Geburtshaus für die Region
Schwangeren die Angst vorm Entbinden nehmen
Siebengebirge. Was für ein Glück es bedeuten kann, „nicht über die Brücke zu müssen“, mag zunächst rätselhaft erscheinen. Dass sich dahinter eine ganz existenzielle Notlage befinden kann, erschließt sich rasch, wenn das Thema „Geburten im Siebengebirge“ zur Diskussion steht.
So groß die Freude auf den zu erwartenden Familienzuwachs auch ist, spätestens bei der Frage, wie und vor allem wo die Geburt stattfinden soll, blicken die Schwangeren in der rechtsrheinischen Siebengebirgsregion gewissermaßen ins Leere. Das Krankenhaus Linz hat bereits vor vielen Jahren seine Geburtsstation geschlossen, das Bad Honnefer Cura Krankenhaus vor kurzem. Damit ist die Versorgungslage vor allem für Schwangere aus dem nördlichen Kreis Neuwied und den Berggemeinden des Rhein-Sieg-Kreises deutlich schlechter geworden.
Corinna Starkowski, junge Mutter von einem kleinen Sohn, freut sich auf ihr zweites Kind. „Unser erstes Kind wurde noch in Bad Honnef geboren“, erzählt die Schwangere, die mit ihrer Familie im Königswinterer Bergbereich lebt. „In Bad Honnef habe ich mich gut aufgehoben gefühlt und war total zufrieden“, so Starowski. Zu der ohnehin schon schwierigen Situation für Schwangere und Entbindende durch die Pandemie käme nun die Angst, es durch die weiteren Entfernungen zu den nächsten Entbindungskliniken, „nicht mehr zu schaffen“. Bedeutet: Das Kind womöglich im Auto zu bekommen. Bei ungeplanten Hausgeburten oder Autogeburten könne es zu riskanten Situationen kommen, erklärt Catharina Jäger vom Verein für Geburtshilfe und Familiengesundheit. Allein das Wissen darum verunsichere die angehenden Mütter und schaffe Ängste. Starkowski bestätigt: „Wenn Frauen entbinden, müssen sie über die Brücke, also auf die anderer Rheinseite fahren“. Das schüre Ängste, zumal es auch passieren kann, dass die Kliniken wegen Überlastung der Kreißsäle die Gebärenden nicht aufnehmen könnten und in andere Häuser weiter schicken würden. Die Krankenhäuser in Sieglar, Köln oder in Neuwied kämen noch in Frage als Anlaufstelle, aber da seien die Entfernungen ja noch weiter.
Für die Entbindung ihres zweiten Kindes hat die junge Mutter aus Königswinter sich einmal mehr umfassend informiert und auf die Situation, „jenseits des Flusses“ ihr Kind zu bekommen, innerlich vorbereitet. „Aber es wäre schon gut, wenn man nicht über die Brücke müsste“. Die schwierige Situation hat Hebammen aus der Region zu Tatendrang inspiriert. „Wir wollen ein Geburtshaus gründen“, erklärt Catharina Jäger, Vorsitzende des Mitte 2021 dafür gegründeten Vereins „Geburtshilfe und Familiengesundheit“. Die Städte Königswinter und Bad Honnef haben dem Verein jeweils eine beachtliche Fördersumme dafür überlassen. „Das Geld setzen wir auch ein, um die Geburtshilfe im Bewusstsein zu halten“. So wurde neulich im Bürgerhaus Aegidienberg eine Babymesse veranstaltet, die bestens angenommen wurde. Nun geht es bald in die Zielgerade Geburtshaus. Sechs Hebammen sind als Kernteam in der Unternehmensgründung aktiv. Ein geeignetes Haus soll es bereits in Königswinter-Altstadt geben, aber Genaueres dazu werde erst publik, wenn „alles in trockenen Tüchern“ ist, sagen die Hebammen. Informationen zum geplanten Geburtshaus gibt es auf der Vereinshomepage.
Freie/r Redaktionsmitarbeiter/in:Iris Zumbusch-Czepuck aus Königswinter |
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