Historisches Fundstück
„Kleinbahn Schlebusch“ verband Schlebusch und Manfort
Schlebusch - Lediglich Pferdekutschen und -fuhrwerke beförderten Menschen und
Güter am Anfang des 20. Jahrhunderts. Aber durch die „Elektrische
Kleinbahn Schlebusch” der Mülheimer Kleinbahnen erhielt die
Gemeinde Schlebusch nicht nur Schienenzugang zum Bahnhof Manfort,
sondern auch das Ansehen eines Bahnknotenpunktes.
Heute erinnert in der Fußgängerzone Schlebusch bereits eine 1,60
Meter hohe Säule daran, dass die Kleinbahn zwischen 1903 und 1922
existierte. Endhaltestelle war der Binnester Hof, der noch heute an
der Kreuzung Odenthaler und Bergische Landstraße zu finden ist. Jetzt
belegt ein weiteres Objekt auf der Museumswiese des Freudenthaler
Industriemuseums Sensenhammer ihr Dasein: Ein altes Gleisstück.
„Wo kann eine historische Gleisanlage besser untergebracht werden,
als in einem Industriemuseum?“, betonte Gisela Schäperclaus,
Vorsitzende des Fördervereins Freudenthaler Sensenhammer, bei der
Einweihung im Beisein von Oberbürgermeister Uwe Richrath. „Ich
weiß noch, dass ich als Schulkind im Jahr 1933 die Schienen gesehen
habe, die auf der Straße lagen“, schilderte der aus Manfort
stammende Prälat Erich Läufer (89), der sich die Zeremonie nicht
entgehen lassen wollte. Eisenbahnkenner Rolf Dieter Müller ist der
Mann, der dafür sorgte, dass die Teile überhaupt erst ans Tageslicht
kamen. Die Gleisanlage war zuvor verschüttet und konserviert in einem
Bett aus Kies und Sand, Müller barg sie auf dem Gelände des
Recyclingbetriebs von Thomas Steglich am alten Güterbahnhof von
Morsbroich. Bei der Feier erläuterte er detailreich die Historie und
erinnerte unter anderem an den ehemaligen Schlebuscher Bürgermeister
Benedikt Sürder, der die Konzession bei der Mülheimer Kleinbahnen AG
beantragt hatte. Müllers Interesse kommt nicht von ungefähr: Sein
Urgroßvater war einst als Bahninspektor bei dem Unternehmen
beschäftigt.
Die Bahn transportierte Güter und Menschen. Alleine im Geschäftsjahr
1912/1913 waren es etwa 178.000 Fahrgäste. Die Einnahmen aus dem
Personenverkehr betrugen 31.300 Mark, der Güterverkehr brachte es auf
rund 45.500 Mark. Die Sensenfabrik Kuhlman und Söhne nutzte sie
ebenfalls. Aber vor allem die Sprengstoff-Carbonitfabrik in der
Waldsiedlung. Als diese 1922 in die Luft ging, bedeutete es das Aus
für die Schlebuscher Kleinbahn.
Auch deshalb bezeichnete Müller die Überreste zugleich als „Stück
Kultur-, Eisenbahn- und Verkehrsgeschichte“. Seit seinen Recherchen
im Stadtarchiv weiß er, dass es in Schlebusch vier Haltepunkte gab:
am Alten Bürgermeisteramt, an der Dhünnbrücke, vor der katholischen
Kirche und am Binnester Hof (Kreuzung Odenthaler/Bergische
Landstraße). Von dort den Berg hochzufahren war wegen des schwachen
Motors nicht möglich, sagte Müller. Und: Hätte es der Betreiber
damals nicht versäumt, die Kleinbahn an das Schienennetz anzubinden,
könnte man heute noch mit der Bahn von Schlebusch-Mitte bis Köln
fahren. Später übernahmen Autobusse und Lkw den Transport von
Menschen und Waren.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.