Sanierung Bahnhof Belvedere
Demo: Die „räudige Platane“ soll endlich weg
Die Sanierung des Bahnhofs Belvedere wird durch den Erhalt eines einzelnen Baumes ausgebremst. Mit einer Kundgebung am Sitz der Bezirksregierung protestierte Lindenthaler für eine Fällgenehmigung am historischen Bahnhof Belvedere.
von Hans-Willi Hermans
Von einer „räudigen Platane“ und einem „Schildbürgerstreich“ sprach die ehemalige Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner und markierte damit eine neue Eskalationsstufe im Streit um den Baum am früheren Bahnhof Belvedere. Auf der Kundgebung vor dem Sitz der Bezirksregierung in der Zeughausstraße erklärte sie, das Gerangel um Fällung oder Nicht-Fällung habe mittlerweile – sämtliche Gutachten und Sitzungsgelder eingerechnet – etwa 200 000 Euro verbrannt: „Das kann man doch keinem Bürger erklären.“
„Der Baum muss weg, der Baum muss weg“, skandierten daraufhin die rund 60 Versammelten. Zehn Jahre währt dieses Hin und Her jetzt schon, mit der Lindenthaler Bezirksvertretung (BV) und zahlreichen Vereinen auf der einen Seite, die stets die Fällung befürworten, und dem Umweltausschuss des Rates sowie der Bezirksregierung auf der anderen – die sind aus Gründen des Umweltschutzes gegen die Fällung.
Konkreter Anlass für die Kundgebung, zu der Mitglieder der BV, der Förderkreis Bahnhof Belvedere, der Bürgerverein Müngersdorf, der Freundes- und Förderkreis zur Vollendung des Grüngürtels-Landschaftspark Belvedere sowie der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz gemeinsam aufgerufen hatten, war der jüngste Akt der kölschen Posse: In der Novembersitzung des Rats wollte Oberbürgermeisterin Henriette Reker endlich klare Verhältnisse schaffen und im Rat die Fällung der Platane, die mittlerweile als „teuerster Baum in NRW“ gilt, beschließen lassen, wurde aber von der weisungsbefugten Bezirksregierung zurückgepfiffen.
Dort hatte man die Belange des Denkmalschutzes gegen die Interessen des Naturschutzes abgewogen. Das älteste erhaltene Bahnhofsgebäude Deutschlands werde zwar durch das Wurzelwachstum der nahe an den Mauern stehenden Platane gefährdet, hieß es, doch das städtische Umweltamt der Stadt habe ja eine Lösung vorgeschlagen. Eine Bodenplatte würde die Wurzeln vom Gebäude fernhalten, eine weitere Schädigung der baulichen Substanz sei dann nur noch „hypothetisch“ möglich, sie wäre dann nicht mehr „hinreichend wahrscheinlich“. Eine wahrscheinliche Schädigung sei aber die Voraussetzung für eine Fällgenehmigung, denn bei der Platane handele es sich um ein Naturdenkmal.
In der Anweisung der Bezirksregierung ist auch nachzulesen, es sei nicht erkennbar, dass das öffentliche Interesse am Erhalt des Bauwerks die Erfordernisse des Naturschutzes überwiege – ein Schlag ins Gesicht für die Mitglieder des Förderkreises Belvedere, der sich seit Jahrzehnten für die Sanierung und Herrichtung des Bahnhofsgebäudes als Ort der Kultur mit umgebendem Park einsetzt, und dabei von politischen Gremien bis hin zum Petitionsausschuss des NRW-Landtags unterstützt wird. „Solange die Platane nahe am Bahnhof steht und das Gebäude durch ihre Wurzeln beschädigen und Besucher durch herabfallende Äste verletzen kann, wird niemand die Sanierung des Bahnhofs finanzieren“, sagte Grünen-Bezirksvertreter Roland Schüler.
Kurzfristige Folgen hatte die Kundgebung allerdings nicht. Wenige Tage später wurde auf der letzten Sitzung des Stadtrats in diesem Jahr die Entscheidung über einen Antrag der BV Lindenthal auf das kommende Jahr verschoben, in dem die BV einstimmig die Verwaltung auffordert, gerichtlich gegen die Weisung der Bezirksregierung vorzugehen. Auf der Sitzung stellte auch die Ratsgruppe Klima Freunde & Gut einen Antrag: Die Platane soll nicht zur Fällung freigegeben werden, die Gründe könne man der Weisung der Bezirksregierung entnehmen. Auch die Entscheidung über diesen Antrag wurde vertagt.
Redakteur/in:EXPRESS - Die Woche - Redaktion aus Köln |
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