Hundert Stunden Berlin und zurück
Marienheider Abi-Jahrgang unterwegs

Die Marienheider Schüler zu Gast im Bundestag. | Foto: Harald Meißner
  • Die Marienheider Schüler zu Gast im Bundestag.
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Marienheide - Der Abi-Jahrgang der Gesamtschule Marienheide erkundete Berlin. Der
Bericht zweier Schüler:

 

Montag, 16.10.2017, sieben Uhr dreißig hieß es „ab in die
Busse”. Nachdem jeder der 73 Schülerinnen und Schüler sowie die
vier begleitenden Lehrkräfte der Gesamtschule Marienheide ihre
Stammplätze für die Woche eingenommen hatten, starteten wir in die
achtstündige Fahrt Richtung Berlin.
Gegen sechzehn Uhr stürmten wir aus dem Bus, um das erste Mal
„Berliner-Luft“ zu schnuppern, schließlich wollten wir viel sehen
in dieser Woche.  Ausgepackt, eingerichtet, mit dem WLAN verbunden
und schon konnte die erste Erkundungstour starten. Die einen gingen
direkt Shoppen im nächstgelegenen Einkaufscenter, die anderen
wiederum wollten den Ausblick auf der Dachterrasse des  Hotel
„Aletto“ – gleich neben der S-Bahn-Station „Bahnhof Zoo“ und
unweit der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche - genießen. Von dort
konnte man die Wahrzeichen Berlins gut betrachten und die Dimensionen
dieser Stadt in Augenschein nehmen.
Gegen Abend wurde die nächstgelegene Partymöglichkeit gesucht, auch
wenn zwanzig Minuten S-Bahn fahren und ein zwei Kilometer langer
Marsch zu „Clärchens Ballhaus“  nahe der Hackeschen Höfe nicht
das war, was sich die meisten vorgestellt hatten… Da es manchen
nicht gefiel, löste sich die Gruppe an diesem Punkt und viele
wählten die angesagten Clubs der Stadt, wie das „Matrix“ oder den
Club „Maxim“ (zwei Kilometer Fußweg und Bahnfahrten später).
Gegen dreiundzwanzig Uhr hatten wir unerfahrenen Berliner endlich
unsere Ziele erreicht, ob Club, Tanzbar oder Irish Pub, ich denke,
jeder hat einmal am Bierglas nippen können.
Um die Spree-Metropole endlich ein wenig besser kennenlernen zu
können, unternahmen wir am nächsten Tag eine Stadtrundfahrt quer
durch Berlin. Drei Stunden und ein wenig Schlaf später konnten wir
uns am Potsdamer Platz näher umgucken.
Dabei war die erste Anlaufstelle die „Mall of Berlin“ mit einem
Dutzend Läden und einer gigantischen Fressmeile.
Nachdem sich alle gestärkt und gut erholt wieder am Bus eingefunden
hatten, fuhren wir zur Gedenkstätte Hohenschönhausen, ein ehemaliges
Stasi-Gefängnis aus DDR-Zeiten. Mit gemischtem Gefühl, in der
Erwartung sich stundenlange Vorträge anhören zu dürfen, gingen wir
dort hin.  Wie bei jeder guten Führung, schauten wir die ersten
zwanzig Minuten einen Dokumentarfilm, der jedes Detail dieser Zeit
einmal anschnitt – von 1949 bis zum Fall der Mauer 1989.
Nach dem Film teilten wir uns selbst in Gruppen ein und folgten
unseren Leitern, die uns die Geschehnisse etwas näher bringen
wollten. Es waren ehemalige Gefangene des Gefängnisses, die ihre
persönlichen Geschichten zu diesem Ort erzählen konnten. Während
die meisten Gruppen eine interessante Führung bekamen, erlebte eine
Gruppe nicht nur eine interessante Führung, sondern sie bekam ein
Schicksal zu hören, bei dem keiner eine Träne zurückhalten konnte.
Ihr Lebenszeuge war Karl-Heinz Richter, eine Person, die siebzehn
Menschen erfolgreich bei der Flucht aus der Diktatur verholfen hatte.
Er selbst litt Höllenqualen, denn man hatte ihn festgenommen und
unmenschlich in seiner Zelle verharren lassen. Er kämpfte jedoch bis
zum Schluss, was ihm vielleicht sein Leben gerettet hat, doch das
seiner Frau und Tochter konnte er nur bedingt schützen. Beide sind
psychisch und physisch für ihr ganzes Leben erkrankt. Er selbst
sagte: „Man hat mir jeden Menschen, den ich liebte, weggenommen.“
Nach dieser nervenaufreibenden Führung mussten alle erst einmal Luft
holen, bevor es entweder wieder zum Feiern ging oder  sich ein Teil
der Stufe das Theaterstück „Caligula“ im Bertolt-Brecht-Theater
„Am Schiffbauerdamm“ anschaute. Ein sehr interessantes und zum
Nachdenken anregendes Stück wurde uns geboten. Es handelt vom
römischen Kaiser Caligula, der den Mond besitzen wollte, 
größenwahnsinnig wurde und nach immer mehr Macht strebte. Am Ende
jedoch stirbt er im Kampf.
Für viele war es eine kurze Nacht, was man an den leblosen Gesichtern
erkennen konnte.
Wie die Toten Hosen in ihrem Lied „Wannsee“ schon singen
(„Wannsee ich dich endlich wieder“), besuchten wir zum einen die
Liebermann Villa und zum anderen das Haus der Wannseekonferenz, welche
beide unmittelbar am Wannsee liegen. Im Haus der Wannseekonferenz
entschieden führende Vertreter der nationalsozialistischen
Schreckensherrschaft am 20.01.1942 – also während des Zweiten
Weltkriegs - über die „endgültige Klärung der Judenfrage“. Von
hier aus führte der Völkermord an den Juden bis in die Gaskammern
von Auschwitz.
In der nur wenige Hundert Meter weiter gelegenen Liebermann-Villa
haben wir etwas über Max Liebermann erfahren, einen
deutsch-Jüdischen Maler und bedeutenden Vertreter des
Impressionismus.
Nach einem sehr informativen Vormittag hatten wir entweder freie Zeit
zur Verfügung oder konnten uns das Gruselkabinett „Berlin
Dungeon“ anschauen – Gänsehaut und Schreckmomente garantiert.
Am Abend trafen wir uns mit der gesamten Stufe am „Stage BLUEMAXX
Theater“, wo wir uns gemeinsam die Blue Man Group anschauten
(Comedy/Rhythmus und Mitmach Show). Bei uns hatten vier Personen aus
der Stufe das Glück oder Pech auf sog. „Interaktiven Plätzen“ zu
sitzen. Während zwei Mädels absichtlich zu spät auf ihren Plätzen
erscheinen sollten und dabei auf Großleinwand projiziert,
angeleuchtet und mit einer prägnanten Stimme auf ihr „Zu-spät-
Kommen“ aufmerksam gemacht wurden, musste ein weiterer Schüler mit
einem Akteur aus der Blue Man Group einen Schalter umlegen, der die
gesamte Show „ausschaltete“. Nach erneutem Umlegen aßen die
beiden auf einmal gemütlich eine Schale Müsli am Platz.
Damit die Lehrer ebenfalls nicht zu kurz kamen, musste Frau
Schleifenbaum auf die Bühne und bei einem „gemütlichen“ Dinner
neben den drei Darstellern sitzen. Trotz Feuerlöscher-Attacken und
einer Bananendusche blieb sie jedoch weitgehend verschont. Nach Ende
der Show schossen wir noch diverse Gruppenfotos mit einem der
Darsteller, bevor jeder wieder seinen Weg ging (ob feiern oder
schlafen).
Da jeder Tag ein Highlight hatte, durfte auch ein Besuch des
Bundestags nichts fehlen. Vorher machten wir aber ein Fotoshooting mit
der Stufe vor dem Brandenburger Tor. Da unsere Ausstrahlung gegenüber
einem Kamerateam von „ServusTV“ sehr positiv war, wurden wir ein
paar Sekunden vor die Linse genommen.
Ein Teil der Stufe war nun auf dem Weg zum Bundestag, ein anderer Teil
entschied sich dazu, das Konzentrationslager in Sachsenhausen zu
besichtigen. An den Sicherheitskontrollen vor dem Bundestag vorbei,
ging es auch direkt in den großen Debattensaal unseres Landes.
Nach einem Informationsvortrag über Wesen und Aufgaben des Bundestags
trafen wir uns mit einer Vertreterin der SPD (eigentlich Frau
Engelmeier - Sie war jedoch verhindert). Es folgte eine lebendige
Diskussion mit kontroversen Positionen – besonders nach der
Bundestagswahl im September -,  bevor wir gemeinsam auf die Kuppel
des Reichstagsgebäudes marschierten  und von dort über die Dächer
Berlins blickten.
Den letzten Nachmittag hatten wir zur freien Verfügung und jeder
verbrachte diese Zeit nach Belieben.
Noch ein letztes Mal Bus fahren. Acht Stunden später kamen wir wieder
im grauen und vernieselten Marienheide an und jeder fragte sich, wo
das vielfältige, riesige und bunte Berlin geblieben ist.

AUF EIN NÄCHSTES MAL UND HUNDERT WEITERE STUNDEN BERLIN!

Leon Rettke & Niklas Graf

Redakteur/in:

RAG - Redaktion

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