Leben und Sterben in römischer Zeit
Das Römergrab Weiden als Lern- und Erlebnisort
Weiden - „Bitte haben Sie Respekt vor dem besterhaltenen Innenraum
nördlich der Alpen. Bitte fassen Sie nichts an, was älter ist als
Sie. Setzen Sie sich nirgendwo drauf und kleben Sie kein Kaugummi
irgendwohin“, bat Archäologe Martin Wieland in der römischen
Grabkammer, rund sechs Meter unter der Erde, die ein Ackerer und
Fuhrmann im Jahr 1843 aus Zufall entdeckte.
Ehrfürchtig stehen 15 Personen im Halbkreis um den
Jahreszeiten-Sarkophag aus Carrara-Marmor, der zwischen dem zweiten
bis vierten Jahrhundert nach Christus eine Etage höher in einem
kleinen Grabtempel gestanden haben muss, und begutachten in den
Nischen der Grabkammer die Porträtbüsten der verstorbenen
Gutsbesitzerfamilie, die ihren Reichtum an der Via Belgica zeigte.
Manche staunen still und lassen den magischen Ort auf sich wirken,
andere wiederum stellen viele Fragen.
Das Römergrab in Weiden, der außergewöhnliche Lern- und
Erlebnisort, wurde nun mit kostenlosen Führungen und einem
Bürgerfest eröffnet. Dr. Ansgar Nabbefeld bemerkte bei seinen
Führungen sogar einen ersten Touristen aus Hamburg und lobte die
vielen Besucher, die sich verständnisvoll auf ihren Eintritt in die
Welt der Römer geduldeten. Er erklärte: „Das ist hier das erste
richtig geschützte Bodendenkmal und mit seinem Schutzbau von 1848 als
Denkmalschutz europaweit einzigartig.“
Während Dirk Schmitz im Inneren des Zwirner-Schutzbaus, der keine
Kriegseinwirkungen aufweist, über die Arbeiten des ehemaligen
Dombaumeisters inklusive des Wärterhauses nebenan informiert, steht
Dr. Friederike Orendi mit ihrer Gruppe in den Startlöchern und wartet
auf das „OK“ des Koordinators Dr. Walter Unger. Zweieinhalb Jahre
wartete Prof. Dr. Heinz Günter Horn, Vorsitzender des Fördervereins
Römergrab Weiden e. V., mit seinen Vereinsmitgliedern auf diesen
besonderen Tag: „Nun ist Köln um ein Juwel reicher. Aber auch die
Touristen, so etwas gibt es woanders nicht. Nirgendwo kriegen sie die
Römer so nah. Hier gehen sie rein und sind mittendrin.“ Er legt
großen Wert darauf, dass Lernen und Erlebnis getrennt werden. Vor dem
Abstieg in die Grabkammer sollen sich die Besucher in den Lernräumen
des Wärterhauses durch ein Ereignisrad und Audiostationen, unter
anderem gesprochen von Mariele Millowitsch und Jürgen Becker, über
die Zeit, das Leben und Sterben der Römer informieren. Von hier aus
kann man auch einen Blick auf die Via Belgica schweifen lassen, in die
sich die Aachener Straße durch das moderne Museumsfenster wieder
zurück verwandelt. Dass die einstige Via Belgica vor 1900 Jahren von
Ochsenkarren befahren wurde, visualisiert sich nun mit einem kurzen
Blick. Neben dem Straßenwesen und der Landwirtschaft in römischer
Zeit werden vor allem die antike Grabkunst und Bestattungskultur
thematisiert.
VR-Brillen machen es möglich, die Grabkammer ohne das Treppensteigen
zu erkunden. Auch Tastmodelle erfreuen nicht nur Menschen mit
Handicaps. Zudem veranschaulichen Modelle den Weidener Grabbau, die
Grabkammer und den Grabtempel oder zeigen Funde aus der Baugrube wie
Keramikfragmente, Bruchsteine und Ziegelfragmente der Grabkammer.
Texte, Graphiken, Fotos und Projektionen runden die Lernumgebung ab.
Die Umsetzung und Gestaltung erfolgte durch das Büro Dr. Hermanns
Ausstellung Medien Transfer in Münster.„Alle Kraft wurde hierfür
aufgebracht, vor allem bei den Geldangelegenheiten für den
Startschuss der Ausstellungsmacher“, berichtete Gudrun Schmitz vom
Förderverein.
Der von außen unscheinbare Lern- und Erlebnisort „Römergrab
Weiden“ befindet sich an der Aachener Straße 1328 und hat außer
feiertags wie folgt geöffnet: donnerstags von 10 bis 13 Uhr (Gruppen
und Schulklassen), samstags von 10 bis 13 Uhr sowie sonntags zwischen
14 bis 17 Uhr. Weitere Informationen gibt es unter
www.roemergrab.de
- Tanja Alandt
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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