Infoabend
Ablauf des „Blei-Screenings“ erläutert
Mechernich/Kreis Euskirchen - (bp). Der Kreis Euskirchen hatte zu einer Bürgerversammlung in die
Aula des Mechernicher Gymnasiums am Turmhof (GAT) eingeladen, um über
die so genannte „Screening-Untersuchung Blei“ zu informieren.
Freiwilligen Probanden soll am Dienstag, 25. Juni, und am Donnerstag,
4. Juli, Blut abgenommen werden. Nach Angaben der Stadt Mechernich
waren rund einhundert Bürger der Einladung gefolgt und verfolgten
interessiert die Erläuterungen der Verantwortlichen. Geleitet wurde
die Veranstaltung von Manfred Poth, dem Allgemeinen Vertreter des
Landrats.
Die Blutuntersuchungen des Kreisgesundheitsamtes sollen unter
wissenschaftlicher Beratung und Leitung des Aachener Instituts für
Arbeits-, Sozial und Umweltmedizin an der Uniklinik der RWTH Aachen,
Professor Dr. Thomas Kraus, vorgenommen werden. Der Experte für
Umweltmedizin erläuterte bei der Infoveranstaltung die
Gesundheitsrisiken durch Blei im Allgemeinen, die von Schwindel bis
hin zu Koliken und Krämpfen reichen können, und genauso, welche
Grenzwerte in Bezug auf Blei gelten und wie Ergebnisse bewertet werden
können. Der „Bleispiegel“ im Blut sei der Parameter der Wahl, um
eine wissenschaftlich fundierte Risikobewertung vorzunehmen, so Kraus
weiter. Als Messlatte werden bei der Untersuchung in Mechernich die
neuesten Referenzwerte herangezogen.
„Die Untersuchung ist freiwillig“, betonte Christian Ramolla,
stellvertretender Leiter des Kreisgesundheitsamtes: „Damit alles
seine Ordnung hat und die Teilnehmer nicht zu lange warten müssen,
wird gebeten, vorab einen festen Termin zu vereinbaren.“
Anmelden kann man sich über die Internetseite der Stadt Mechernich
(www.mechernich.de), unter dem
Stichwort Terminvereinbarung, in Kürze auch mit dem Klick auf den
Button „Blut-Screening“. Wer lieber mit direktem Kontakt einen
Termin buchen möchte, kann das unter Tel. 02443-494400 oder
persönlich beim Ordnungsamt im Rathaus, Zimmer 11/12. Erste
Anmeldungen sind schon eingegangen, berichtete Ordnungsamts-Chef
Hans-Peter Kern. Die eigentliche Blutabnahme erfolgt dann am
ausgewählten Termin im Ratssaal.
Jedoch kommen nicht alle Mechernicher Bürger infrage, wie Ramolla
erklärte. Der Wohnort sei entscheidend. Mit der RWTH Aachen habe man
drei Regionen ausgewiesen, die einen vergleichsweise höheren
Bleigehalt im Boden aufweisen. Ob ein Bürger in einer zur
Untersuchung freigegebenen Region wohnt, kann unter
www.kreis-euskirchen.de
oder unter dem QR-Code eingesehen werden.
Bei der Region 1 sind Erwachsene und Kinder ab drei Jahren gefragt.
Allerdings nur, wenn sie mindestens drei Jahre dort wohnen. In den
Regionen 2 und 3 sucht man allerdings einen begrenzten Personenkreis.
Dazu gehören zum Beispiel Kleinkinder, insbesondere solche mit
ausgeprägtem „Pica-Verhalten“, die zum „Begreifen“ alles in
den Mund nehmen, aber auch Schwangere und Personen mit ärztlich
diagnostizierter Mangelernährung, zum Beispiel Eisen-, Calcium-,
Zink- oder Phosphatmangel. Bei diesen Zielgruppen würde sich nach
Überzeugung der Wissenschaftler eine Bleibelastung besonders deutlich
zeigen.
Der Kreis habe sich nach Absprache mit dem durchführenden Institut
bewusst für das enger gefasste „Worst-Case-Kollektiv“
entschieden, so Ramolla. Grundsätzlich nehme man so speziell Bürger
in die engere Wahl, die ein stark erhöhtes Risiko der Bleiaufnahme
haben. Wenn das Schwermetall überhaupt nachweisbar sei, dann
besonders bei diesem Personenkreis.
Man hofft, dass sich mindestens einhundert Menschen am Screening
beteiligten. Den Probanden werden die individuellen Ergebnisse
schriftlich mitgeteilt. Der Mediziner betonte: „Alle
Einzelergebnisse unterliegen selbstverständlich der ärztlichen
Schweigepflicht.“ Die gesammelten Ergebnisse werden dann in einer
weiteren Bürgerveranstaltung vorgestellt.
Die Termine der Blutabnahme, am 25. Juni und 4. Juli, seien bewusst in
einen Zeitraum gelegt worden, wo man davon ausgehen könne, dass
bereits Früchte oder Gemüse aus dem eigenen Garten verzehrt worden
sind und die Menschen im Vorfeld der Tests schon länger draußen ihre
Freizeit verbracht haben. Blei könne weniger über die Haut, sondern
eher über Nahrungsmittel und damit den Magen-Darm-Trakt oder die
Lunge und Staubpartikel in der Luft aufgenommen werden.
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick verwies bei seiner Begrüßung
zur Infoveranstaltung auf die Historie der Stadt, die nicht ohne Grund
„Stadt am Bleiberg“ mit Zweitnamen heiße. Dass Blei im Boden
vorhanden sei, sei weder neu, noch überraschend.
In den 80er Jahren „wurden unter wissenschaftlicher Begleitung
flächendeckend Bodenproben entnommen und ein Belastungskataster
angelegt“. Aufgrund der Untersuchungsergebnisse habe das zuständige
Ministerium Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Bodenaushub und zur
gartenbaulichen Nutzung erlassen, die bis heute gelten.
Während der Versammlung wurden viele Fragen gestellt, ebenso
„Pro“ und „Contra“ ausgetauscht. Kritiker der Untersuchung
sprachen in dem Zusammenhang von der „Verabreichung einer riesigen
Beruhigungspille“ und forderten, belastete Böden auszutauschen.
Andere wiederum sehen in dem Blutscreening ein „sehr transparentes
Verfahren“, dessen Ergebnisse nun erstmal abgewartet werden sollten.
Christian Ramolla betonte, dass es keinen Anhaltspunkt oder gar einen
aktuellen Bleifall gebe, der die Durchführung eines solchen
Screenings amtlich nach sich gezogen hätte. Der Kreis habe die
Untersuchung absolut freiwillig initiiert, um zur aktuellen
Bleidiskussion Fakten beizusteuern.
Redakteur/in:RAG - Redaktion |
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