Eine bemerkenswerte Aktion
Wohltuende Worte vom Wäscheständer

Pfarrerin Pia Haase-Schlie (l.) und Gemeindereferentin Judith Effeing starteten mit „Guten Worten vom Wäscheständer“ durch. | Foto: Iris Zumbusch
  • Pfarrerin Pia Haase-Schlie (l.) und Gemeindereferentin Judith Effeing starteten mit „Guten Worten vom Wäscheständer“ durch.
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Heisterbacherrott - In Zeiten der Covid-19-Pandemie, die jedem Menschen Abstand von
einander abverlangt, wird der kleine Wochenmarkt mitten in
Heisterbacherrott besonders gerne genutzt. Unter freiem Himmel
einzukaufen, vermittelt ein höheres Sicherheitsgefühl als in
geschlossenen Läden.

Wohlmeinende Zurufe wie „Geht es euch gut?“ oder „Alles noch
gesund?“ haben in diesen Tagen besonderes Gewicht und sind längst
mehr als bloße Höflichkeitsfloskeln. Man sieht sich, viele kennen
sich oder suchen einfach das Gefühl, nicht alleine zu sein und
Mitmenschen sehen zu können.

Zum Staunen vieler Besucher reihte sich neulich ein weiterer
„Stand“ in das geschäftige Treiben ein: Ein haushaltsüblicher
Wäscheständer, an dem gut drei Dutzend bunte Kuverts mit
Wäscheklammern befestigt waren. „Einladung“ stand in großen
roten Buchstaben darauf. Hinter dem Wäscheständer standen die
evangelische Pfarrerin in Heisterbacherrott, Pia Haase-Schlie, und die
katholische Gemeindereferentin der Kirche am Oelberg, Judith Effing.
Sie begrüßten die staunenden Marktbesucher und klärten auf: „Wir
haben für Sie gute Worte gefunden und diese als Gebete und kleine
Texte in die Kuverts gesteckt.“

Pfarrerin Haase-Schlie ermunterte die Besucher, sich einen Kuvert
abzumachen und in Ruhe zu Hause zu öffnen. „Wir haben diese Idee
aus dem evangelischen Magazin ‚Chrismon‘ und beschlossen, das auch
bei uns umzusetzen“, erzählte Effing. Ein kleiner Lichtblick in
schwierigen Tagen, die tagelang tatsächlich voller Sonnenschein daher
kamen und den aufkeimenden Frühling in bunte Farben tauchten. Darauf
nimmt Pfarrerin Haase-Schlie in einem ihrer Texte in den Kuverts
Bezug: „Freunde, dass der Mandelzweig sich in Blüten wiegt, bleibt
uns ein Fingerzeig, wie das Leben siegt“, heißt es darin tröstend.

Haase-Schlie selbst zieht derzeit viel Kraft aus der Natur, denn ihr
Alltag ist prall gefüllt und turbulenter denn je. „Die Telefone
stehen nicht still, ununterbrochen ploppen E-Mails auf oder
Nachrichten auf dem Handy“, schildert sie. Derzeit gelte es, Kirche
digital abzuwickeln und das auf den verschiedensten Ebenen. „Kirche
geht in einem irrsinnigen Tempo digital“, sagte die Pfarrerin.
Presbyterwahlen stünden an, Vakanzen in den Gemeinden müssten
besetzt werden, Mitarbeiter müssten in Arbeit gehalten werden,
Baugespräche wie etwa zum Neubau an der Kirche in Stieldorf müssten
weiter geführt werden. Hinzu käme Schritt zu halten mit den täglich
neu angesagten Verordnungen zum Corona-Thema. Videokonferenzen müssen
geübt werden. „Das ist Neuland für viele.“

Dann das Gemeindeleben an sich. Jeden Abend um 19.30 Uhr läuten
allerorten die Kirchenglocken. Ein kleiner Flyer „Gebete to go“
wurde erstellt, der in Apotheken und Bäckereien im Ort ausliegt.
Darin finden die Gemeindeglieder praktische Hinweise etwa zu
Einkaufshilfen, wichtigen Kontakten und Texte, die Kraft spenden.

„Die Konfirmanden haben ihre Konfirmationsmappen und die zu
gestaltenden Konfirmationskerzen abgeholt und werden von mir per Chat
auf die Konfirmation vorbereitet“, sagte Haase-Schlie. Doch
sicherheitshalber sei die Konfirmation auf den ersten Advent
verschoben worden. Etwas ganz Ergreifendes für die Pfarrerin sind die
Gottesdienste in der menschenleeren Kirche, die sie, ebenso wie die
Pfarrerin in Stieldorf, Ute Krüger, filmen lässt und auf die
Gemeindehomepage stellt. „Als ich vergangenen Sonntag zum ersten Mal
vor der leeren Gemeinde in der Emmauskirche stand, schossen mir die
Tränen in die Augen“, bekannte Haase-Schlie. Während sie in der
Kirche betete und predigte, beierte Musiker Georg Wagner draußen im
Glockenturm stellvertretend für den Gesang der Gemeinde.

Beerdigungen dürften nur noch in ganz engem Kreis, derzeit noch bis
zehn Angehörige, durchgeführt werden. „Das ist für die
betroffenen Familien eine immense Belastung.“ Beerdigungsgespräche
müssen telefonisch geführt werden.

Und doch gebe es immer wieder kleine besondere oder kuriose Ereignisse
zur Freude. Jemand hatte weiße Tischwäsche abzugeben und regte an,
die für Mundschutzmasken zur Verfügung zu stellen. „Es hat sich
wirklich jemand gemeldet und nun werden die Masken genäht“, freute
sich Haase-Schlie. „Bleiben Sie behütet“, rief die Pfarrerin
einem Marktbesucher zu, der sich ein Kuvert vom Wäscheständer holte.
Sie erntete ein Lächeln.Die Andachten zum jeweiligen Sonntag sind als
pdf-Dateien unter dem Menüpunkt „Gottesdienste“ unter www.

evangelische-kirchengemeinde-siebengebirge.de hinterlegt. Pfarrerin
Pia Haase-Schlie ist unter 02244-3875 oder pia.haase-schlie@ekir.de,
Pfarrerin Ute Krüger unter 02244-3875 oder ute.krueger@ekir.de zu
erreichen.

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