Fußballer und Tapezierer
Nationalmannschaft mit Handicap vor der WM in Schweden

Alle Beteiligten sowie die Förderer und Freunde der Fußball-Nationalmannschaft mit geistigem Förderbedarf freuen sich auf die WM in Schweden und hoffen, auch dort jubeln zu können. | Foto: Düster
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  • Alle Beteiligten sowie die Förderer und Freunde der Fußball-Nationalmannschaft mit geistigem Förderbedarf freuen sich auf die WM in Schweden und hoffen, auch dort jubeln zu können.
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Köln - Es wird ein Abenteuer! Das ist jedem bewusst! Und das wird schon
beim Abschlusstraining am ­Geißbockheim deutlich! Aber: Die
Nationalmannschaft der Spieler mit intellektueller ­Beeinträchtigung
freut sich ­riesig auf die WM in Schweden!

Dass diese deutsche Fußball-Nationalmannschaft in nahezu allen
Belangen weit weg ist von Joachim Löws Nationalelf, zeigt sich am
Kölner Geißbockheim sehr schnell! Zwar herrscht am Trainingsplatz
auf dem Gelände des 1. FC Köln ein geschäftiges Treiben mit
TV-Kameras, Fotografen und Reportern, doch hier geht es tatsächlich
allen im (gemessen am stolzen DFB-Tross) überschaubaren Kreis der
Anwesenden um ­eine absolute Herzensangelegenheit. Denn Spieler und
Mannschaft sind „besonders“! Es handelt sich um Athleten mit
geistigem Förderbedarf, die vom Deutschen Behindertensportverband
e.V. (DBS) zur Fußball-Weltmeisterschaft nach Schweden geschickt
werden. Und das ist alles gar nicht so einfach, wie Cheftrainer
Willi­ Breuer verrät: „Wir haben 17 Spieler nominiert! Ein Spieler
hat uns erklärt, dass er nicht mit kann, weil er seine Wohnung
­tapezieren muss. Einer hat kurzfristig abgesagt, weil er dann doch
nicht wollte. Und heute hat uns noch ein Spieler hier in Köln
verlassen, weil ihm das alles zu viel wird! Jetzt starten wir also nur
noch mit 14 Mann in unser WM-Abenteuer!“

Zur Vorbereitung auf das große Turnier hat der Cheftrainer - im
­Gegensatz zu Löw - nur zwei Trainingseinheiten und ein Test­spiel.
Das ging zwar gegen die Sportfreunde Habbelrath-Gref­rath mit 5:3
verloren, doch es gibt dennoch Grund zur Hoffnung: Die Leistung war
gut, und Willi Breuer kennt die meisten „Jungs“ genau! Es sind
fast ­alles „Frechener“ Spieler! In Buschbell befindet sich
nämlich nicht nur die Geschäftsstelle des DBS, sondern auch das FLZ,
das Fußball-Leistungszent­rum der Gold-Kraemer-Stiftung. Die hat -
in Kooperation­ mit den Partnern Landschaftsverband Rhein­land
(LVR), den Gemeinnützigen Werkstätten Köln mbH (GWK), der
Bundesagentur für ­Arbeit und nicht zuletzt der Stiftung des 1. FC
Köln dafür gesorgt, dass professionelle Strukturen Einzug gehalten
haben - in den Sport, aber auch ins ­Leben der Spieler:

Eine „Elf“ aus dem FLZ - Toni Schumacher fliegt nach

„Das FLZ ist bundesweit einzigartig! Es ist ein alternatives
Bildungsangebot zu Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Mit
­regelmäßigen Pratika soll der Weg vom Fußball zum Berufs­leben
geebnet werden, und das ist schon zweimal gelungen: ­Sascha Mundorf
ist mittlerweile Greenkeeper hier beim 1. FC Köln und Michael
Buckesfeld arbeitet in einer ­Auto-Werkstatt“, fasst Johannes
Ruland, Vorstandsvorsitzender der Gold-Kraemer-Stiftung, zusammen.
Willi Breuer, der nicht nur Cheftrainer der Nationalmannschaft ist,
sondern auch Trainer im FLZ sowie der Bundesliga-Damen des FC, fügt
­hinzu: „An diesen Beispielen sieht man, dass der Sport vieles
leisten kann - der Fußball ist hier Mittel zum Zweck!“

Für den DBS ist die Kooperation mit der Gold-Kraemer-Stiftung, unter
deren Dach sie in Buschbell auch die Geschäftsstelle haben, ein
absoluter „Glücksfall“, wie Friedhelm Julius Beucher, der
Präsident des Behindertensportverbandes betont: „Mit der Stiftung
im Rücken können wir unsere Sportler professionell trainieren
lassen. Das gilt nicht nur für den Fußball, sondern beispielsweise
auch für das Dressurreiten, was sonst äußerst schwierig wäre! Für
uns ist diese Verbindung ideal!“ Kein Wunder also, dass eine ganze
„Elf“ aus dem „Frechener“ FLZ stammt! Der FC unterstützt das
Projekt ebenfalls mit seiner Stiftung: „Wir sorgen für die
Ausstattung und den Platz, doch das ist nicht so wichtig! Wichtig ist,
dass die Jungs durch den Fußball Teamplaying lernen!“ Und da geht
Toni Schumacher, der Vizepräsident des 1. FC Köln selbst mit gutem
Beispiel voran: „Ich werde Euch in Schweden bei einem Spiel besuchen
und Euch unterstützen“, versprach er dem begeisterten Team!

„Kein Mitleid, nur Respekt für die sportliche Leistung!“

Für Breuers Elf steht nach dem Flug am Freitag von Frankfurt nach
Karlstad schon am Sonntag das Eröffnungsspiel gegen Gastgeber
Schweden auf dem Plan. In der Vorrunde sind Argentinien, Frankreich
und Südafrika die weiteren Gegner.

„Wir wissen nicht, was uns erwartet, aber wir haben vollstes
Vertrauen in Willi Breuer und sein Team“, sagt Beucher, dem eines
besonders wichtig ist: „Wir wollen kein Mitleid für unsere
Sportler, nur Respekt für ihre sportliche Leistung. Das ist die
Triebfeder für unser Handeln!“ Und das lebt auch Willi Breuer, der
nach 15 Jahren Abs­tinenz 2017 noch einmal das Traineramt übernahm:
„Hoffentlich ähnlich erfolgreich wie Jupp Heynckes“, schmunzelt
der Cheftrainer, der dann ruhigen Gewissens das Zepter an seinen
Co-Trainer Malte Strahlendorf übergeben könnte!

Wie die WM für Deutschland läuft, steht unter
facebook.com/goldkraemerstiftung

Redakteur/in:

Düster Volker aus Erftstadt

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