Gemeinsam Grenzen überwinden
Dr. Alfred Elbert betreut ehrenamtlich Flüchtling

Die Leidenschaft für das Tischtennisspiel teilt Dr. Alfred Elbert mit Seydiou Fofana. | Foto: Britta Meyer
  • Die Leidenschaft für das Tischtennisspiel teilt Dr. Alfred Elbert mit Seydiou Fofana.
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Leverkusen - Rund 5.000 Kilometer Luftlinie liegen zwischen der Hauptstadt der
Elfenbeinküste Abidjan und Leverkusen. Auf dem Land- und Wasserweg
sind es gut 3.000 Kilometer mehr. Für Seydiou Fofana eine Strecke,
für die er mehrere Jahre benötigte.

Als eines von zwei Kindern lebte er in Afrika bei seiner Tante, die
ihn misshandelte, und seinem Onkel, der meist nicht zu Hause war.
Eltern hat er keine mehr. Der Vater verließ die Familie früh, die
Mutter war gestorben. Vor fünf Jahren nahmen ihn Bekannte der Mutter
mit auf die Flucht aus der vom Bürgerkrieg betroffenen Heimat ins
nordafrikanische Marokko, über das Mittelmeer nach Spanien.

Hier angekommen wurden seine Begleiter festgenommen und Seydious Weg
führte ihn alleine weiter nach Deutschland, wo er im September 2016
nach Leverkusen kam. Sein Alter unbekannt, Papiere besaß er nicht,
nur eine Information seiner Tante. So steht heute in den Formularen
das Jahr 2000 für seine Geburt, eine Angabe, an der nicht nur Dr.
Alfred Elbert zweifelt. Der pensionierte Biologe ist seit Juni 2017
ehrenamtlich Bestallter für den jungen Ivorer. Sollte das Geburtsjahr
stimmen, würde seine Tätigkeit im nächsten Jahr auslaufen. „Ein
untragbarer Zustand“, findet Dr. Elbert, „für junge Flüchtlinge
fällt dann das Netz, das sie in Deutschland, solange sie nicht
volljährig sind auffängt, auseinander.“ Und damit auch eine große
Chance, dem jungen Seydiou eine lebenswerte Perspektive in Deutschland
aufzubauen.

„Seydiou hat an der Elfenbeinküste nie eine Schule besucht“, so
Dr. Elbert, „hier ist er nun in der Integrationsklasse an der
Wuppermannschule, lernt Deutsch und erhält so die Basis, irgendwann
für sich selber zu sorgen.“ Auch der strukturierte Alltag in der
Unterkunft „Atrium“, in dem junge Flüchtlinge nur bis zum 18.
Lebensjahr wohnen dürfen, hilft Seydiou, mit den Lebensgewohnheiten
in Deutschland zurecht zu kommen. „Für Seydiou ist es anstrengend
und ungewohnt, sich bei uns zurecht zu finden“, erklärt Dr. Ebert
dann auch die gut 45minütige Verspätung seines Schützlings. „Ich
habe mit ein paar Jungs aus der Schule noch gekickt“, entschuldigt
er sich dabei rasch. Wer kann ihm das verübeln, schließlich ist es
für die Jugendlichen mindestens genauso wichtig Kontakte zu knüpfen,
wie die Sprache zu lernen.

Bei beidem steht Dr. Elbert ihm zur Seite. Ausgebildet zum
ehrenamtlichen Betreuer für minderjährige unbegleitete Flüchtlinge
lernte er den Umgang mit Behörden, erhielt Einblick in den Alltag der
Unterkünfte und weiß, wo er ansetzen muss, wenn Probleme auftauchen.
Wie im Falle Seydiou. Hier hat besonders die Altersfeststellung
Priorität. Mit einem nun aufgetauchten Dokument via Facebook-Kontakt
des Onkels von der Elfenbeinküste ist es gut möglich, dass
nachgewiesen werden kann, dass Seydiou 2003 geboren wurde. Macht drei
Jahre mehr, um in Deutschland eine Perspektive zu schaffen.
„Immerhin möchte ich in die Regelklasse der Wuppermannschule“, so
der junge Ivorer. Damit er dieses Ziel erreicht, dafür hat Dr. Elbert
einen ehrenamtlich tätigen Nachhilfelehrer angesprochen, bei dem
Seydiou nun zweimal die Woche lernt. Außerdem konnte er eine
Jugendtherapeutin in Köln finden, die Seydiou in französischer
Sprache psychologisch begleitet, damit dieser die traumatischen
Erfahrungen der Flucht verarbeiten kann.

Auf die Frage, ob die jungen Flüchtlinge auch alleine in Deutschland
zurechtkämen, weiß Dr. Elbert nur eine Antwort: „Auf keinen Fall!
Selbst ich muss mich durch die Instanzen fragen.“ Daher ist es so
entscheidend, dass die jungen Flüchtlinge nicht zu früh aus der
Obhut ihrer Betreuer entlassen werden. Dass Seydiou irgendwie ein Teil
der Familie Elbert ist, zeigt, dass er nicht nur regelmäßig Gast im
Hause Elbert ist, sondern mit Dr. Alfred Elbert auch die Leidenschaft
für das Tischtennisspiel teilt. Wenn auch sein großes Ziel ist,
Mittelfeldspieler einer Fußballmannschaft zu werden. Ein Team hat er
auch schon gefunden, nun muss jetzt nur noch der Nachweis für das
tatsächliche Geburtsjahr erbracht werden, damit er in der passenden
Altersklasse spielen kann.

 

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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