Ehemaliger Rittersitz Haus Vorst
Ein Stück Leichlingen hoch über der Wupper
Leichlingen - Es ist, als habe man den Leichlingern ein Stück amputiert. Seit
mehr als drei Jahren ist die Burg über der Wupper für die
Bevölkerung nicht mehr zugänglich. Nachdem die Familie Albanus, in
deren Besitz die Anlage seit 1948 war, diese verkauft hatte, wurden
der öffentliche Zugang durch die neuen Besitzer geschlossen. Zuvor
war das Gelände Teil des gesellschaftlichen Lebens und prägend für
die Stadtgeschichte.
Kein Wunder, dass der Vortrag des Bergischen Geschichtsvereins Abt.
Leverkusen-Niederwupper (BGV) in Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv
Leichlingen im Weyermannssaal im Bürgerhaus gut besucht war. Reinhold
Braun, Klaus Dieter Hartmann und Hans Josef Rupprecht vom BGV hatten
ganze Arbeit geleistet und für die interessierten Gäste eine
umfangreiche Zusammenstellung der wechselvollen Geschichte des
ehemaligen Rittersitzes mitgebracht.
Als Höhepunkt war zudem Marcus Albanus, Sohn der letzten Eigentümer,
und Enkel des Malers Werner Peiner, der die Anlage aus dem
Dornröschenschlaf holte, angereist. Bevor er jedoch aus seinen
durchaus amüsanten und schillernden Erinnerungsschatz erzählte,
rollten die Heimatkundler die jahrhundertealte Historie von Haus
Vorst, unterlegt mit zahlreichen Fotos und Zeichnungen, auf.
Belegt bis ins 11. Jahrhundert, konnten die Zuhörer anhand der
Geschichte des Hauses Vorst, die Reinhold Braun diese anschaulich
präsentierte, auch die Geschichte Leichlingens nachverfolgen. Als
Fischerdorf (Laich = Fischeier und lingen = Schlingen im Fluss) in
fruchtbarer Ebene besiedelt, war es schon im Mittelalter interessant
für das Erzbistum Köln. Es folgten Edelleute und eine zunehmende
Besiedlung des Tales entlang der Wupper. Im 30-jährigen Krieg von
verschiedenen Truppen besetzt, wurde das Haus schwer geplündert,
wieder aufgebaut und schließlich während der französischen
Revolution niedergebrannt. Erneut renoviert entwickelte sich Haus
Vorst ab Mitte des 19. Jahrhunderts zu einem beliebten Ausflugslokal,
wie die Ansichtskarten aus der Sammlung von Klaus Dieter Hartmann
zeigen.
„Es gab eine Fähre über die Wupper und colorierte Ansichtskarten
aus der Jahrhundertwende zeigen Motive des bunten Lebens in der
Sommerwirtschaft von Haus Vorst“, berichtete Hartmann. 1906 war
damit erst einmal Schluss. Mit dem Umbau zu einem Wohn- und
Atelierhaus des Malers Werner Peiner öffnete sich das Areal nach und
nach wieder für die Bevölkerung.
Vor allem Tochter Hildegard und ihr Mann Peter Albanus machten aus dem
ehemaligen Rittersitz einen Ort der Kultur. „Kulturwochen auf Hause
Vorst“, Ende der 1990er Jahre, Künstlermärkte und schließlich
noch Hochzeiten auf der Ritterburg im Jahr 2014 bot das Paar in
Zusammenarbeit mit der Stadt Leichlingen an.
Lebhafte Erinnerungen an seine Kindheit berichtete Marcus Albanus an
diesem Abend. Das Leben mit Filmteams und Mario Adorf im Wohnzimmer,
die Begegnung mit dem einäugigen Herbert Fuchs, dem Hauptdarsteller
des Softpornos „Ritter Orgas muss mal wieder“, und die
Selbstverständlichkeit, dass Gäste ständig ein- und ausgingen.
Dennoch sei er froh, dass Haus Vorst verkauft worden ist, so Marcus
Albanus.
„Es ist zwar schade, dass der neue Besitzer das Gelände nicht
öffnet, aber ich kann es verstehen“, sagte Albanus zum Publikum
gewandt, das nicht genug bekommen konnte von den Anekdoten rund um das
Leichlinger Kleinod.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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