Der Eklat bleibt aus
Türkischer Minister besucht Konzert im Forum

Wahlwerbung oder Kulturveranstaltung – am Sonntag gingen im Forum die Meinungen über das Konzert zu Ehren des Musikers Özay Gönlümder und den Besuch des umjubelten türkischen Wirtschaftsministers weit auseinander.  | Foto: Britta Meyer
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  • Wahlwerbung oder Kulturveranstaltung – am Sonntag gingen im Forum die Meinungen über das Konzert zu Ehren des Musikers Özay Gönlümder und den Besuch des umjubelten türkischen Wirtschaftsministers weit auseinander. 
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Wiesdorf - Eine Kulturveranstaltung zu Ehren des verstorbenen türkischen
Musikers Özay Gönlümder sollte es sein, die der Verein „Avrupa
Denizlililer Dernergie“ angemeldet und dafür am vergangenen Sonntag
das Forum gebucht hatte. So steht es im Vertrag und letztlich wurde
dieser auch so eingehalten. Zum Eklat wurde die ganze Sache dennoch,
hatte sich der türkische Wirtschaftsminister Nihat Zeybekçi als
Ehrengast ankündigte. Dieser ist derzeit auf Wahlkampftournee für
das Präsidiale System Recep Tayyip Erdogans in Deutschland.
Ein Affront angesichts der Tatsache, dass die türkische Regierung in
einem demokratischen Land um die Stimmen der in Deutschland lebenden
Türken für eine antidemokratische, diktatorische Regierung wirbt.
Wurden ähnliche Veranstaltungen in Frechen und Köln-Porz sowie in
Gaggenau zuvor genau aus diesem Grund abgesagt, entschied
Oberbürgermeister Uwe Richrath, dass die Kulturveranstaltung im Forum
stattfinden darf. Es gäbe keine gesetzliche Handhabe für das Verbot
eines Konzertes, schließlich sei Deutschland ein freies Land. Sobald
die Veranstaltung politisch würde, müsse sie abgesagt und
unterbrochen werden, so Richrath in einem Schreiben an die
Veranstalter.
Um 15 Uhr war das Presseaufgebot vor dem Forum entsprechend groß.
Journalisten aller Nachrichtensender standen sich die Füße platt und
warteten auf markige politische Aussagen. Aber die kamen nicht. Die
meist festlich gekleideten Besucher beteuerten allesamt, dass sie des
Konzertes wegen angereist seien. Die politische Dimension, welche die
Veranstaltung erreicht habe, würde sie selber verwundern. Auch die
Zahl der Protestler, die angesichts der Empörungswelle im Vorfeld
hätte ansehnlich sein müssen, blieb aus. Neben Carmen Dietrich und
Gregor Merten, die ihre „Engel der Kulturen“-Flagge schwangen, mit
der sie sich für Pressefreiheit, insbesondere im aktuellen Fall Deniz
Yücel, einsetzen, war nur eine Hand voll Demonstranten gekommen. Anja
Boenke und Christoph Kühl, die beiden Vorsitzenden der Grünen und
Kritiker der Entscheidung des Stadtchefs, waren die einzigen
politischen Vertreter.
Bürgermeister Bernhard Marewski, der als Vertreter der Stadt ein paar
Worte sprechen sollte, hatte tags zuvor die Teilnahme abgesagt. Der
Grund sei die zeitliche Nähe der Veranstaltung zur bevorstehenden
Abstimmung über eine Verfassungsänderung in der Türkei und der
aktuell stattfindenden Wahlkampftournee türkischer Politiker in
Deutschland. Ein Sprecher der Polizei, die in einem Großaufgebot
angerückt war, berichtete von einer sehr ruhig laufenden
Veranstaltung. Mit rund einer Stunde Verspätung kam der geladene
Wirtschaftsminister an. Die mehrfach angekündigte Pressekonferenz
wurde daraufhin abgesagt. Lediglich Ali Inceören, Vorsitzender des
Vereins „Avrupa Denizlililer Dernergie“ und somit Verantwortlicher
für das Konzert, trat vor die Medienvertreter. Er fühlte sich
umringt von Kameras und Mikrofonen sichtlich überfordert und
fassungslos ob des Presserummels. Schließlich habe er mit seinem
Verein nur ein Konzert veranstalten wollen.
Auch das Verbot für die Presse, an dem Konzert teilzunehmen, wurde
nach und nach gelockert, bis schließlich alle der gesamten
Veranstaltung beiwohnen konnten.
Letztlich hielt sich auch Wirtschaftsminister Nihat Zeybekçig an die
Vereinbarung und sprach sich nicht politisch für die Partei Erdogans
aus. Aber das brauchte er auch gar nicht. Die Menschen, die er
erreichen wollte, hat er alleine durch sein Erscheinen angesprochen.
Einem Popstar gleich betrat er den Saal mit seinem Gefolge durch einen
Seiteneingang, umringt vom türkischen Fernsehen, inmitten dem
Blitzlichtgewitter der Smartphones seiner Anhänger. Anschließend
ging es für ihn weiter nach Köln, wo er dann doch noch politisch
reden durfte.

Wahlwerbung oder Kulturveranstaltung – am Sonntag gingen im Forum die Meinungen über das Konzert zu Ehren des Musikers Özay Gönlümder und den Besuch des umjubelten türkischen Wirtschaftsministers weit auseinander.  | Foto: Britta Meyer
Das Medienaufgebot war immens: Der Veranstalter des Konzertes war von Kameras und Mikrofonen umringt.  | Foto: Britta Meyer
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