Ein Hotspot für Filmproduktionen
Köln als Kullisse
Köln hat sich in den vergangenen Jahren zu einem deutschen Film-Mekka entwickelt. Die MMC-Studios in Ossendorf genießen international einen hervorragenden Ruf. Dreharbeiten zu Hits wie „Die fabelhafte Welt der Amélie“ oder jüngst zu „Manta Manta: Zwoter Teil“ fanden dort statt. Aber wie findet man für Außenaufnahmen den richtigen Drehort? Um diese Aufgabe kümmern sich sogenannte Location-Scouts. Rüdiger Jordan ist einer von ihnen.
von Holger Bienert
Köln. Noch in diesem Jahr weilt Oscar-Preisträgerin Anne Hathaway zu Dreharbeiten in Köln. In den Ossendorfer MMC-Studios entstehen Aufnahmen zum Film „Mother Mary“. In der Stadtkulisse Köln, so viel steht fest, werden keine Dreharbeiten stattfinden. Ungewöhnlich wäre das allerdings nicht. Auf den Straßen der größten deutschen Medienstadt sind jeden Tag Filmteams unterwegs.
„In Köln finden sich Talent, Kreativität und das nötige Geld.“
Im vergangenen Jahr erteilte das Ordnungsamt der Stadt Köln 950 Genehmigungen. Tendenz: steigend. Die Pandemie ist auch im Filmgeschäft vorbei. Aber warum wird in Köln so viel gedreht? Das habe in erster Linie, so Rüdiger Jordan, einen aus künstlerischer Sicht eher profanen Grund: „Köln ist nicht nur ein Ort, an dem sich Talent und Kreativität zusammenfinden, sondern auch das nötige Geld vorhanden ist.“ Einfach gesagt: In der Domstadt haben viele Produktionsfirmen ihren Sitz. Dazu finden sich hier auch die Macher hinter der Kamera, wie Tontechniker, Beleuchter oder Set-Designer. Aufnahmen in der direkten Umgebung helfen also, die Produktionskosten günstig zu halten.
Allerdings kann es bei der Location-Suche schon mal herausfordernd werden. Immer dann, wenn in Köln ein Fleck gesucht wird, der auf der Leinwand als ein Ort in der Fremde durchgehen soll. „Eine Reihe von drei oder vier Häusern reicht in der Regel dafür aus“, so Rüdiger Jordan.
Bei einer Metropole musste Köln als Kulisse bisher passen. Für eine Produktion habe er den gewünschten „London-Straßenzug“ erst in Bonn gefunden. „Auch wenn Köln als Stadt sehr eigen und unverwechselbar ist, bieten sich hier viele Dreh-Möglichkeiten an.“
Ausgenommen sind von vornherein die unverwechselbaren Kölner Bauten wie die Hohenzollernbrücke. Die kämen in Filmen nur dann vor, wenn sie auch in Köln spielen würden, beispielsweise die Tatort-Reihe mit den Kölner Ermittlern Ballauf und Schenk, der Action-Film „Collide“ oder die Sönke Wortmann-Komödie „Der bewegte Mann“. Zudem schränkt das Ordnungsamt die Möglichkeiten ein. Der Roncalliplatz darf, ebenso wie das Domkloster, durch das unmittelbar angrenzende Weltkulturerbe „Kölner Dom“ nur sehr eingeschränkt genutzt werden.
Dagegen lassen sich andere Großstädte in Köln „doubeln“. Für die Erfolgsserie „Babylon Berlin“ wurde das Industriebahnmuseum in Longerich genutzt. Für den Skandal-Film „Antichrist“ von Lars von Trier war es die US-Metropole Seattle. Sogar Pseudo-Wälder der Rocky Mountains fand der Location-Scout im Kölner Umland, und zwar um Eitorf im Siegtal. Wie Rüdiger Jordan die Drehorte findet? Einzelheiten mag er gar nicht verraten. Berufsgeheimnis. Aber sobald er ein Drehbuch zugeschickt bekommt, meist drei Monate vor Dreh-Beginn, arbeitet er das Script auf mögliche Drehorte durch. Im Laufe der vergangenen 17 Jahre, in denen Jordan als Location-Scout arbeitet, hat er sich ein Netzwerk von Kontakten aufgebaut, wo gedreht werden kann.
Köln kann andere Großstädte „doubeln“, ausgenommen London.
Jordan: „Die Verantwortlichen des RheinEnergie-Stadions sind beispielweise sehr entgegenkommend. Da geht fast alles. Auf der Domplatte darf man dagegen nur mit einer Handkamera arbeiten. Stative oder Leuchtmittel dürfen erst gar nicht aufgebaut werden. Das macht Dreharbeiten mitunter schwieriger.“
Manchmal fallen auch potenzielle Drehorte weg, weil sie städteplanerisch entwickelt werden, wie das alte Industrie-Areal Carlswerk in Mülheim. Dafür werden neue in Betracht gezogen. Wie das Neven-DuMont-Haus in Niehl. Fast hätte es der Glaspalast an der Amsterdamer Straße in einen TV-Film des ZDF geschafft, als Zentrale eines fiktiven Energie-Unternehmens. Die moderne, technisch klare Architektur passe perfekt. Und ein halber Flur würde bereits ausreichen. Um einen Eindruck von den aufwendigen Filmarbeiten zu bekommen: An diesem einen Drehtag wären etwa sechzig Sekunden TV-Film entstanden, die es abschließend in die fertige Fassung geschafft hätten.
Letztendlich kam der Dreh im vergangenen April dann doch nicht zustande. Das komme vor und sei keine Seltenheit, sagt Jordan. Der richtige Drehort sei eben nur ein Puzzleteil der Arbeit, den Rest erledigt die Film-Crew: „Es macht wirklich Spaß, im fertigen Film zu sehen, was Kameraarbeit, Beleuchtung und Ausstattung aus der Location letztendlich gemacht haben.“
Ob Jordan einen Lieblings-Drehort in Köln hat? Im Grunde gebe das Drehbuch vor, welche Orte gescoutet werden sollen, so der Location-Scout. Stünden im Script nur neue Einfamilienhaus-Siedlungen, wäre Widdersdorf hoch im Kurs, bei Altbauten eher das Belgische Viertel. Wenn sich Jordan aber einmal einen Drehort aussuchen könnte? Es wäre jedenfalls nicht der Dom: „Ich würde gerne mal hinter alle Türen schauen, die mir bisher verschlossen blieben.“ Welche das wären, verrät er nicht. Berufsgeheimnis.
Einige Movies, made in Kölle
- 2023: Manta Manta Teil 2
- 2016: 55 Steps
- 2014: Collide
- 2013: Der Medicus
- 2012: Rush
- 2003: Das Wunder von Bern
- 2001: Die fabelhafte Welt der Amélie
- 2000: Der König tanzt
- 1998: Der Eisbär
- 1994: Der bewegte Mann
Redakteur/in:EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln |
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