König der Straßen
Schünemann-Steffen und das „Kölner Strassennamen-Lexikon“
Sülz - (ha) „Donnersbergweg“, „Morgengraben“,
„Bodelschwinghstraße“, „Böcking-Park“, „Große
Witschgasse“, „In der Lößbörde“ oder „Unter Fettenhennen“
stehen allesamt für Fixpunkte in der Dommetropole.
Wo sie zu finden sind, welche Länge sie aufweisen und natürlich,
wofür die mitunter eigenwillig anmutenden Namen stehen oder welche
Biographien sich hinter den Namenspatronen verbergen, erklärt ein
Mann aus Holweide, für den das Dokumentieren von Straßen, Wegen,
Plätzen, Gassen, Parks und Brücken nach eigenen Angaben längst zur
Obsession geworden ist.
Mit der dritten Auflage seines „Kölner Strassennamen-Lexikons“
präsentiert Rüdiger Schünemann-Steffen den Lesern
Basisinformationen zu mehr als 5.500 städtischen Punkten: „Ich bin
für dieses Projekt wahrscheinlich 100.000 Kilometer gelaufen und habe
unzählige Schuhe zerschlissen. Ich kann einfach nicht anders“, sagt
Rüdiger Schünemann-Steffen.
15 Jahre nach der Erstveröffentlichung erschien das 1.176 Seiten und
zwei Bände umfassende Lexikon. Noch vor Ende dieses Jahres soll zudem
eine spezielle Lindenthaler Bezirksausgabe mit über 700 Einträgen
auf rund 200 Seiten erscheinen.
In der Stadtteilbibliothek Sülz widmete der Förderverein
„Lesezeichen e.V.“ dem Autor einen Gesprächsabend, der über das
Schaffen des gelernten Schriftsetzers Auskunft gab.
„Ich weiß gar nicht mehr genau, wie das alles angefangen hat. Ich
schätze, es war eines meiner Kinder, das mich über ein
Straßenschild befragt hat. Da wollte ich natürlich nicht dumm sein
und habe mich mit der Materie beschäftigt. Außerdem war ich mal
Wahlhelfer, und da beschäftigt man sich zwangsläufig mit den
Straßenverzeichnissen“, erklärt der 61-Jährige.
Zunächst im Verlag erschienen, entpuppte sich die Zusammenarbeit für
den Autor als enttäuschend. „Ein Verlag will vor allem Geld
verdienen. Das hat oberste Priorität. Ich entschloss mich daher,
künftig alles in Eigenregie zu übernehmen, inklusive des Vertriebs.
Und ich bin immer wieder überrascht, wie viele Menschen sich für
meine Arbeit interessieren. Die zweite Auflage war sehr schnell
ausverkauft, und auch für die neue Bearbeitung sind nur noch circa
300 Bücher vorrätig“, informiert Schünemann-Steffen. Nach einem
Fernsehauftritt in der „Aktuellen Stunde“ vor drei Jahren stand
das Telefon des Kölners nicht mehr still. „Täglich kamen 70 bis 90
Käufer zu meiner Wohnung, um sich das Buch abzuholen. Diese mediale
Wirkung habe ich unterschätzt und möchte diesen Aufwand niemandem
empfehlen. Aber natürlich habe ich mich über die Resonanz
gefreut“, so Schünemann-Steffen.
Favoriten unter all den Namen habe er keine. „Alle Straßennamen
sind gleich wichtig, denn ohne diese Bezeichnungen findet Sie kein
Freund, kein Postzusteller, keine Feuerwehr, wenn es brennt“,
resümiert der Herausgeber und Verleger. Dennoch bleibe es wichtig,
die Entwicklung und den Bestand im Blick zu halten: „Es gibt immer
mal wieder historische Erkenntnisse, die einen Namen untragbar machen,
etwa in Bezug auf die Nazi-Zeit. Natürlich gab es während der
NS-Diktatur Straßen und Plätze, die nach Adolf Hitler benannt waren.
Aber auch lange Zeit nach dem Weltkriege konnte man beispielsweise
noch einen Carl-Diem-Weg an der Sporthochschule in Müngersdorf
finden. Diem hatte ja nachweislich die Ideologien der
Nationalsozialisten getragen“, erklärt der Autor in Bezug auf den
einstigen Sportfunktionär und Publizisten.
„Diese Arbeit ist eine Lebensaufgabe. Ich werde damit nicht mehr
fertig und muss wohl testamentarisch einen Nachfolger bestimmen. Jedes
Mal, wenn eine Überarbeitung erschienen ist, kommen wieder neue
Straßennamen dazu, denn Köln wächst unaufhörlich“, amüsiert
sich Rüdiger Schünemann-Steffen.
Die aktuelle Auflage des Lexikons sowie die geplante Bezirksausgabe
können via E-Mail an kln-lexikon@gmx.de oder über die Homepage
www.koelner-strassennamen-lexikon.de bestellt werden.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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