Ein Friedenskind im Glück
Helga Pinar ist am 8. Mai 1945 geboren
Köln - Helga Angelika Pinar ist ein kölsches Mädchen, aber dennoch ist
sie nicht in Köln geboren. Am 8. Mai 2020 feiert sie ihren 75.
Geburtstag. Das Licht der Welt erblickte sie als Helga Klein in
Gerbstedt bei Eisleben im heutigen Sachsen-Anhalt am Tag der deutschen
Kapitulation zum Ende des Zweiten Weltkriegs. Ein anderes kölsches
Geburtstagskind vom 8. Mai 1945 ist ihr trotz jahrelanger Suche, auch
über die Medien, nicht bekannt.
Zur Geburt in einem Krankenhaus im damaligen Mitteldeutschland kam es
aufgrund der Evakuierung der Familie Klein von Köln nach Gerbstedt.
Mutter Bertha Klein und die ältere Schwester, ebenfalls mit dem Namen
Bertha, waren auf einem Bauernhof untergebracht. Vater Lukas Klein
befand sich in französischer Kriegsgefangenschaft und kam durch, weil
er kölsche Kochkünste beherrschte. Aus den Erinnerungen des von ihr
sehr verehrten Vaters berichtet Helga Pinar: „Der ist nur gerettet
worden, weil er Reibekuchen machen konnte.“ Seine mitgefangenen
Kameraden mussten nämlich Minen räumen, während Lukas Klein im
Küchendienst arbeitete und so die Gefangenschaft überlebte.
In der Stammkneipe ihres Vaters am Gladbacher Wall lernte Helga als
19-Jährige dann die Liebe ihres Lebens kennen. Den türkischen
Gastarbeiter Can Pinar. Helga Pinar berichtet: „Der hat um mich
gekämpft.“ Der Verehrer verstreute Rosen, drohte, von der
Hohenzollernbrücke zu springen, und sagte zu fünf Italienern, denen
die blonde Helga auch gut gefiel: „Das ist meine Bella.“ Einer
gegen Fünf, das imponierte der jungen Helga. Im Jahr des
Kennenlernens 1964 wurde dann auch geheiratet. Vater Lukas stand von
Anfang an zu seinem türkischen Schwiegersohn und sagte seiner
Tochter: „Kind, tu das, was du willst.“
„Ich komme besser mit Männern aus“, sagt das bekennende Vaterkind
in der Rückschau ihres Lebens. Drei Söhnen, David, Tim und Thomas,
hat sie das Leben geschenkt. „Aus allen ist was geworden“, freut
sich die stolze Mutter. Besonders hat sie darauf geachtet, dass ihre
Söhne internationale Namen tragen, damit sie nicht auf dem
Arbeitsmarkt als Türken diskriminiert werden. In der Enkelgeneration
gibt es mittlerweile fünf Nachfahren.
Seit fünf Jahren lebt die verwitwete Helga Pinar im Severinsviertel,
durch dessen Straßen sie mit ihrer Baskenmütze geht. Sie
fotografiert gerne und schreibt kleine Gedichte, zum Teil in freien
Rhythmen. In „Die Bühne des Lebens“ schreibt sie: „Lebe Deinen
Traum,/ stehe auf, fass mit an,/ schaue nach vorn und nicht
zurück.“
Redakteur/in:Michael Offizier aus Köln |
Kommentare