 Menschen im Wasser zu Tode. Laut Statistik der DLRG sind seit Anfang Mai, dem Beginn der Badesaison 2024, in deutschen Gewässern 150 Menschen ertrunken. Allein 92 Personen verunglückten in deutschen Flüssen tödlich.
„Die strömenden Gewässer bergen die meisten Gefahren. Daher kann ich vom Schwimmen in Flüssen nur eindringlich abraten“, mahnt Ute Vogt, die Präsidentin des DLRG Bundesverbandes.
Nach Aussage von Alexander Lustig gibt es in Köln 100 aktive Rettungsschwimmerinnen und -schwimmer. Auf Anforderung unterstützen sie die Wasserrettung der Berufsfeuerwehr Köln.
„Alle Mitglieder der DLRG haben mindestens eine aktuelle Erste-Hilfe-Ausbildung“, erklärt Lustig. Im Zuge der Aus- und Weiterbildung erfolgt eine zweistufige, erweiterte Sanitätsausbildung. Damit nehmen er und die anderen Wasserretter auch First Responder-Einsätze (Ersthelfereinsätze) im Umfeld der Wachen am Rheinufer in Poll und am Fühlinger See für die Feuerwehr wahr.
„Ein generelles Badeverbot für den Rhein gibt es nicht“, erläutert Lustig. Der Rhein ist eine Bundeswasserstraße, danach obliegt es der Bundesregierung, ein Badeverbot festzulegen. Das ist aber nicht gegeben. „Das Bundeswasserstraßengesetz verbietet das Schwimmen nur in bestimmten Bereichen, wie etwa an Brücken, Schleusen, Werften oder Schiffsanlegern sowie einhundert Meter oberhalb und unterhalb von Hafeneinfahrten.“
Der Rhein birgt unterschiedliche Gefahren, wie Alexander Lustig und seine Mitstreiter aus den zahlreichen Einsätzen wissen. Zum einen hat er viele Strudel, die an der Wasseroberfläche nicht sichtbar sind.
Auf ihren Patrouillenfahrten stellen die Wasserretter immer wieder fest, dass viele Menschen diese starke Strömung des Rheins unterschätzen. „Selbst geübte Schwimmer kommen nicht dagegen an“, so Lustig. Hinzu komme, dass die großen Rheinschiffe beim Vorbeifahren einen gefährlichen Sog verursachen.
Das „Meeresrauschen“, das dabei kurzzeitig entsteht, wird am Ufer als „Ebbe“ und „Flut“ wahrgenommen. Geht das Wasser wieder zurück, verliert der Badende durch den Sog den Boden unter den Füßen. „Er wird vom Ufer weggezogen und unter Wasser gedrückt“, beschreibt Lustig. Besonders gefährlich ist diese Sogwirkung im Bereich zwischen den Buhnen – also den Landzungen die vom Ufer in den Rhein ragen, wie etwa in Rodenkirchen. „Aber gerade dort glauben sich viele Menschen irrtümlicherweise sicher.“
Daher lautet der Rat des erfahrenen Rettungsschwimmers: Nicht im Rhein baden. Geraten Sie in einen Strudel, bleiben Sie ruhig. Machen Sie durch lautes Rufen auf sich aufmerksam. Schwimmen Sie nicht gegen die Strömung an. Versuchen Sie, in einem Winkel von 90 Grad aus der Strömung zu kommen. Lassen Sie sich in Fließrichtung treiben, um so vielleicht in Ufernähe zu kommen.
Beobachten Sie eine Person in Not im Rhein, gilt: Springen Sie auf keinen Fall ins Wasser. Wählen Sie die 112. Behalten Sie die Person im Auge und das Handy am Ohr. Beschreiben Sie den Rettungskräften anhand von Rhein-Kilometermarkierung oder einem Ort, wo genau der Mensch sich in Gefahr befindet.
Die DLRG ist eine bundesweite, private Wasserrettungsorganisation. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen vor dem Ertrinken zu bewahren. Hierfür klären die ehrenamtlichen Aktiven über die Gefahren im Wasser auf, bringen Menschen das Schwimmen bei und bilden sie zu Rettungsschwimmern aus. Bundesweit hat die DLRG 42 000 Rettungsschwimmerinnen und -schwimmer. Infos: dlrg-koeln.de.
Redakteur/in:EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln |
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