Alte Obstsorten neu entdeckt
Tulpenapfel und Rheinisches Seidenhemdchen kommen wieder
Leichlingen - Malerisch, wenn auch bei trüber kalter Witterung, zeigt sich die
Obstwiese von Wilhelm Schmitz am Ortseingang von Metzholz. Nur wenige
Bäume haben Blüten, die vor wenigen Tagen noch in voller Pracht
standen. Jetzt sind es die ersten Fruchtstände, die sich langsam an
den winzigen Stängeln mit Fruchtfleisch anfüllen. Allerdings stehen
hier keine Bäume, wie sie wenige Meter weiter in den Gärten und auf
den Plantagen der Bergischen Obstregion zu finden sind. Hier wachsen
Obstsorten, die früher heimisch waren, jetzt aber nahezu aus den
Gattungen der klassischen Obstgewächse Äpfel, Kirschen, Pflaumen und
Birnen verschwunden sind.
Ihre Namen lauten Tulpenapfel, Rheinisches Seidenhemdchen, Doppelter
Härtling, Zitronenbirne, Krämersheider Bergamotte oder Rheinische
Braune Leberkirsche. Auf der Wiese von Wilhelm Schmitz haben sie alle
eine neue Heimat gefunden, damit sie nicht ganz von der Speisekarte
fallen, denn das Gelände der Familie Schmitz ist eine der sogenannten
Biologischen Stationen, die vom Landschaftsverband Rheinland (LVR)
genau zu diesem Zwecke bewirtschaftet werden. Damit ist sie eine von
insgesamt 13 im Rheinland, 2008 startete das Projekt. „In den acht
Jahren haben die Biologischen Stationen im gesamten Rheinland nach
lokalen Standorten gesucht. Hunderten von Hinweisen aus der
Bevölkerung und aus Fachkreisen sind wir nachgegangen, zahlreiche
Fruchtproben wurden genommen und durch Pomologen untersucht“, so
Frank Herhaus, Leiter der Biologischen Station.
Eine dieser Pomologinnen ist Barbara Bouillon. Sie hat an dem nun
erschienen Handbuch „Lokale und regionale Obstsorten im Rheinland
– neu entdeckt!“ mitgearbeitet und weiß, wie ernst es um einige
Sorten steht, damit sie nicht von der Bildfläche verschwinden.
„Manchmal gibt es nur noch ein bis zwei Bäume, von denen wir
Kenntnis haben, wie bei der Zitronenbirne“, so Bouillon. „Mit dem
Handbuch versuchen wir Menschen zu erreichen, die darauf aufmerksam
werden und vielleicht melden, wo noch andere Bäume stehen.“
Zusätzlich versuchen die Fachleute des LVR auf den ausgewiesenen
Flächen die Sorten mittels Klonen zu erhalten. Und so wachsen neben
dem alten Apfelbaum, der aus den 1920er Jahren stammen muss, nun neue
alte Sorten. Manche Bäume sind fast noch Setzlinge, andere schon
einige Jahre alt. Verantwortlich dafür ist Olaf Schriever, der mit
einer Art Veredelungsverfahren die damaligen Sorten neu züchtet und
bewahrt. Die Geschichten von 100 alten Sorten, ihre Merkmale und auch
die Historie ihrer oft edel klingenden Namen, kann man in dem Handbuch
nachlesen. „So spannend wie ein Krimi“, ist sich Barbara Bouillon
sicher. Und vielleicht finden sich mehr Menschen, die den fruchtigen
und unverwechselbaren Geschmack der manchmal etwas schrumpelig
daherkommenden Früchte zu schätzen lernen.
Information:
Das Buch ist gegen eine Schutzgebühr von sieben Euro beim
Landschaftsverband Rheinland und bei der Biologischen Station
Rhein-Berg,
www.biostationen-rheinland.lvr.de,
erhältlich.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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