200 Jahre Kölner Karneval - Da simmer dabei!
Heute heißt es wieder "D'r Zoch kütt": Deutschlands größter Rosenmontagszug zieht durch Köln.
Er ist das Lebensgefühl einer ganzen Region: der Kölner Karneval! Seit 1823 ist er ein fester Bestandteil der kölschen Identität. 200 Jahre Fastelovend stehen für bunte Sessionen, unzählige Kostüme und noch mehr Kamelle, abertausende Sitzungen und die schönsten Karnevalszüge. Aber auch für eine Vielzahl an Gesellschaften und Vereinen, die alle einen Teil zu dem beitragen, was wir in der Domstadt vom 11.11. bis Aschermittwoch feiern.
Am heutigen "Rusemondag" heißt es wieder "D'r Zoch kütt", denn dann zieht der Rosenmontagszug – Deutschlands größter Karnevalszug – durch die "Stadt met K", der erstmals in der Geschichte des Kölner Karnevals den Rhein überquert. "200 Jahre Kölner Karneval". Da simmer dabei!
Rückblick auf 200 Jahre Karneval in Köln
Schluss mit lustig: Erst wurde Köln preußisch, dann organisierte die Oberschicht den Karneval neu. Prunk und Ordnung sollten die alte rheinische Anarchie ersticken – ein Rückblick auf 200 Jahre strukturierte Heiterkeit:
Nein, Bläck Fööss haben den Rosenmontagsumzug nicht erfunden. Die »nackten Füße« sind erst gute 50 Jahre alt – der Kölner Karneval wird in diesem Jahr genau 200.
Zwar waren die Rheinländer schon Jahrhunderte zuvor jeck, doch drohte der Karneval zu Beginn des 19. Jahrhunderts ernsthaft auszuarten. Was den Preußen, die Köln im Jahr 1815 in Besitz nahmen, überhaupt nicht gefiel. Um zu verhindern, dass die neuen Herren (wie zuvor die Franzosen) den Karneval verbieten, tat sich die Oberschicht der Stadt zusammen, um das Fest zu retten – und lenkte den Karneval in geordnete Bahnen.
Ordnung muss(te) sein
Fortan regierten (zumindest theoretisch) Ordnung und Würde – mit ernsten Mienen wacht das berühmte »Kölner Dreigestirn« (Prinz, Bauer, Jungfrau) über dem närrischen Treiben. Die Jungfrau wurde von Anfang an stets von einem Mann verkörpert. Bis die Nazis kamen und sich als Spaßverderber aufspielten: 1938 musste Paula Zapf den »Jungfrauen«–Part übernehmen, was den Kölner NS-Oberbürgermeister Karl Georg Schmidt sehr freute. Holprig-beglückt dichtete er: »Diesmal bist du kein verkappter Mann – solch Schönheit nur die Frau uns schenken kann.«
Sehr prunkvoll sah der Wagen des »Prinzen Carneval« schon im 19. Jahrhundert aus – gezogen wurden die Festwagen bis in die Fünfzigerjahre des 20. Jahrhunderts hinein von Pferden. Bevor der Prinz den Karnevalsthron erklomm, begnügten sich die Kölner mit ihrem »Helden Karneval«. Er sollte, so die Jecken-Reformer vor 200 Jahren, »die Erbärmlichkeit des gewöhnlichen Treibens aufgrund seines edlen Charakters« in die gewünschten Bahnen lenken. Geklappt hat das zum Glück nur bedingt – die rheinischen Frohnaturen ließen sich ihren Hang zur Anarchie einfach nicht nehmen.
»Echte Fründe ston zesamme«, so ein Song der Kölner Band Höhner – selbst wenn es regnet, stürmt oder schneit. Wegen schlechten Wetters fiel der Rosenmontagsumzug in den 200 Jahren Karneval genau einmal aus, nämlich 1868. Doch auch Kriege, Krisen und zuletzt Corona haben dem Karneval mehrfach den Garaus gemacht.
Karneval und Militär
Im Nationalsozialismus schalteten sich die Kölner Jecken freudig von selbst gleich, »Heil Hitler und Alaaf« tönte es durch die Gassen. Die braune Linientreue zeigte sich auch an der Gestaltung der Wagen.
1939 rollte der letzte Festwagen durch Köln, dann war Schluss. Auch nach Ende des Zweiten Weltkriegs herrschte noch bis 1948 Frohsinnsverbot – der US-Militärregierung war der Karneval nicht recht geheuer.
Im Februar 1949 startete nach einem Jahrzehnt der Abstinenz endlich wieder ein Rosenmontagsumzug. Karnevalshit der Saison: »Wir sind die Eingeborenen von Trizonesien«, ein Schlager über das Besatzungsregime in den drei Westzonen. Die großen Fragen der Zeit spielte bei allen Zügen eine Rolle. So wurde auf einem Wagen von 1954 die deutsche Wiederbewaffnung aufs Korn genommen.
Bützje und Spaß statt Politik
Nicht wegzudenken aus dem Kölner Karneval war jahrzehntelang das Eilemann Trio, bestehend aus Günter Eilemann, Willy Schweden und Charly Niedieck. Sie heizten den Jecken mit Songs wie »Sie will ja nach Sevilla« (1964) oder »Morgens Fango, abends Tango« (1976) ein.
Zumindest zwei Gruppen pfeifen allerdings beim Karneval auf die große Politik. Da wären zum einen die kölschseligen Verliebten und andere Bützwütige, die oft eigens zum Poussieren anreisen. Und zum anderen die Kinder, die einfach ihren Spaß haben möchten.
Vor allem ihnen und ihren Zahnärzten sei es vergönnt, dass es nach Coronapause und dem Kriegsschock von 2022 in diesem Jahr endlich mal wieder zentnerweise Kamelle regnet. "Kölle Alaaf!"
LeserReporter/in:Stefan Fohlen aus Köln | |
Webseite von Stefan Fohlen |
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