Gelebte Demokratie im Kindergarten
Klettergerüst oder Piratenschiff? Kinder stimmen ab
Schlebusch - Ein Leben in einer Demokratie ist für uns Alltag. Genau dieses
Selbstverständnis ist es wohl auch, warum die Wahlbeteiligungen in
der Regel so gering sind. Dies wird sich im Superwahljahr 2017
voraussichtlich auch nicht ändern. Umso höher ist die Initiative der
Erzieherinnen in der evangelischen Kindertagesstätte
Von-Diergardt-Straße anzurechnen. „Bei uns stimmen schon die
Kleinsten mit ab“, versichert Leiterin Heike Braun-Stegemann.
„Heute haben wir über das neue Klettergerüst im Garten
entschieden. Drei Modelle standen zur Auswahl, die meisten Stimme hat
das Gerüst mit dem integrierten Schiff bekommen.“
Und dass alle dabei großen Spaß hatten, zeigte die Wahlparty in der
Turnhalle. Nach dem ersten Wahlgang kam es zu einer Pattsituation. Das
große Piratenschiff war mit insgesamt 15 Stimmen aus dem Rennen, die
beiden anderen Gerüstvarianten teilten sich die verbleibenden 44. Die
Stichwahl sollte nun das Ergebnis bringen. So wurde erneut die
Wahlkabine aufgebaut und die Kinder im Alter zwischen einem und sechs
Jahren mussten erneut ihre Steine in die Wahlurne geben. Blau für das
Gerüst mit dem offenen Unterbau, rosa für die Kombilösung aus
Schiffsrumpf und Kletterturm. Keine leichte Entscheidung.
Auf die Frage, ob die Farben der Steine bei der Wahl nicht auch eine
entscheidende Rolle spielten, versicherte eine der Erzieherinnen, dass
sie die Befürchtungen auch hatten, diese sich aber nicht bestätigt
hätten. „Die Kinder haben sich im Vorfeld ernsthaft mit den
Spielmöglichkeiten der einzelnen Modelle auseinander gesetzt“,
erklärte Heike Braun-Stegemann. „Auch die ganz Kleinen. Sie sind es
schließlich, warum ein neues Klettergerüst angeschafft werden muss.
Das bisherige bietet für die unter drei Jährigen zu wenig
Möglichkeiten.“ Sich einmischen und mit zu entscheiden gehört in
der Kita zum gelebten Alltag. Einmal die Woche tagt daher eine
Kinderkonferenz, wo alle möglichen Dinge besprochen und entschieden
würden.
„Ich bin keine dogmatische Leiterin“, versichert Braun-Stegemann.
„Ich halte es für extrem wichtig, dass Kinder zur
Selbstständigkeit erzogen werden. Nur so lernen sie auch später im
Leben Verantwortung zu übernehmen und aktiv am Geschehen teil
zunehmen.“ Dabei würden die älteren Kinder die jüngeren
keineswegs bei solchen Entscheidungen überrennen, versicherte die
Leiterin, der Wille der Kinder sei nicht zu unterschätzen. „Ich
hatte hier auf dem Rednerstuhl während der Konferenz Zweijährige
stehen, die mit einer solchen Vehemenz ihr Ding vertraten, dass sich
mache Vorschulkinder warm anziehen mussten.“
Nun heißt es abwarten, bis das demokratisch beschlossene
Klettergerüst auch im Kita-Garten steht. Die Finanzierung des 7.000
Euro teuren Schmuckstücks steht, allerdings wird es wohl noch bis in
die Sommerferien dauern, bis es aufgebaut wird.
- Britta Meyer
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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