Schokoladenkonsum
Hey Kölle, du bist richtig süß
Ob als Tafel, als Croissant-Füllung, im Eisbällchen oder als Riegel: Die Kölner lieben Schokolade. Und das so sehr, dass man die Zahlen kaum glauben kann, die in einer „Schoko-Bilanz“ für die Domstadt gezogen werden.
Köln. Domstädter essen pro Jahr rund 10 200 Tonnen Schokolade – das entspricht fast 100 Tafeln reiner Schokolade pro Kopf. Darauf hat die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in einer „Schoko-Bilanz“ für Köln hingewiesen. Die NGG greift darin auf den bundesweiten Pro-Kopf-Verbrauch zurück, den der Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) berechnet hat. Er lag zuletzt bei 9,4 Kilogramm im Jahr.
Noch 2020 lag der Pro-Kopf-Verbrauch laut Statista.de „nur“ bei 9,1 Kilo Schokolade pro Jahr. Im Schnitt hat jeder also in den letzten Jahren noch ein paar Tafeln draufgepackt. Mit diesem Wert ist Deutschland im Übrigen ganz weit vorn: Im internationalen Vergleich liegt nur das Schoki-Land Schweiz noch vor uns (11,4 Kilo Pro-Kopf-Verbrauch jährlich). Die meisten europäischen Nachbarn sind da weitaus genügsamer. So essen zum Beispiel die Franzosen im Schnitt nur 3,6 Kilo pro Kopf und Jahr.
Für die Kölner Ernährungswissenschaftlerin Natalie Quagliata ist Schokolade nicht per se „böse“. „In Maßen genossen, gerade wenn sie einen hohen Kakaoanteil hat, stecken schon ein paar gute Stoffe darin“, so Quagliata. „Zum Beispiel ist die Aminosäure Tryptophan enthalten, welches das Glückshormon Serotonin beeinflusst. Weswegen wir auch in der kälteren und dunkleren Jahreszeit mehr Schokolade essen“, sagt die Expertin.
Dass der ohnehin schon hohe Schoki-Verbrauch der Kölner nochmals gestiegen ist, macht sie nicht zuletzt an der Pandemie fest. „Man war öfters zu Hause, brauchte Nervennahrung, wollte sich etwas gönnen.“ Aber: Wie bei allen Genussmitteln mache auch hier die Dosis das Gift.
In ihrer Ernährungsberatungsstelle „s-lust“ in Junkersdorf treffe sie immer wieder auf Menschen, die zu viele Süßigkeiten konsumieren. Quagliata: „Wenn gesunde, normalgewichtige Menschen pro Tag einen halben bis ganzen Riegel gute Schokolade essen, ist das sicher nicht tragisch.“ Doch wer sich ganze Tafeln beim Fernsehen gönne, tue nichts Gutes für seinen Körper.
Erst recht nicht, wenn Palmfett im Spiel sei. „Palmfett ist leider in einigen Schokoladenprodukten enthalten. Dabei ist es der reinste Horror für unsere Arterien, da könnte man auch gleich Maschinenöl schlucken“, warnt die Ökotrophologin. Die Champions League des Schokoladengenusses sei, wenn man ein Produkt ohne Palmfett, mit hohem Kakaoanteil und aus nachhaltiger Produktion wählen würde.
Gerade das Thema Nachhaltigkeit betont auch die NGG Region Köln. Deren Geschäftsführerin Manja Wiesner appelliert an die Verbraucherinnen und Verbraucher in der Region, beim Kauf darauf zu achten: „Wer zur Tafel mit dem Fair-Trade-Siegel greift, kann sicher sein, dass die Kakaobauern in den Herkunftsländern zu vernünftigen Konditionen arbeiten. Aber auch bei vielen anderen Schoko-Produkten – vom Kakao-Drink über den Schokoladenpudding bis zur Praline – hat sich in den letzten Jahren enorm viel getan.“
Wiesner verweist auf das „Forum Nachhaltiger Kakao“, in dem sich die Gewerkschaft NGG mit 80 Herstellern, Verbänden und Organisationen zusammengeschlossen hat. Die Initiative setzt sich seit zehn Jahren für die Abschaffung der Kinderarbeit, existenzsichernde Einkommen und einen Stopp der Entwaldung in den Produktionsländern ein. Der Anteil des Kakaos in Deutschland, der nachhaltig zertifiziert ist, stieg laut BDSI auf 79 Prozent im vergangenen Jahr an. Fünf Jahre zuvor waren es noch 45 Prozent.
„Schokolade gehört mittlerweile zu den Lebensmitteln, bei denen sich eine sozial- und umweltverträgliche Herkunft am besten nachvollziehen lässt“, so Wiesner. Dies sei auch mit Blick auf das Lieferkettengesetz wichtig, das ab 2023 gilt. Es zwingt größere Unternehmen dazu, Arbeits-, Menschenrechts- und Umweltstandards einzuhalten – vom Rohstoff bis zur Verpackung. (alk.)
Redakteur/in:EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln |
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