Zwischen Schilf und Wasserlilien
Renaturierung des Frechener Bachs abgeschlossen
Marsdorf - (hwh). Jahrzehntelang fristete der Frechener Bach ein eher tristes
Dasein. Das hatte nicht zuletzt mit der Industrie zu tun, die seit
Ende des 19. Jahrhunderts auch rund um Frechen entstand. Deren
Abwässer wollte man den Kölnern nicht zumuten, deshalb blieb dem
Bach, der es nie bis zum Rhein geschafft hatte, sondern in früheren
Zeiten im Bereich des heutigen Stadtwalds versickert war, ab 1962 die
Passage über Marsdorf hinaus verwehrt: Seit dieser Zeit endete er im
Kölner Randkanal. Damit ist es nun vorbei, vor einigen Wochen wurde
die Renaturierung des Frechener Bachs abgeschlossen, er kann nun
wieder bis an den Militärring fließen - und soll dort auch in
einigen Jahren oder Jahrzehnten ankommen.
Eigentlich ein Grund für eine große Feier, doch in Corona-Zeiten
beschränkte man sich auf ein Treffen mit Rundgang, an dem
Lokalpolitiker, Verwaltungsmitarbeiter und die beauftragten Ingenieure
beteiligt waren. Seit etwa 20 Jahren liefen die Vorbereitungen für
das Großprojekt Renaturierung, dessen Gesamtkosten in Höhe von 1,9
Millionen Euro zu 80 Prozent vom Land Nordrhein-Westfalen getragen
werden. Zwischendurch mussten dicke Bretter gebohrt werden. So galt
es, die Stadt Frechen davon zu überzeugen, ihr Klärwerk mit einer
adäquaten Filteranlage auszurüsten. Denn der Bach wird schon lange
nicht mehr aus den Quellwassern des Vorgebirges gespeist, sondern aus
dem Ablauf des Klärwerks. Zusätzlich kommt Regenwasser hinzu.
Auch wurde die Betonschale westlich von Marsdorf, in das der Bach bis
zum Randkanal gezwängt war, aufgebrochen und dem Bach in diesem Teil
ein natürliches, fünf bis sieben Meter breites Bett zurückgegeben.
In Marsdorf, in Höhe der Horbeller Straße, konnten die Ingenieure
zeigen, was sie drauf haben: Sie richteten ein Schöpfrad mit drei
Metern Durchmesser ein, das exakt sechs Liter pro Sekunde in einen
etwa 2,50 Meter höher gelegenen Kanal befördert, der das Wasser
mittels Beton-Aquädukt über den Randkanal hinweg und dann unter
einen Supermarkt-Parkplatz und die A4-Trasse hindurch weiterleitet.
Bis der Bach südlich des Industrie-Geländes seine ganze Pracht
entfalten kann.
Denn dort wurde ihm bereits vor zwei Jahren ein bis zu zehn Meter
breites „natürliches“ Bett gebaggert, das zum besonderen Clou
innerhalb des Grünzugs West werden könnte. „Wir wollen an den
Ufern etwa Schilf und Wasserlilien anpflanzen, hier werden sich sicher
auch Amphibien wie Frösche ansiedeln“, kündigte Dr. Joachim Bauer,
stellvertretender Leiter des Grünflächenamts, an.
In sein ursprüngliches Bett konnte der Bach allerdings nicht gelegt
werden, denn in seinem Verlauf wurde unweit des Stüttgenhofs eine
rund 8.000 Jahre alte Siedlung der Bandkeramiker-Kultur entdeckt, dort
sind weitere Grabungen geplant. Und wer erleben möchte, wie das
Wasser bis zum Militärring weiterfließt, muss sich möglicherweise
noch Jahrzehnte gedulden: Aufgrund der trockenen Böden und der
Verdunstung schafft es das Wasser derzeit gerade mal bis zum
Stüttgenhof.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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