Familie T. aus Syrien
15 Monate im Kirchenasyl gelebt
Mechernich-Strempt/Vogelsang - (pp). Nach 15monatigem Kirchenasyl konnte Familie T. aus Syrien
jetzt das katholische Pfarrheim in Strempt verlassen. Dort waren die
Familie Ende März 2018 vom kirchlichen Flüchtlingsbeauftragten
Andreas Funke und dem Mechernicher Pfarrer und damaligen Eifeldekan
Erik Pühringer untergebracht worden.
Der alleinerziehenden Mutter Damaris (alle Namen geändert) und ihren
Töchtern Olaya (12), Saida (11) und Rana (8) drohte damals die
Abschiebung nach Kroatien, weil sie über dieses EU-Land eingereist
waren. Doch dort war die jüngste Tochter in einem Lager missbraucht
worden - dorthin wollten sie keinesfalls zurück.„Mittlerweile
herrscht nun eine andere Rechtssituation“, so Gerda Schilles, die
Koordinatorin des Kirchengemeindeverbandes St. Barbara Mechernich. Die
Familie bekomme jetzt ein ordentliches Asylverfahren und Bleiberecht
in Deutschland, solange in Syrien Bürgerkrieg und unsichere
Verhältnisse herrschen.Zwischenzeitlich hatte das Bundesamt für
Migration und Flüchtlinge Familie T. allerdings als
„untergetaucht“ klassifiziert und gesucht, obwohl man ganz
offiziell mitgeteilt hatte, dass sich die 45-jährige Damaris und ihre
drei Töchter im Kirchenasyl befinden.
Ehrenamtliche der Pfarrgemeine St. Johannes Baptist und andere
engagierte Leute aus dem Stadtgebiet Mechernich kümmerten sich
während der 15 Monate rührend um die Familie. Eine davon ist Agnes
Peters, eine der Pfarrsekretärinnen: „Wir waren insgesamt zu zehn
Helfern. Wir haben eingekauft und alles erledigt. Drei Lehrerinnen
haben in Wechselschicht Privatunterricht gegeben und den Mädchen
Deutsch beigebracht.“
Helmut Vogelsberg und seine Mannschaft vom Pfarrcaritas-Möbellager in
Vussem kümmerten sich um die laufende Ausstattung der
Pfarrhaus-Räum-
lichkeiten für Damaris und ihre Töchter. Ärzte aller Disziplinen
und ein Röntgeninstitut ließen sich finden, um unentgeltlich
medizinische Hilfe zu leisten. Der türkische Laden in der
Turmhofstraße habe immer Lebensmittel oder was Leckeres für die
Mädchen umsonst mit eingepackt, so Agnes Peters.
„Es war einfach klasse, auf wieviel christliche Nächstenliebe wir
gestoßen sind“, so Gerda Schilles. Auch wenn Familie T. aus Syrien
selbst und beispielsweise die türkischen Ladenbesitzer dem Islam
angehörten: „Über Konfessionen und Religionen wurde wenig
gesprochen.“ Mitunter waren Damaris, Olaya, Saida und Rana auch im
katholischen Samstagsabend-Gottesdienst in St. Rochus Strempt zu
sehen...Pfarrer Erik Pühringer ist zum einen dankbar für die
Bereitschaft des Kirchenvorstandes, Kirchenasyl zu gewähren: „Die
Gelegenheit war günstig, weil die Wohnung, die eigentlich vermietet
werden sollte, noch leer stand.“ Andererseits war er glücklich,
dass sich ausreichend Freiwillige bereitfanden, die Familie nicht
allein zu lassen und nach Kräften zu unterstützen. Neben Agnes
Peters und Gerda Schilles waren das hauptsächlich Beate Nowotny, Edda
Wilhelm und Steffi Schaefer-Gröb, aber auch eine Handvoll weiterer
enga-
gierter Menschen war im Einsatz.Der Pfarrer: „Ich freue mich
unheimlich über alle Hilfe, die uns und Familie T. zugekommen ist -
auch von außerhalb der Pfarrgemeinde, oft von Seiten, aus denen wir
es gar nicht erwartet hatten.“
Mutter und Töchter wurden nun erst einmal ins vom Roten Kreuz
geführte Übergangslager Vogelsang gebracht. Gerda Schilles: „Von
dort werden sie dann als geduldete Flüchtlinge mit Bleiberecht in
eine ganz normale Mietwohnung irgendwo in Deutschland ziehen.“
Damit sei auch die Zeit der Isolation und Kontaktarmut vorbei, so
Agnes Peters: „Die Mädchen durften das Kirchengelände in Strempt
ja nicht verlassen. Ein Glück, dass wir ein bisschen Garten mit Wiese
und einen gepflasterten Vorplatz zum Spielen haben.“
Als „normale Menschen“ und Mieter werden Damaris‘ Töchter nun
bald zur Schule gehen und hoffentlich regen Kontakt zu anderen Kindern
haben können, so Gerda Schilles: „Es wird alles besser jetzt.“
Erik Pühringer: „Ich kann wirklich sagen, ich freue mich riesig,
dass Damaris, Olaya, Saida und Rana T. nach einem Jahr und drei
Monaten wieder frei sind. Das wäre nicht nötig gewesen, sie so lange
im Asyl zu lassen!“
Es bleibe der bittere Nachgeschmack, dass die alleinerziehende Mutter
und ihre drei Töchter im Endeffekt ein Jahr länger im Kirchenasyl
unter Hausarrest standen, als das bei mehr Entgegenkommen der
Behörden nötig gewesen wäre. Pfarrer Pühringer: „Wir werden das
rechtlich prüfen lassen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das
einwandfrei war.“
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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