Musik weckt Erinnerungen
„Fidele Waldstadtmusikanten“ im Katharina-von-Bora-Haus
Lindenthal - Jeden Montag bittet Musiktherapeut Ansgar Steinwall im
Katharina-von-Bora-Haus die „Fidelen Stadtwaldmusikanten“ zum
instrumentalen und vokalen Einstimmen der vielleicht ältesten
Musikgruppe Kölns.
Seit 2014 kommen in der Einrichtung Musikliebhaber zusammen, um unter
professioneller Anleitung historisches Liedgut zu interpretieren. Vor
allem die Klassiker aus der deutschen Romantik sowie die Evergreens
aus den 1920er- bis 1950er-Jahren haben es den teilweise demenziell
erkrankten Senioren angetan: „Die Vogelhochzeit“, „Lustig ist
das Zigeunerleben“ oder „Horch, was kommt von draußen rein“
wechseln mit Songs wie „Mein kleiner grüner Kaktus“ der Comedian
Harmonists, „Schön war die Zeit“ von Freddy Quinn und der
kölschen Sehnsuchtsballade „Och wat wor dat fröher schön doch en
Colonia“ von Willi Ostermann.
Musikalisches Können werde von den Teilnehmern nicht gefordert,
lediglich die Freude an der Musik und dem Gemeinschaftserlebnis. Bis
zu 16 Personen im Alter von 70 bis 96 Jahren kommen regelmäßig
zusammen. „Man sieht, dass die Leute auch abseits der
Veranstaltungen in Kontakt sind, beispielsweise beim Essen. Dort
sitzen sie oft beieinander. Das ist ein schöner Effekt, der über das
Programm der Treffen hinausgeht“, berichtet Koordinatorin Christa
Dressel.
„Wir machen schlicht Musik zusammen. Ich spreche da nicht von
Therapie. Jeder bringt sich nach seinen Möglichkeiten ein, sei es an
Rasseln, am Schlagzeug oder mit Gesang. Damit das Ganze spannender
wird, improvisieren wir regelmäßig. Ich gebe dabei eine Textzeile
vor und überlasse einem Gruppenmitglied den Folge-Reim, der spontan
erdacht werden kann. Das klappt fast immer und macht Spaß“,
erklärt Ansgar Wallstein.
„Wir sind eigentlich eine ‚Rasselgruppe‘, die sich über die
Möglichkeit freut, hier regelmäßig musizieren zu können. Ich bin
für alle Musikbereiche offen, für die ganz alten, aber auch für die
modernen, da kenne ich keine Grenzen“, amüsiert sich eine der
musikalischen Damen über den Gruppennamen und erntet Zustimmung
hinsichtlich ihrer geschmacklichen Ausrichtung: „Singen macht froh!
Das stimmt einfach. Das empfinde ich jedes Mal, wenn ich hier bin“,
beschreibt die Rentnerin ihre Gefühle.
Den hohen sozialen und emotionalen Stellenwert des Projekts
unterstreicht Koordinatorin Dressler: „Die Leute kennen alle Texte
auswendig. Sie benötigen kein Liederbuch, denn sie sind mit den
Kompositionen aufgewachsen. Durch die Musik erleben die Menschen ein
Zusammengehörigkeitsgefühl und eine Solidarität, die ihre
Lebensqualität erhöht. Sogar Freundschaften entstehen durch die
Treffen. Es gab hier schon viele Momente, die mich berührt haben. Man
sieht, dass die Veranstaltungen eine große Freude entfachen. Wenn die
Leute den Raum verlassen, dann haben sie eine wunderbare Stunde
miteinander verbracht“, so die Mitarbeiterin des Sozialen Dienstes.
Das Projekt wird mit Geldern der Stiftungsstelle Diakonie
Michaelshoven gefördert. Die Zuwendungen finanzieren die Honorarkraft
sowie den Ankauf von Instrumenten.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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