Armut durch Corona
Kölnerin hilft Kindern auf den Philippinen
Lindenthal - Weiße Strände, türkisblaues Wasser, perfekte Wellen – die
kleine philippinische Insel Siargao gilt als Urlaubs- und vor allem
Surferparadies. Viele der 200.000 Inselbewohner leben vom Tourismus.
Der ist durch Corona weggebrochen. Linn Ludemann aus Lindenthal lebt
seit über einem Jahr auf Siargao und hat die Veränderungen dort
hautnah miterlebt.
„Nach dem harten Lockdown im März und April war die Insel wie
leergefegt. Die Touristen waren weg, Ausländer dürfen nicht mehr
einreisen“, berichtete die Zwanzigjährige. Die meisten
Einheimischen arbeiteten in Hotels, Restaurants oder als Surflehrer.
„Jetzt haben sie keine Jobs, verdienen nichts und die Ersparnisse
sind längst aufgebraucht. Viele sind in die Armut gerutscht“,
schilderte Linn. Die Familien hätten nicht mehr genug zu essen, die
Kinder keine Schule, für medizinische Versorgung sei kein Geld da,
beschrieb sie.
„Vom Staat komme keine Hilfe. Es wurden seit März zwei bis drei
Mal ein paar Kilos Reis verteilt, sonst sind die Einheimischen
komplett auf sich alleine gestellt“, sagte die Lindenthalerin, die
2018 Abi machte. Zusammen mit Kefrin, einer Freundin, überlegte sie,
wie sie am besten helfen könnte. „Wir wollten uns vor allem um die
Kinder kümmern, denn die sind in der Krise etwas aus dem Blickfeld
geraten“, berichtete Linn.
Im Oktober starteten die beiden jungen Frauen ihr Projekt „Learn
&Lunch“: Jeden Freitag unterrichten sie zehn bis 16 Kinder für drei
Stunden in Englisch, danach gibt es für die Kids ein gutes Essen. Das
bereiten mal Linn und Kefrin vor, mal Freunde, mal bestellen sie etwas
in einem offenen Restaurant. Mittlerweile haben sich ihnen einige
Freiwillige angeschlossen, so dass sie vier „Learn&Lunch“-Gruppen
anbieten können. „Das ist toll, aber es gibt noch viel mehr Kinder,
die Unterricht und Essen brauchen“, meinte Linn.
Sie und Kefrin verteilen außerdem Schreibmaterial an Kinder und
besuchen sie dafür zu Hause. 180 Pakete mit Notizbüchern und Kulis
haben sie bereits abgeben. Ein weiteres Projekt: Einmal in der Woche
fahren die beiden Kinder in einen „Wake-Park“. Der Freizeitpark -
Wakeboard ist eine Art Wasserski - wird normalerweise nur von
Touristen besucht. Während der Corona-Schließung öffnen die
Betreiber ihre Türen aber kostenlos für einheimische Kinder. „Das
ist für die Kinder großartig. Normalerweise kämen sie nie in einen
solchen Park und wir möchten, dass auch die Kinder, die weiter weg
wohnen, dazu die Chance bekommen“, erzählte Linn.
Seit einiger Zeit organisieren sie und Kefrin ein weiteres Projekt:
Reispatenschaften. „Die Familien hier essen am meisten Reis, in
normalen Zeiten mehrmals am Tag. Dafür haben sie jetzt kein Geld,
deswegen sammeln wir, um Reis zu kaufen. Leute, die helfen wollen,
können eine Reispatenschaft für eine Familie übernehmen. Das
bedeutet für eine Familie sehr viel, gibt ihr Luft zu atmen“,
meinte Linn.
Derzeit unterstützen sie acht Familien, aber der Bedarf sei viel
größer, sagte sie. Die Geldspenden sammeln die Helferinnen über
„justiceF“ - eine gemeinnützige deutsche Stiftung – und
Gofundme“, eine registriere Internetplattform, die nach dem
Crowdfundig-Prinzip funktioniert. Die Hilfe sei nur auf Zeit gedacht,
betonte Linn. Sie will in der ersten Hälfte des nächsten Jahres nach
Deutschland zurückkehren und ihr Studium starten. „Erst aber wollte
ich noch etwas hier bleiben und die Projekte begleiten. Ich bin so
freundlich von den Einheimischen aufgenommen worden, habe so viel
Herzlichkeit und Hilfe von ihnen erfahren, dass ich ihnen jetzt in
dieser schweren Zeit etwas zurückgeben wollte“, erzählte Linn.
INFO:
Weitere Informationen zu den Projekten von Linn und Kefrin und den
Möglichkeiten, diese zu unterstützen, finden sich auf der Website
https://seashinesiargao.wixsite.com/home
- Stephanie Broch
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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