Putenmastanlage in Antweiler
Besuch aus Bonn

Barbara Hendricks diskutierte mit Vertretern der Verwaltung, der Bürgerinitiative und des BUND über Intensivtierhaltung. Am Treffen nahmen (v.l.) Erster Beigeordneter Thomas Hambach, Bürgermeister Schick, Dennis Müller, Barbara Hendricks, Guido Maassen, Ralf Bilke und Thomas Klein teil.   | Foto: RH/ProfiPress
  • Barbara Hendricks diskutierte mit Vertretern der Verwaltung, der Bürgerinitiative und des BUND über Intensivtierhaltung. Am Treffen nahmen (v.l.) Erster Beigeordneter Thomas Hambach, Bürgermeister Schick, Dennis Müller, Barbara Hendricks, Guido Maassen, Ralf Bilke und Thomas Klein teil.  
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MECHERNICH - (pp). Auf ihrer Sommerreise machte Bundesumweltministerin Barbara
Hendricks Station im Mechernicher Rathaus. Dort sprach sie mit
Bürgermeister Dr. Hans-Peter Schick, Vertretern der Bürgerinitiative
„Putenfabrik - nein danke" und des Bundes für Umwelt und
Naturschutz (BUND) über die geplante Putenmastanlage in Antweiler und
über das Thema Intensivtierhaltung im Allgemeinen. Begleitet wurde
sie von einem ganzen Tross Journalisten.

„Es gibt eine Fehlentwicklung in der konventionellen Landwirtschaft
und in der konventionellen Tierhaltung. Die konventionelle
Landwirtschaft muss sich wieder ihrer Verantwortung bewusst werden und
sich neu besinnen", sagte Barbara Hendricks. Dabei sprach sie auch den
Export von Billigfleisch an. „Normalerweise exportiert Deutschland
Qualität und nicht Masse. In der Landwirtschaft ist es genau
umgekehrt. Massenware wird exportiert und Qualitätsfleisch
importiert. Das entspricht nicht der deutschen Produktionsweise",
kritisierte Hendricks.

In Putenmastanlagen, wie sie auch ein Wachendorfer Landwirt auf einem
Acker zwischen den beiden Dörfern Antweiler und Wachendorf bauen
will, wird Billigfleisch produziert. Welchen Preis Verbraucher
tatsächlich dafür bezahlen, wenn sie Fleisch zu Dumpingpreisen
kaufen, darauf machte im vergangenen Jahr der BUND aufmerksam. Er
ließ Putenfleischproben auf multiresistente Keime untersuchen. Das
Ergebnis war erschreckend: Auf knapp 74 Prozent der Proben fand das
Labor MRSA-Keime, auf rund 53 Prozent ESBL-bildende Bakterien. Beide
können gefährlich werden, weil gegen sie fast alle Antibiotika
wirkungslos sind. „In neun von zehn Geflügelmastbetrieben werden
Antibiotika eingesetzt", sagte Ralf Bilke, der Agrarreferent des
BUND-Landesverbandes, der ebenfalls am Treffen mit der Ministerin
teilnahm.

Der Ministerin und den mitreisenden Journalisten aus
Nordrhein-Westfalen berichtete Bürgermeister Dr. Schick, wie Rat und
Verwaltung versuchen, den Standort des Bauvorhabens planerisch zu
steuern, um eine Ansiedlung in Dorfnähe zu vermeiden: Der
Bebauungsplan wurde so aufgestellt, dass die Anlage mindestens 500
Meter Abstand zur Wohnbebauung haben muss. Der bislang vorgesehene
Standort ist nur 320 Meter von der Wohnbebauung entfernt. Der Landwirt
hat Klage eingereicht, seit März 2015 befasst sich das
Oberverwaltungsgericht Münster mit dem Mechernicher Plan. Der könnte
bundesweit Bedeutung erlangen. „Erkennen die Richter den
Bebauungsplan an, dann haben wir einen bundesweiten Präzedenzfall
geschaffen", so Schick.

Barbara Hendricks, die nicht nur Bundesumwelt-, sondern auch
Bundesbauministerin ist, berichtete von ihren Plänen, über
Möglichkeiten des Baurechts die Intensivtierhaltung einzuschränken.
Eine dementsprechende Initiative sein in Planung, auch liege bereits
ein Gesetzentwurf dazu vor. „Wir wollen den Kommunen Mitspracherecht
einräumen", kündigte sie an.

Bürgermeister Dr. Schick sah weder in der geplanten Flächenbindung
für Tiermäster, nach der nur so viele Tiere gehalten werden dürfen,
dass mindestens die Hälfte des Futters selbst produziert werden kann,
noch in einer Änderung des Bundesbaugesetzes „ein allein
seligmachendes Mittel". „Mit einer Flächenbindung wäre der Betrieb
in Antweiler nicht zu verhindern. Die Kernfrage ist doch: Welche
Betriebsgrößen - vor allem in der Tierhaltung - will man in Zukunft
noch zulassen? Diese Diskussion muss auch im Bauernverband geführt
werden", forderte er. Es müsse ein gesellschaftlicher Konsens
geschaffen werden. Gleichwohl müsse sich dann aber auch der
Verbraucher darüber im Klaren sein, dass eine klein- und
mittelständische Landwirtschaft teurer sei, so Schick, der bei den
Protesten auch „viel Heuchelei" vermutete.

In Mechernich war die Bundesumweltministerin auf einen kompetenten
Gesprächspartner getroffen und machte keinen Hehl daraus, dass
Bürgermeister Schick ihr durchaus imponierte. „Ihre Dreifaltigkeit
als Bürgermeister, CDU-Politiker und Agraringenieur ist Ihnen beim
Thema natürlich von Nutzen", sagte sie schmunzelnd.

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