100 Jahre Städtischer Chor Leverkusen
Sänger und Sängerinnen werden gesucht
Leverkusen - Der Städtische Chor Leverkusen besteht in diesem Jahr seit 100
Jahren. 1921 von Huberth Havenith als Konzertchor Wiesdorf gegründet,
gab der Chor am 16. November 1921 zusammen mit dem Streichorchester
der Bayerwerke im Erholungshaus sein erstes Konzert.
Eigentlich sollte das 100-jährige Jubiläum in diesem Jahr gebührend
gefeiert werden. Ende Mai war im Forum Leverkusen ein festliches
Jubiläumskonzert mit Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy und Karl
Jenkins geplant, begleitet durch eine Chorfeier und die Ausgabe einer
Festschrift. Doch die Corona-Pandemie zwang den Chor, wie schon so oft
in den vergangenen hundert Jahren, schwierige Zeiten zu meistern und
flexibel zu denken. Somit wurden auf halbem Weg die Planungen aufgrund
der unsicheren Situation auf Eis gelegt und das Jubiläumskonzert
schweren Herzens in das kommende Jahr verschoben. Doch aufgeschoben
ist bekanntlich nicht aufgehoben, und so hofft der Chor mit einem ganz
besonderen Jubiläumskonzert im Jahr 2022 stolze 101 Jahre
Chorgeschichte zu feiern.
Wenn auch das Jubiläumsjahr aufgrund der Umstände eher ruhig
verlief, so durfte sich der Chor allerdings über die Verleihung der
Zelter-Plakette freuen. Diese wird an Chöre verliehen, die seit
mindestens 100 Jahren ununterbrochen musikalisch wirken und sich
besondere Verdienste um die Pflege der Chormusik und um die Förderung
des kulturellen Lebens erworben haben. Die Zelter-Plakette wurde im
September im Auftrag des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier
den beiden Chorvorsitzenden Raimund Brunberg und Klaus-Dieter Fritz in
einem Festakt in der Philharmonie Essen überreicht.
Schaut man zurück auf die hundertjährige Chorgeschichte, so hat es
schwierige Zeiten wie diese bereits mehrmals gegeben. Nach der
Chorgründung 1921 waren die Folgejahre durch zunehmende finanzielle
Schwierigkeiten und eine galoppierende Inflation geprägt. Zum zweiten
Konzert, im März 1923, kostete der Eintritt 100 Millionen Mark und an
der Abendkasse musste noch ein zusätzliches Eintrittsgeld erhoben
werden, um wenigstens die Reisekosten der Solisten zu decken. Auch die
folgenden Konzerte brachten ein erhebliches Defizit, das durch
freiwillige Spenden der Chormitglieder gedeckt werden musste. Ab 1933
wurde die Kultur in zunehmendem Maße politisiert. Auch die
Oratoriengesellschaft Wiesdorf, wie der Chor sich inzwischen nannte,
blieb davon nicht verschont und die damals politisch korrekte
Programmgestaltung wurde zunehmend schwieriger. Dennoch schaffte es
Havenith 1937 gegen massive Widerstände die “Matthäuspassion”
Bachs auf sein Konzertprogramm zu setzen. Mit einer Aufführung
desselben Werks im März 1944 musste der Chor seine Tätigkeit
allerdings vorübergehend einstellen, da die Auswirkungen des Krieges
dies nicht mehr zuließen. Unmittelbar nach Kriegsende trommelte
Havenith seine Chorsänger wieder zusammen, nahm unter schwierigsten
Umständen die Proben auf und brachte bereits am 25. November 1945 als
eine der ersten kulturellen Nachkriegsveranstaltungen in Leverkusen
Brahms‘ „Deutsches Requiem”. Bis zu seiner Pensionierung 1952
leitete Hubert Havenith nicht nur den Konzertchor, sondern gründete
auch eine Singschule für Kinder, eine Chorschule und eine
Instrumentalgruppe (Vorläufer der heutigen Musikschule der Stadt
Leverkusen).
Sein Nachfolger ab 1952, Paul Nitsche, pflegte das klassische
Oratorienprogramm wie sein Vorgänger. Neben den großen Konzerten
förderte er jedoch auch die Moderne oder setzte Chormusik der
Gegenwart aufs Programm. Nitsche verstand es, den Chor zu verjüngen
und aus dem etwas schwerfälligen, großen Oratorienchor der
Vergangenheit eine Chorgemeinschaft mit kammermusikalischer
Elastizität zu bilden. Er leitete den Chor bis 1985 und gab ihm sein
heutiges, zeitgemäßes Gepräge.
Nach einem kurzen Intermezzo mit verschiedenen Chorleitern übernahm
1988 schließlich Helmut Breidenstein, ein erfahrener Konzert- und
Operndirigent, die Leitung des Chores. Neben bekannten Klassikern von
Bach, Händel, Mozart oder Verdi kamen nun auch weniger bekannte oder
moderne Chorwerke ins Programm: Rossini, Pfitzner, Boulanger oder
Janácek. Sie wurden teilweise gemeinsam mit befreundeten Chören in
Gemeinschaftskonzerten aufgeführt. Ein Höhepunkt des Chorlebens war
zweifellos eine Konzerttournee in die Normandie mit Rossinis „Petite
Messe Solonnelle“. Bis Anfang der neunziger Jahre wurde das
Konzertprogramm des Städtischen Chores zu wesentlichen Teilen von der
Stadt Leverkusen unterstützt, das ihm die Aufführung zwei großer
Konzerte pro Jahr ermöglichte. Diese schon zur Gewohnheit gewordene
Praxis änderte sich dann jedoch rasch durch massive finanzielle
Engpässe auf städtischer Seite. Es galt nun Werke zu finden, deren
Aufführung mit moderatem finanziellem Aufwand zu stemmen waren und
auch bekannt genug waren, um viele interessierte Zuhörer zu gewinnen.
Doch selbst bei gut besuchten Konzerten bliebt jedes große
Chorkonzert meist ein Zuschussgeschäft. Eine langfristige
Konzertplanung war in diesen Zeiten kaum möglich. Doch dem
unermüdlichen Einsatz von Helmut Breidenstein, hochwertige Musiker
und Solisten zu engagieren, die der Chor eigenständig zu finanzieren
in der Lage war, war es zu verdanken, dass trotz der schwierigen
finanziellen Situation ein- bis zweimal im Jahr ein großes Konzert
kostendeckend stattfinden konnte.
Helmut Breidenstein übergab den Taktstock 2009 an den derzeitigen
Chorleiter Michael Utz, dem Kantor der Abteikirche Brauweiler. Der
neue Chorleiter versuchte von Anfang an, die Kontakte zur Leverkusener
Kulturszene zu intensivieren und Möglichkeiten von Kooperationen
auszuloten, nicht ohne den Hintergedanken, neue Interessenten für den
oratorischen Chorgesang zu gewinnen. So gelang es ihm, eine große
Zahl von Musikern unterschiedlicher Instrumentalensembles der
Musikschule, des Städtischen Chores und weiterer kleinerer Chöre zu
einem großen harmonischen Ganzen zu vereinen, was in einer
fantastischen Aufführung von Orffs Carmina Burana am 29. Mai 2010 im
ausverkauften Forum mündete. Mit viel Fantasie und Kreativität
gelingt es Michael Utz auch in den Folgejahren Konzertprogramme auf
die Beine zu stellen, die neben den allerorten gehörten
Standardwerken auch neue, moderne Werke enthalten, und auch die immer
enger werdenden finanziellen Spielräumen berücksichtigen.
Nun hat aber die Corona-Pandemie viele Kulturschaffende stark
getroffen, so auch den Städtischen Chor Leverkusen. Fast eineinhalb
Jahre lang waren normale Präsenzproben nicht oder nur unter großen
Einschränkungen möglich. Um den Chor weiterhin zusammenzuhalten,
wurden virtuelle Zoom-Proben abgehalten, die dem Chorleiter zwar
einiges an zusätzlichem Aufwand bescherten, aber zumindest das
Erlernen der eigenen Chorstimme ermöglichten. Seit einigen Wochen
haben die Präsenzproben wieder begonnen, allerdings hat die Pandemie
ihre Spuren hinterlassen. Manche Chormitglieder sind abgesprungen,
andere sind noch zögerlich an den Präsenzproben teilzunehmen, und
trotz virtueller Proben besteht Nachholbedarf beim Einstudieren der
Stücke. Dies alles macht eine sinnvolle Planung für ein nächstes
Konzert im Augenblick äußerst schwierig. Insofern wird 2021 als
Jubiläumsjahr des Chores leider ohne eine Konzertaufführung zu Ende
gehen. Dafür sind im kommenden Jahr aber gleich zwei Konzerte
geplant: Am 18. September 2022 wird das große Jubiläumskonzert im
Forum nachgeholt und im Frühjahr soll auch die “Tangomesse” von
Martìn Palmeri aufgeführt werden
Der Chor kann in allen Stimmen, vor allem im Tenor und Bass, neue
Mitglieder gut gebrauchen. Interessierte Sängerinnen und Sänger
können jederzeit einsteigen und zu einer Schnupperprobe vorbeikommen.
Geprobt wird jeden Dienstag von 19.45 bis 22 Uhr in der Musikschule
Leverkusen (Großer Saal) in Wiesdorf. Vorsingen ist nicht
erforderlich, ein wenig Chorerfahrung von Vorteil. Ausführliche
Informationen zum Chor findet man auf: www.staedtischer-chor-lev.de.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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