Das Deportationslager in Müngersdorf
Baubeginn am Gedenkort

Kurt Schlechtriemen, Sophia Ungers, Anton Bausinger, Wolfgang von Moers (WVM Immobilien), Markus Zimmermann (Superintendent Kirchenkreis Köln-Nord), Hildegard Jahn-Schnelle, Barbara Döbert und Elke Böhme-Barz vom Erzbistum/ Stiftungsabteilung vor dem Memorial am zukünftigen Gedenkort Deportationslager Müngersdorf. | Foto: Alandt
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  • Kurt Schlechtriemen, Sophia Ungers, Anton Bausinger, Wolfgang von Moers (WVM Immobilien), Markus Zimmermann (Superintendent Kirchenkreis Köln-Nord), Hildegard Jahn-Schnelle, Barbara Döbert und Elke Böhme-Barz vom Erzbistum/ Stiftungsabteilung vor dem Memorial am zukünftigen Gedenkort Deportationslager Müngersdorf.
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Müngersdorf - „Das ist ein schöner Zufall, vielleicht sogar Fügung“, so die
Vorsitzende des Bürgervereins Müngersdorf, Hildegard Jahn-Schnelle,
während hinter ihr das Ungers`sche Mahnmal an zwei Kränen in der
Luft schwebte, um in sein Fundament eingelassen zu werden, wenige Tage
vor dem 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz.

Mit der vier Meter hohen und 19 Meter langen Skulptur ist für den
Bürgerverein Müngersdorf und das NS-Dokumentationszentrum ein
wichtiger Meilenstein erreicht: Bisher erinnerte ein Findling an das
Geschehen zwischen 1941 und 1945. Bis zu 5.000 Menschen hausten im
Deportationslager. Von dort wurden 3.500 Juden nach Trostenez, Belzec,
Sobibor, Treblinka und Auschwitz deportiert. Bereits vor 20 Jahren
stellten Schüler von Kurt Schlechtriemen aus der Anna-Freud-Schule in
Frage, ob dieser kleine, bescheidene Findling den Müngersdorfer
Opfern der NS-Gräueltaten tatsächlich gerecht werden kann.
„Angesichts des Ausmaßes all der Ungerechtigkeiten ist der große
Stein nur ein kleines Steinchen“, sagte der Lehrer und Buchautor von
„Opfer des Nationalsozialismus in Köln Müngersdorf“ leise. Mit
seinen Schülern war der winzige Gedenkstein immer Thema. “
Hildegard Jahn-Schnelle hatte die Courage gehabt, die unwürdige Sache
in Angriff zu nehmen und hat nicht losgelassen. Als Unternehmenskind
hat sie etwas unternommen. Sie hat das Ganze bis zum heutigen Tag
umgesetzt, dabei viel Kraft und Nerven investiert“, lobte er.

Denn in Müngersdorf gab es Widerstände, berichtete die Vorsitzende
des Ortsverbands Braunsfeld/ Müngersdorf Marliese Berthmann
verärgert, die sich die Wand viel größer vorgestellt hatte. Sie
möchte ehemalige Schüler einladen hier hin zu gehen und Schulen als
Paten gewinnen. „Solche Besuche sollten ins Schulprofil aufgenommen
werden, um dieses ätzende Feindbild abzulegen“, sagt die ehemalige
Lehrerin, die schon bei jährlichen Besuchen positive Veränderungen
bei antisemitischen Schülern beobachtete. Ebenso Roland Schüler
(stellvertretender Bezirksbürgermeister Lindenthal) verfolgte, wie
das 20 Tonnen schwere Kunstwerk in den Boden gesetzt wurde.

Einerseits steht das Mahnmal als Wandfragment für die Wände des
Forts, in denen die Inhaftierten eingesperrt waren und symbolisiert
andererseits die Eisenbahnschienen, die zu den verschiedenen
Vernichtungslagern führten. Die Öffnungen geben Durchblicke und
stehen für Hoffnung.

Ein besonderer Moment war es zudem für die Schwester des
Müngersdorfer Künstlers, Sophia Ungers, die seinen Nachlass betreut
und die künstlerischen Entwürfe bereit stellte: „Ich finde die
Skulptur passt hier hin und gibt dem Ort Bedeutung und Würde. Wenn es
rostet und mit der Natur in Einklang ist, wächst es als gebührendes
Mahnmal zusammen, das zum Denken und Nachdenken anregt. Eigene
Assoziationen können sich entwickeln, das Wandfragment erlaubt es,
eigene Gedanken zu entwickeln und mitzubringen. Es bekommt so eine
Dynamik, die da raus schießt!“

Bis zur Eröffnungsfeier am 15. März sind die Cortenstahlträger
gerostet, verspricht Dipl. Ingenieur Anton Bausinger des
Bauunternehmens Friedrich Wassermann, der das Projekt rund um die
Bauplanung und Ausführung ehrenamtlich organisierte. Zudem entwarfen
Sophia Ungers und Bernd Grimm einen „Weg des Gedenkens“ aus
Ziegelsteinen. Dieser macht die verschiedenen Lagerbereiche an den
historischen Stätten des Deportationslagers kenntlich und erinnert an
das abgerissene Fort. Der Weg zieht eine rote Linie zwischen dem
Barackenlager und Fort V. Am Anfang, Ende und an der Abbiegung zum
ehemaligen Barackenlager werden jeweils rechteckige Quader mit
eingelegten Edelstahlplatten stehen, die mit Texten und Plänen über
die Müngersdorfer Geschichte informieren. Durch einen QR-Code gelangt
man auf die Website des NS-Dokumentationszentrums mit weiteren
Hintergrundinformationen.

Jahn-Schnelle dankte allen Ehrenamtlichen, insbesondere Kurt
Schlechtriemen, Thomas Müller, Sophia Ungers und Anton Bausinger
sowie den 320 Einzelspendern, Privatpersonen, Einrichtungen und Firmen
sowie Großspendern (Bank-Verlag GmbH, Bethe Stiftung, Evangelischer
Kirchenkreis Köln-Nord, Nachlass Simon Ungers, Rewe-Zentralfinanz
e.G., Sparkasse KölnBonn, Stiftungszentrum Erzbistum Köln, Friedrich
Wassermann GmbH, WvM Immobilien- und Projektentwicklung GmbH) für die
Spendensumme von rund 132.000 Euro sowie dem Zuschuss der Stadt Köln
über 150.000, Zuwendungen der Bezirksvertretung Lindenthal (5.000
Euro) sowie des Landes NRW (70.000 Euro).

- Tanja Alandt

Kurt Schlechtriemen, Sophia Ungers, Anton Bausinger, Wolfgang von Moers (WVM Immobilien), Markus Zimmermann (Superintendent Kirchenkreis Köln-Nord), Hildegard Jahn-Schnelle, Barbara Döbert und Elke Böhme-Barz vom Erzbistum/ Stiftungsabteilung vor dem Memorial am zukünftigen Gedenkort Deportationslager Müngersdorf. | Foto: Alandt
Das Kunstwerk von Simon Ungers ist bereit, für den zukünftigen Gedenkort Deportationslager Müngersdorf eingesetzt zu werden. | Foto: Alandt
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