Nullzinsen, Brexit und Trump
Neujahrsempfang der Sparkasse lockte über 500 Gäste
Leverkusen - Rainer Schwarz ist niemand, der zu Superlativen neigt. Aber eins
war sicher: So voll, wie zuletzt, war es noch bei keinem
Neujahrsempfang der Sparkasse Leverkusen. „Das sind keine
alternativen Fakten, das stimmt wirklich", betonte der neue
Vorstandsvorsitzende in Anspielung auf die Amtseinführung von Donald
Trump in Amerika.
Sogar auf der oberen Etage mussten etliche der mehr als 500 Gäste –
darunter Vertreter aus Politik und Wirtschaft, aber auch Kunden –
Platz nehmen. Und noch etwas war anders, als in den Vorjahren: Am
Eingang wurde jeder Gast von Rainer Schwarz und Markus Grawe
persönlich begrüßt. Am Ende gab es für den Redner – ein
Vertreter des eigenen Hauses, anstelle von teuer eingekauften
Referenten – Wein, statt eines Schals von Bayer 04 Leverkusen. Die
Zeiten haben sich eben geändert, seit der Verwaltungsrat der
Sparkasse im vorigen Mai die Sparkassenführung an Schwarz und Grawe
übertragen hat.
Seither, schilderte Schwarz in seiner Begrüßungsansprache, wurden
viele Maßnahmen eingeleitet und Entscheidungen getroffen, um die
Sparkasse auf einem soliden und erfolgreichen Kurs zu halten. Trotz
des schwierigen Umfeldes von Banken und Sparkassen und trotz der
anhaltenden Niedrig-, Null- und Negativzinsphase konnte Schwarz also
verkünden: „Es war ein sehr ereignisreiches und ein sehr besonderes
Jahr für die Sparkasse Leverkusen." Unter dem Strich sei es gelungen,
„ein Jahresergebnis auszuweisen, dass nur leicht unter dem Wert des
Vorjahres, aber auf Plan-Niveau liegt", fasste Schwarz die
geschäftliche Entwicklung zusammen und ergänzte: „Dabei setzen
sich die Trends der Vorjahre fort. Das Kredit- und Einlagenwachstum
ist stabil und liegt bei rund zwei Prozent."
Was hat das Jahr 2016 sonst noch geprägt? Welche Auswirkungen hat der
Brexit? Wie sicher ist der Euro? Wann kommt der Zeitpunkt zum
Durchatmen? Fragen über Fragen, auf die der Gastredner Dr. Ulrich
Kater, Chefvolkswirt der DeKa-Bank in Frankfurt, eine Antwort zu geben
versuchte, als er über „Nullzinsen, Brexit & Co. – Ein Blick in
die Zukunft" sprach. Natürlich könne auch er nicht in die Zukunft
sehen, wohl aber erklären, was 2017 vielleicht bringe, nachdem das
Jahr Jahr 2016 von der Politik häufig als „annus horribilis", als
„fürchterliches Jahr", bezeichnet wurde.
„In Europa gärt es", verdeutlichte Kater. Dennoch gebe es eine
Reihe von Leuten, die sagten, es werde schon nicht so schlimm werden.
„Ich glaube, die haben Recht", sagte Kater. „Vielleicht wird‘s
noch schlimmer?" Eine Reihe von Hauptakteuren des Establishments
hätten vermutlich noch nicht so richtig wahrgenommen, welche Kraft an
Veränderungen sich aufgebaut habe. Es sei eine „Art von
konservativer Revolution, die sich hier anbahnt". Damit seien die
Weichen gestellt weg von drei Jahrzehnten Liberalisierung der
Gesellschaft, die einher gingen mit der Liberalisierung der
Wirtschaft.
Kater veranschaulichte: „Was sich in den letzten drei Jahrzehnten in
der Weltwirtschaft entwickelt hat, ist eine noch nie dagewesene
Verflechtung der einzelnen Weltregionen zu einem einzigen Marktplatz."
Die Globalisierung habe der gesamten Weltwirtschaft einen ungeheuren
Schub versetzt. Niemals zuvor habe eine Generation ein derartig
großes Angebot an Gütern und Dienstleistungen zu derart niedrigen
Preisen erlebt, schilderte der Volkswirt. Durch den wirtschaftlichen
Eigennutz – wie etwa „America first" – werde das Preisgefüge
zerstört. Kater nannte ein Beispiel: „Für den Brexit wird schon
bezahlt, obwohl er noch gar nicht da ist." Das sei nicht alles,
sondern hinzu komme ein kultureller Grund: Globalisierung überfordere
uns auch in unseren Fähigkeiten mit der Welt zu kommunizieren. Die
Welt sei zu groß. Wer mit jedem Handel betreiben wolle, bekomme
internationale Einflüsse ins Land gespült. Das führe dazu, dass
Gesetze eines Landes nicht mehr gelten würden.
Trotz allem habe das Jahr 2017 ökonomisch-wirtschaftlich sehr
erfolgreich begonnen. „Die Wirtschaft läuft", konstatierte der
Ökonom. „Wir haben eine seltsame Diskrepanz zwischen ökonomischer
Situation und politischem Damoklesschwert. Die Wirtschaft ist von
Brexit und Trump bisher wenig beeindruckt gewesen." Deshalb rechne er
damit, dass die Preise in den nächsten zwei Jahren vermutlich gleich
bleiben. Und die Zinsen? Wann steigen die wieder an? „2017 nicht",
sagte Kater und fügte hinzu: „Wir alle haben zu viel Geld auf
Girokonten und zu wenig Aktien." Sein Ratschlag: „Eine breite
Aufstellung des Vermögens ist sinnvoll!"
- Gabi Knops-Feile
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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