„Wir müssen alle zusammenstehen"
Michael Endlein traf den Holzvogel
Leverkusen. Mehr als drei Stunden waren vergangen, als sich der Königsvogel beim 303. Schuss nicht länger auf der Stange halten konnte. Michael Endlein, Kommandant und Fahnenträger der Sankt Sebastianus Schützenbruderschaft Wiesdorf, trug den Sieg davon. Und strahlte entsprechend erleichtert. Durch das Schützenjahr wird der Sohn von Vereinspräsident Walter Endlein durch seine Ehefrau Sandra Stevens-Endlein begleitet. Beide sind seit 24 Jahren verheiratet und haben einen 24-jährigen Sohn. Er sei, sagte Endlein, „ein bisschen stolz und glücklich, weil ich zum ersten Mal Schützenkönig bin.“ Der Industriemechaniker bei Covestro und eingefleischte Fan von Bayer 04 Leverkusen der Bruderschaft ist seit 2013 Mitglied der Bruderschaft. „Der Titelgewinn ist ein gutes Zeichen für die Rückkehr zu einem Stück Normalität“, urteilte die neue Schützenkönigin. „Es gibt genug Probleme auf der Welt. Wir wollen die Zeit, die uns bleibt, zusammen mit allen genießen. Es ist wichtig, dass wir trotz der ganzen Misere ein bisschen Spaß haben, auch wenn es nur zwei Stunden am Tag sind.“
Schon am Vortag hatte das Schützenfest seinen Anfang genommen. Zum Auftakt wurden Jungprinz, Tellprinz und Tellkönig am Schießstand vor dem Bürgerhaus ermittelt. Die zehnjährige Schülerin erzielte 92 Ringe mit dem Lichtgewehr auf der Simulationschießanlage und darf ab sofort den Titel Tellprinzessin tragen. Jan Bach (20) konnte seinen Titel als Jungschütze verteidigen. Zuletzt war er vor der Pandemie erfolgreich. Diesmal traf der Auszubildende, der bereits von Geburt an Mitglied des Vereins ist, insgesamt 92 Ringe mit dem Luftgewehr. Hildegard Bach ist neue Tellkönigin. Vor vielen Jahren war die Verwaltungsangestellte schon einmal Mitglied der Bruderschaft. Erst zu Anfang des Jahres hatte sie mit Schatzmeister Klaus Bach - dem Vater von Jan - den Bund der Ehe geschlossen. Beide hatten sich auf einem Schützenfest wieder getroffen, nun traf sie auch den Holzvogel mit dem 180. Schuss. Das Ringen um den Florian-Pokal, den Schützen der Freiwilligen Feuerwehr Wiesdorf erringen wollten, musste aus Zeitgründen nach der 30. Runde abgebrochen werden. Stattdessen entschied das Los über den Sieg. Andrea Szirbek, seit 2019 amtierende Kaiserin der Bruderschaft Bürrig-Küppersteg, stellte sich als Glücksfee zur Verfügung und zog zweimal eine Feuerwehrfrau. Die erste Kandidatin war bereits nach Hause zurückgekehrt. Zum Glück für ihre Nachfolgerin, auf die das anschließende Los fiel.
Bei einem Gespräch am Rande des Schießwettbewerbs gab es zahlreiche Diskussionen zwischen dem Präsidenten und Vertretern von befreundeten Bruderschaften. Zusammen mit dem Bayer-Spielmannszug hatten sie die Gastgeber am selben Vormittag beim Festumzug durch den Stadtteil begleitet. In einem Punkt waren sich alle einig: „Alle Bruderschaften müssen sich gegenseitig unterstützen und an einem Strang ziehen. Und trotz Zwangspause und Ukraine-Krieg dürfen wir unsere Tradition nicht außer Acht lassen.“ Endlein prognostizierte: „Wenn einer der Leverkusener Schützenvereine unter dem Dach des Bezirksverbandes Rhein-Wupper-Leverkusen stirbt, werden die nächsten sehr schnell folgen.“ Alfred Eberhard, stellvertretender Bezirksbundesmeister des Bezirksverbandes Rhein-Wupper-Leverkusen bestätigte: „Wir müssen alle zusammenstehen.“ Zuletzt habe jeder Verein nur an sich gedacht. Das sei künftig nicht mehr möglich, denn die aktiven Helfer würden immer weniger. „Damit alle Gesellschaften noch lange bestehen können, müssen wir uns gegenseitig unterstützen“, konstatierte ein ehemaliger Schützenkönig aus Lützenkirchen. Das gelte im Übrigen nicht nur für Schützen-, sondern gleichermaßen für Gesangs- und Karnevalsvereine. Michael Bremkamp, Kommandant der Sankt Sebastianus Schützenbruderschaft Bürrig-Küppersteg, bemerkte: „Wir hoffen, dass im nächsten Jahr alles wieder normal funktionieren kann.“
Freie/r Redaktionsmitarbeiter/in:Gabi Knops-Feiler aus Leverkusen |
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