Marode Kölner Sportstätten - Experten fordern:
„Tut das unseren Pänz nicht an!“
Zu viele Pänz in Deutschland bewegen sich zu wenig. Und zu dick sind sie auch noch: Rund 15 Prozent leiden unter Übergewicht und Adipositas. Die Ergebnisse des Kindergesundheitsberichts, der vor wenigen Wochen veröffentlicht wurde, lassen aufhorchen. In Schulen sowie Sportvereinen soll diesen Negativ-Trends entgegengewirkt werden. Doch in Köln lässt die marode Infrastruktur das laut Experten nicht hinreichend zu. Sie fordern die Verantwortlichen zum Handeln auf.
von Alexander Büge
Köln. Die derzeitige Lage an Kölner Schulen sei laut Ex-Stadtsportbundchef Peter Pfeifer jedenfalls nicht hinnehmbar. „Die Situation des Kölner Sports ist eine unerbittliche Katastrophe“, sagt Pfeifer, der beim Stadtsportbund seit einigen Wochen als kooptiertes Vorstandsmitglied fungiert. „Wenn Eltern Glück haben, sind ihre Kinder in der Woche eine Stunde lang beim Sportunterricht.“
Allerdings mangelt es nicht an qualifizierten Lehrern: Laut Kölner Bezirksregierung kommen am 1. Januar 2025 auf 282 ausgeschriebene Stellen 1315 Bewerbungen. Für den Regierungsbezirk Köln lasse sich somit feststellen, dass im Fach Sport grundsätzlich kein Mangel an Lehrkräften bestehe.
Gleichzeitig steht vielen Lehrern in Köln eine marode Infrastruktur zur Verfügung. „An unserer Schule sind wir zum Glück in der Situation, dass wir mehrere Hallen nutzen können, sodass der Sportunterricht in den allermeisten Fällen geregelt stattfinden kann. Aber ich kenne auch Schulen, wo der Sportunterricht vereinzelt auf dem Schulhof durchgeführt werden musste, da dort keine Halle zur Verfügung stand“, berichtet ein Kölner Lehrer, der namentlich nicht genannt werden möchte.
Zudem seien viele Hallen nur eingeschränkt nutzbar, unzureichend ausgestattet oder schlichtweg dreckig, wie Ute Ahn vom Turn Club Köln-Poll 1904 bestätigt. „In Köln herrschen teilweise desolate Zustände: Einige Sanitäranlagen können kaum genutzt werden. Außerdem sind Hallen vereinzelt nicht warm genug oder es fehlt die Beleuchtung“, sagt Ahn, die neben ihrer Vereinstätigkeit beim Vorstand des Stadtsportbunds als Beisitzerin tätig ist. „Dazu kommt, dass die Hallen insgesamt sehr verdreckt sind, was Menschen nicht unbedingt dazu einlädt, dort Sport zu treiben. Im gesamten Kölner Stadtgebiet gibt es also sehr viele Hallen, die dringend renoviert werden müssten.“
Sportunterricht nicht nur für den Körper wichtig
Dass darauf in der Vergangenheit nicht mehr Wert gelegt wurde, ist für Experten wie Fachkräfte nicht nachvollziehbar. Und zwar nicht nur, weil es den Pänz dadurch an Bewegung mangelt. „In keinem anderen Fach kann man den Gemeinschaftssinn einer Klasse so gut herausbilden wie im Sportunterricht. Es geht dabei also zu einem Großteil auch um eine Wertevermittlung, die für die Entwicklung von Persönlichkeiten enorm wichtig ist“, erklärt ein Kölner Lehrer. „Wenn der Sportunterricht wegfällt, ist dies also nicht nur wegen des Mangels an Bewegung schlecht für die Schüler.“
So stellt sich die Frage, wie man das Kölner Hallen-Desaster in den kommenden Monaten und Jahren zugunsten der Pänz in den Griff bekommen kann, zumal beim neuen Kölner Spar-Haushalt mögliche Investitionen genau geprüft werden. Beim Neubau von Schulen soll allerdings nicht gespart werden, wie Oberbürgermeisterin Henriette Reker bei ihrer Rede zum Haushalt versprach.
„Nie wieder dürfen wir zulassen, dass unsere Schulen durchweg so marode werden, wie sie es vor zehn Jahren waren.“ Der Respekt vor der Zukunft der Stadt gebiete zudem, dass alles dafür getan werde, um Kölner Kindern die besten Rahmenbedingungen zu bieten, so Reker. Tatsächlich wird Köln seine Investitionen in die Schulen im Jahr 2025 im Vergleich zum Vorjahr um etwa ein Drittel auf insgesamt 445 Millionen Euro erhöhen.
Inwiefern aber auch der Kölner Schulsport davon profitiert, ist unklar. Denn: Selbst neu gebaute Schulturnhallen wiesen aufgrund von fehlender Fachexpertise zuletzt grobe Mängel auf.
So wurde beispielsweise nach der Eröffnung des neuen Gebäudes der Janusz-Korczak-Schule in Poll schnell klar, dass die Basketballkörbe falsch hingen, Linien falsch gezogen wurden, Matten fehlten und Sportarten deshalb nur eingeschränkt durchgeführt werden konnten. „Leider ist das kein Einzelfall“, sagt Ute Ahn. „Auch generell fehlt in vielen Hallen die nötige Ausstattung.“
„Wir dürfen nicht mal eine Glühbirne auswechseln.“
Mängel in Eigenregie zu beseitigen, sei hingegen keine Option. „Wir dürfen noch nicht mal auf eine Leiter steigen und eine defekte Glühbirne wechseln. Deshalb hat es fast einen Monat gedauert, bis wir in einer Umkleidekabine wieder Licht hatten“, sagt ein Kölner Sportlehrer, der sich nicht nur deshalb ein deutlich schnelleres Agieren der zuständigen Gebäudewirtschaft wünscht. „Komplexere Angelegenheiten dauern entsprechend länger, da alles zunächst genau geprüft und anschließend ein entsprechender Antrag gestellt werden muss.“
Ein Vorgehen, das auch Pfeifer beklagt. „Bei der Gebäudewirtschaft hapert es an der Kommunikation. Dabei wurden in den letzten Jahren schon jede Menge Task-Forces gebildet.“ Man brauche in den Ämtern allerdings mehr Menschen, die sportaffin sind. Dies sei an den entscheidenden Stellen in Köln aber weiter nicht der Fall. Deshalb sei es zu der aktuellen Misere gekommen, was für ihn nach wie vor unverständlich sei. „Unsere Kinder sind das Wichtigste, was die Stadt Köln hat. Und Sport ist einer der wichtigsten Faktoren für die Entwicklung dieser Kinder. Aber das bekommt man in die Köpfe der Verantwortlichen einfach nicht hinein.“
Stadtsportbund-Vorstandsmitglied Peter Pfeifer: „Die Politik schwadroniert von
Olympia 2040, aber wer soll dann die Medaillen holen?“
Dass sich unter diesen Voraussetzungen in Köln künftig mehr Sportler für Profivereine oder gar einen Olympiakader entwickeln, scheint für Pfeifer illusorisch zu sein. „Wenn sich die Politik darüber aufregt, warum wir bei Olympia so wenige Medaillen holen, dann kann ich nur sagen: Sie selbst sorgen dafür. Sie schwadronieren von Olympia 2040, aber die Athleten, die dann Gold holen sollen, sind jetzt drei, vier, fünf oder sechs Jahre alt.“ Diese Kinder würden nun aber vom Sportunterricht ausgesperrt, durch kaputte, marode oder fehlende Hallen.
Damit sich die Situation künftig dauerhaft ändere, müssten sich nun Gruppierungen bilden und gemeinsam kontinuierlich auf das Thema aufmerksam machen. „Wenn es eine Initiative gibt, die sich für den Erhalt des Grüngürtels einsetzt, hören die Politiker sehr genau hin“, sagt Pfeifer. „Dementsprechend könnten Eltern ebenfalls eine solche Initiative starten, ihrem Nachwuchs dadurch eine Stimme geben und sagen: Tut das unseren Pänz nicht an!“ Denn hierbei gehe es um die bestmögliche Förderung der Kinder und somit auch um eine positive Weiterentwicklung der Kölner Gesellschaft.
Redakteur/in:EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln |
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