Raus aus der Tabuzone
Beckenbodenzentrum des Klinikums Leverkusen zertifiziert
Leverkusen - Blasenschwäche, Stuhlinkontinenz, Senkungsbeschwerden und eine
Beeinträchtigung der Sexualität – kaum ein Thema birgt so viele
Hemmungen darüber zu sprechen. Bis der Schritt hin zur ärztlichen
Beratung gewagt wird, dauert es oft lange. Dabei ist die Zahl der
Betroffenen hoch.
„Rund 30 bis 35 Prozent aller Frauen werden im Laufe ihres Lebens
von einer Schwächung des Beckenbodens im Alltag beeinträchtigt
sein“, weiß Dr. Gabriele Fries, Oberärztin der Klinik für
Frauenheilkunde im Klinikum. „Gut zehn Prozent denken über eine
Operation nach, so gravierend sind die Folgen des schwachen
Beckenbodens.“ Anlaufstelle für Menschen mit Problemen im Bereich
der Harnblase, der Gebärmutter, des Darm und der Sexualorgane ist
seit gut zehn Jahren das Beckenbodenzentrum des Klinikums.
Gemeinsam arbeitet das Expertenteam aus Gynäkologen, Urologen und
Chirurgen daran, die Lebensbedingungen Betroffener nachhaltig zu
verbessern, die Vorsorge für einen starken Beckenboden zu verbessern
und das Thema in der Bevölkerung zu enttabuisieren. Darüber hinaus
kooperiert das Zentrum eng mit der Neurologie, der Kinderklinik, der
Gastroenterologie, der Kinderklinik, der Radiologie 360° sowie dem
Physio-Centrum MEDILEV. „Ist der erste Schritt getan, können wir
vielen Menschen helfen“, so Prof. Dr. Kubilay Ertan, Leiter des
Zentrums und Chef der Gynäkologie.
Die Gründe für eine Absenkung des Beckenbodens sind dabei
vielfältig. Besonders Frauen tragen ein großes Risiko, zum einen
durch Schwangerschaften, zum anderen durch einen sinkenden und
niedrigen Östrogenspiegel während sowie nach den Wechseljahren.
„Östrogene spielen eine entscheidende Rolle für eine kräftige
Muskulatur im Unterbauch“, so Gabriele Fries.
Doch auch Männer gehören zur Patientengruppe, erklärt Dr. Verena
Prior, Oberärztin der Urologie. „Nach Prostataoperationen ist das
Thema Beckenboden sehr aktuell. Mit einer Operation kann hier oft
geholfen werden. So wird in vielen Fällen ein normales Leben wieder
möglich.“
Was aber macht das Beckenbodenzentrum zusätzlich aus? Hier liefert
ein erfahrenes Team interdisziplinäre Expertise und ermöglicht damit
das Gesamtpaket aller Diagnose- und Therapiemöglichkeiten aus einer
Hand. So profitieren auch die Patienten, die von großen Tumoren im
Beckenbereich betroffen sind. Neben der präzisen Entfernung des
Tumors hat der maximal mögliche Erhalt der Blasen-, Darm- und
Sexualfunktion einen hohen Stellenwert.
Die jetzige Zertifizierung durch die Deutsche Kontinenz-Gesellschaft
ist die Konsequenz aus zehn Jahren Arbeit. Das Klinikum spielt nun
gemeinsam in einer Liga mit aktuell insgesamt 87 zertifizierten
Beckenbodenzentren bundesweit. Um das begehrte Zertifikat zu erhalten,
müssen die Bewerber unter anderem 300 Patienten pro Jahr sowie 90
dokumentierte Operationen zur Therapie der Harn- und Stuhlinkontinenz
bzw. von Beckenbodenfunktions-Störungen vorweisen können. Neben
operativen Verfahren leistet das Beckenbodenzentrum auch aufwändige
Diagnostik wie Blasenfunktionsmessungen, Blasen- und
Enddarmspiegelungen.
Am 18. Juni lädt das Beckenbodenzentrum im Rahmen der
Welt-Kontinenzwoche zu einem Infotag ins Klinikum ein.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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